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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte
Autoren: PeP eBooks
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unter die Haut, bis tief in meinen Kopf hinein. Geistergeflüster.

    Ich weiß, dass Howie die Stimmen längst klar und deutlich hört.
    Pike taucht aus der Finsternis auf, Howie hinter sich herschleifend. Ash verschwindet hinter der Biegung, ich folge ihr.
    Sie geht mit dem Rücken dicht an die linke Wand gepresst, bewegt sich so, als würde sie an einer Felskante balancieren und dabei in einen tausend Meter tiefen Abgrund starren.
    Aber in Wirklichkeit starrt sie auf zwei schwarze Schatten, der eine mittig, der andere an der rechten Wand platziert.
    Die Zwillinge. Klebebandverpappte, wirr verdrahtete Todesbündel.
    Der Boden ist aus schwarzem Eis und glattem Fels. Ich starre auf Ashs Pfad. Sie bewegt sich wie auf einem unsichtbaren Hochseil.
    Es dauert nur ein paar Sekunden. Aber hier unten in der Dunkelheit ziehen sich Sekunden wie Stunden in die Länge. Ich schwitze.
    Endlich ist sie durch.
    »Los, Mann«, drängelt Pike hinter mir. »Mach schon.«
    Mein linker Fuß rutscht auf einem glitschigen Flecken aus. Ich presse meine Wirbelsäule gegen die Felsmauer und schiebe meinen rechten Fuß zum linken rüber.
    Eine salzige Schweißträne trübt mir die Sicht. Ich blinzle sie weg und sie rinnt an meiner Nase entlang und bleibt schließlich an meiner Nasenspitze hängen.
    Mein Herz setzt einen Schlag aus. Unter mir liegt genug TNT, um mich in eine Million Bestandteile zu zersetzen. Wie viel Druck ist nötig, um das Zeug hochgehen zu lassen?

    Ich versuche, den Schweißtropfen hochzuschniefen, aber meine Nase zuckt, und der Tropfen löst sich und fällt.
    Die Welt bewegt sich schlagartig in Zeitlupe. Ich weiß genau, wo der Tropfen landen wird.
    Genau auf dem Zünder. Volltreffer.
    Ich sehe zu, wie der Tropfen über die metallische Oberfläche des Zünders sickert. Und... nichts.
    Weitergehen. Ich zwinge meine Füße voran.
    Mein Blick ist immer noch starr auf meine Schuhspitzen gerichtet, da packt mich Ash am Arm und zieht mich in Sicherheit.
    Ich schaue zu Pike hin, der Howie an den Sprengkörpern vorbeizieht. Beide sind in null Komma nichts in der Höhle.
    »Ihr nehmt die rechte Seite«, sagt Pike. »Wir die linke. Und schön unten bleiben.«
    Ash schleift mich hinter sich her.
    Pike geht hinter dem Knochenberg, der im Nebel verborgen liegt, in Position.
    Er legt Howie hinter sich auf den Boden und grapscht sich eine Handvoll Schrotpatronen aus der Tasche. Ash folgt seinem Beispiel. Die Army-Bälger gehen in den Kampfmodus über. Ash und ich sind weiter vom Eingang entfernt als die beiden Brüder. Über Ashs Schulter hinweg kann ich die abgeworfene alte Hülle der Bestie sehen. Ich starre eine Sekunde darauf, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich nicht mehr drinsteckt. Aber die Hülle lehnt nur reglos wie ein Wasserspeier an der Wand und starrt uns aus leeren Augenhöhlen an.
    Als ich wieder zu Pike hinsehe, bleibt mir fast das Herz stehen.
Howie hat sich von ihm entfernt und taumelt auf die Tunnelöffnung zu.
    »Howie!« Pike lässt die Schrotflinte fallen und hechtet hinter seinem Bruder her. Aber Howie ist schon fast am Tunnel und Pikes Schrei hallt von den Wänden wider. Im Laufen streckt er die Arme nach Howie aus. Aber es ist zu spät.
    Howie macht den ersten Schritt in den Tunnel hinein.
    Und dann bricht die Welt auseinander.
    Donnerhall zerreißt die Luft, Flammen bersten uns aus dem Tunnel entgegen, eine Wand aus überhitzter Luft schleudert mich wie eine riesige Faust nach hinten.
    Die Erde erzittert, die Luft ist zu heiß und rauchig, um atmen zu können. Ich muss husten. Und dann würgen. Ich kann nichts sehen. Alles ist voller Nebel und Rauch.
    Steine poltern durch den blauen Lichtschein von der Decke herab und krachen lautlos auf den Boden. Die Welt ist taub geworden.
    Ich zwinge die Tränen aus meinen Augen.
    Dann spüre ich einen Druck im Inneren meines Schädels, der sekündlich stärker wird. Mit einem schmerzhaften Knall erwachen meine Trommelfelle wieder zum Leben.
    Stöhnend kauere ich mich zusammen.
    Ein Entsetzensschrei prallt an den Felswänden ab und die Echos schmerzen in meinen Ohren. Ich klatsche mir die Hände auf die Ohrmuscheln und sehe mich nach der Quelle des Schreis um.
    Durch die Nebelschwaden erhasche ich einen Blick auf eine Gestalt, die in der Höhle am Boden liegt. Stöhnend rollt sie sich auf den Rücken.

    Howie! Er lebt!
    Blut schießt ihm aus der Nase und er erbebt in einem Hustenanfall. Aber er atmet noch.
    Wieder lässt ein Schrei das Gestein unter meinen Knien
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