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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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Übelkeit verschwand.
    Besser.
    Eine Leiche außerhalb des Kühlraums. Irgendjemand musste hier arbeiten.
    Dr. Fereira?
    Ich griff nach meinem Handy. Es war nicht in meiner Tasche.
    Verdammt!
    Hatte ich es fallen lassen? Hatte ich es im Hotel vergessen? Wann hatte ich das Hotel verlassen?
    Ich schaute auf die Uhr. Ich konnte die Zeiger nicht erkennen.
    Das alles brachte nichts. Ich musste hier raus. Ich war nicht in dem Zustand, ihnen zu helfen.
    Wem helfen?
    Wo raus?
    Wo bin ich?
    In diesem Augenblick eine Bewegung hinter mir. Ich spürte sie mehr als ich sie hörte. Kein Geräusch, eher eine Luftverwirbelung.
    Ich drehte mich um.
    Ein Feuerwerk blitzte in meinem Hirn auf. Feuer schoss mir aus der Leiste in die Kehle.
    Jemand stand in der Tür.
    »Dr. Fereira?«
    Sagte ich das oder bildete ich es mir nur ein?
    Die Gestalt hatte etwas in den Händen.
    »Señor Díaz?«
    Keine Antwort.
    »Dr. Zuckerman?«
    Die Gestalt blieb wie erstarrt stehen.
    Ich spürte, wie meine Hände von der Bahre glitten. Meine Wange traf die metallene Kante. Die Luft wurde mir aus der Lunge gepresst. Der Boden raste auf mein Gesicht zu.
    Schwärze.

29
    In meinem ganzen Leben war mir noch nicht so kalt gewesen.
    Ich lag auf Eis auf dem Grund eines tiefen, dunklen Teichs.
    Ich bewegte die Finger, um wieder Gefühl in sie zu bekommen, und versuchte, die Oberfläche zu ertasten.
    Zu viel Widerstand. Zu tief unten.
    Ich atmete ein.
    Tote Fische. Algen. Dinge aus der Tiefe.
    Ich breitete die Arme aus wie ein Kind, das einen Engel in den Schnee zeichnen will.
    Kontakt.
    Ich fuhr den Umriss mit den Händen ab.
    Ein senkrechter Rand mit gerundetem Abschluss.
    Ich erkundete den Rand. Kein Eis. Metall, das mich umgab wie ein Sarg.
    Erkenntnis dämmerte.
    Ich atmete tief durch.
    Der Gestank von Tod und Desinfektionsmittel. Aber das Verhältnis war umgedreht. Der Geruch faulenden Fleisches hatte die Oberhand.
    Gekühlten Fleisches.
    Mein Herz verkrampfte sich.
    O Gott!
    Ich lag in einer Wannenbahre im Kühlraum des Leichenhauses.
    Mit den Toten!
    O mein Gott!
    Wie lange war ich bewusstlos gewesen? Wer hatte mich auf die Bahre gelegt?
    War diese Person noch hier?
    Ich öffnete die Augen und hob den Kopf.
    Glassplitter rasten durch mein Hirn. Meine Eingeweide zogen sich zusammen.
    Ich horchte.
    Stille.
    Ich stützte mich auf die Ellbogen und zwinkerte.
    Tintige Schwärze.
    Ich setzte mich auf, wartete. Zittern, aber keine Übelkeit.
    Meine Füße waren taub. Mit den Händen zog ich sie an mich und fing an, sie zu massieren. Langsam kehrte das Gefühl zurück.
    Ich horchte auf Geräusche außerhalb des Kühlraums.
    Stille.
    Ich schwang die Beine über den Rand und stieß mich von der Bahre ab.
    Meine Knie gaben nach, und ich stürzte hart auf den Boden. Schmerz schoss mir durchs linke Handgelenk.
    Verdammt!
    Meine rechte Hand berührte ein Gummirad.
    Ich kroch auf allen vieren und zog mich dann hoch.
    Noch eine Bahre.
    Ich war nicht allein.
    Ein Sack lag darauf. Ein Sack mit Inhalt.
    Ich schrak vor der Leiche zurück. Mein Mund war trocken. Mein Herz hämmerte.
    Ich drehte mich um und taumelte in die Richtung, in der ich die Tür vermutete.
    Mein Gott, gibt es auf der Innenseite überhaupt einen Griff? Haben diese Dinger innen einen Griff? Hoffentlich gibt es innen einen Griff!
    Ich hatte schon tausendmal Kühlraumtüren in Leichenhallen geöffnet, aber darauf hatte ich nie geachtet!
    Zitternd tastete ich mich in der Dunkelheit vorwärts.
    Bitte.
    Kaltes, hartes Metall. Glatt. Ich bewegte mich daran entlang.
    Ein Griff! Bitte!
    Ich spürte, wie ich sekündlich schwächer wurde. Ich schmeckte Galle, kämpfte gegen den Brechreiz an.
    Jahre, Jahrzehnte, Jahrtausende später fiel meine Hand darauf.
    Ich drückte auf die Klinke, stemmte mich gegen die Tür. Sie öffnete sich mit leisem Zischen. Ich spähte hinaus.
    Auf dem Lichtkasten rauchgraue Organe und milchige Knochen, ein in der Dunkelheit leuchtendes Porträt eines menschlichen Wesens.
    Autopsieraum drei, schwach beleuchtet.
    Lag auf der Bahre hinter mir derjenige, der erst vor kurzem in diesem Raum untersucht worden war? Waren wir beide von derselben Person auf Eis gelegt worden?
    Ich ließ die Tür einen Spalt offen, taumelte zur Bahre und zog den Reißverschluss ein Stück auf. Ein Lichtkeil fiel auf teigig weiße Zehen.
    Ich drehte das Etikett am Zeh, versuchte, den Namen zu lesen. Das Licht war schwach, die Schrift nicht sehr groß.
    RAM –
    Die Buchstaben verschwammen wie Kiesel am Grund eines
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