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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen
Autoren: Sascha Pranschke
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Stunde, nachdem mich seine Kollegin am Tatort gesehen hat, erstochen worden.«
    »Paula, du musst das für mich nicht wiederholen. Ich halte dich bestimmt nicht für eine Messerstecherin.«
    Sie löst sich aus seiner Umarmung und steht auf. Langsam wird es ihr zu viel. Und dabei hat sie geglaubt, es endlich überstanden zu haben. Dass ihre Erklärungen Anselm gegenüber noch einmal so anstrengend sein würden, hat sie nicht erwartet. Es ist die schwierigste Rolle ihres Lebens. Aber sie muss sie weiter proben, um darin sicher zu werden. So sicher, dass nicht nur ihr bester Freund ihr diese Rolle abnimmt. Wer weiß, wie oft sie die Geschichte noch erzählen muss? Und ob die Kommissarin irgendwann aufgibt? Dass ihr Vorgesetzter den Fall zu den Akten gelegt hat, scheint sie ja zusätzlich anzustacheln.
    »Gehen wir noch ein Stück?«, fragt sie.
    Anselm steht von der Bank auf und greift nach ihrer Hand. Er ist noch nicht fertig, das spürt sie.
    »Und wie passt Julias Tod da hinein?«, fragt er, nachdem sie eine Weile schweigend dem Weg am Ufer gefolgt sind.
    Sie zuckt mit den Schultern. »Vielleicht hat Julia etwas mit Vicos Drogengeschäften zu tun gehabt. Es fällt mir selbst schwer, das zu glauben. Aber irgendwie kann ich mir ihren Tod nicht anders erklären. Ich glaube, dass Julia und Vico von denselben Leuten umgebracht wurden.«
    Anselm scheint darüber nachzudenken. Endlich sagt er: »Wahrscheinlich hast du recht.«
    Paula gibt sich nicht der Illusion hin, ihre Erklärungsversuche hätten Anselm vollkommen zufriedengestellt. Aber er scheint zu merken, dass er bei ihr nicht weiterkommt, denn jetzt unternimmt er einen vorsichtigen Versuch, das Thema zu wechseln.
    »Dieter Bomke war auch bei der Beerdigung«, sagt er.
    »Er hat Julia sehr gern gehabt«, sagt Paula. Tränen steigen ihr in die Augen. Dieses Mal sind sie echt.
    »Und wie geht das jetzt mit dir und Bomke weiter?«, fragt Anselm. »Er hat dir doch eine Rolle in seiner Serie angeboten.«
    »Was meinst du? Soll ich das Angebot annehmen?«
    »Das kannst du nur allein entscheiden.«
    »Vincent hat gesagt, er würde es tun. Damit hat er mich überrascht. Als Filmkritiker mir zu einer Rolle in dieser Seifenoper zu raten.«
    »Offenbar war er ein pragmatischer Mensch«, meint Anselm.
    Darauf erwidert Paula nichts. »Eigentlich würde ich ja lieber wieder Filme drehen«, sagt sie.
    »Warst du nicht neulich bei einem Casting?«
    »Ja, und zuerst haben sie mir abgesagt. Linda Pasek sollte die Rolle bekommen.«
    Anselm bleibt stehen und sieht sie an. »Warum zuerst ? Und was heißt, Linda Pasek sollte die Rolle bekommen? Hat sich daran etwas geändert?«
    »Auf einmal gefällt ihr das Drehbuch nicht mehr. Am Freitagabend hat mich meine Agentin angerufen. Ich kann die Rolle haben.«
    Anselm strahlt und umarmt sie. »Und das sagst du erst jetzt? Wie lange wartest du schon auf eine neue Chance?« Er drückt ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich freu mich so für dich.«
    Paula befreit sich aus seiner Umarmung. »Ich hab mir erst mal das Drehbuch besorgt«, sagt sie. »Damit hab ich das Wochenende verbracht.«
    »Ja, und?« Anselm starrt sie aus weit geöffneten Augen an. Seine Geduld ist am Ende. »Spielst du die Rolle?«
    Paula schüttelt den Kopf. »Linda hat recht«, sagt sie und lächelt. »Es ist ein schreckliches Drehbuch.«

VIERUNDZWANZIG
    Es ist nicht das erste Türschloss, das Paula aufbricht. Seit den Dreharbeiten zu »Letzte Zweifel« beherrscht sie die Technik. Damals hatte Vico einen Experten engagiert, der sie darin unterrichtete, einen Entfesslungskünstler namens Mosche Gurfinkel. Früher hatte Gurfinkel beim Zirkus gearbeitet und angeblich jedes Schloss sogar im Dunkeln oder unter Wasser geknackt. Von ihm weiß Paula auch, dass die meisten Einbrüche am hellen Tag passieren. »Wenn tagsüber jemand einen Fernseher aus einem Haus trägt und dabei noch die Nachbarn freundlich grüßt«, sagte Gurfinkel, »dann wird fast jeder annehmen, dass das schon seine Richtigkeit hat. Vielleicht zieht ja jemand aus, oder das Gerät muss zur Reparatur.« Hingegen mache man sich nachts sofort verdächtig, sobald man etwas ins Auto lade oder eine Tür nicht auf Anhieb geöffnet bekomme.
    Also hat Paula nicht bis zum Abend gewartet, um in Vincents Wohnung einzubrechen. Und tatsächlich funktionieren die Handgriffe, die sie von Gurfinkel gelernt hat, auch nach über zehn Jahren noch. Es dauert keine zwei Minuten, bis sie die Wohnungstür mit einer ihrer Haarnadeln
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