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Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition)
Autoren: Kathy Reichs
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hätte mir erlauben müssen, mich von ihm zu verabschieden.
    Ein Stückchen weiter oben an der Straße sprach Ryan mit Bédard. Schon wieder.
    Bis jetzt hatte der Corporal berichtet, dass die Nachbarnbefragung nur eine Person ergeben hatte, die Alma Rogers je gesehen hatte. Die betagte Witwe Robertina Hurteau wohnte im Gebäude gegenüber und beobachtete durch ihre Wohnzimmerjalousie sehr genau, was auf der Straße vor sich ging.
    Die alte Frau beschrieb die Nachbarin von gegenüber als ordinaire. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie Rogers das letzte Mal ihre Wohnung betreten oder verlassen gesehen hatte. Gelegentlich hatte sie sie mit einem Mann gesehen, aber nie mit einem Baby. Der Mann war barbu.
    Was war mit einem Hund?, fragte ich mich. Oder war es eine Katze? Hat irgendjemand danach gefragt? Das verschwundene Haustier ließ mir keine Ruhe. Wo war es? Hatte Roberts/
Rogers es mitgenommen? Hatte sie es ausgesetzt oder getötet, wie sie ihren eigenen Nachwuchs getötet hatte?
    Drei tote Babys, und ich machte mir Gedanken über ein verschwundenes Haustier. Das muss man sich mal vorstellen.
    Du bist irgendwo da draußen, dachte ich. Amy Roberts/Alma Rogers. Unbemerkt unterwegs. In einem Auto? In einem Bus oder Zug? Allein? Mit dem Vater ihrer armen, toten Kinder? Mit einem davon? Wie viele Väter gab es überhaupt?
    Ich hoffte, dass Ryan neue Informationen mitbringen würde.
    Demers und Gioretti packten ihre Ausrüstung zusammen. Während ich untätig zuschaute, fuhr hinter ihrem Transporter ein grüner Kia an den Bordstein. Die Fahrertür ging auf, und ein Mann wuchtete sich heraus. Er trug Jeans und ein Unterhemd, das viel zu viel Fleisch preisgab. Das Haar war glatt, das Gesicht gerötet und fleckig über einem ungepflegten Bart.
    Den Arm auf die Fahrertür gestützt, schaute der Mann sich die Fahrzeuge am Straßenrand an. Dann drehte er sich um und setzte sich wieder hinters Steuer.
    Mein erschöpftes Hirn spuckte eine Übersetzung aus.
    Barbu.
    Bärtig.
    Ich wollte eben Ryan rufen.
    Doch der sprintete schon den Bürgersteig hoch.

3
    Ryan erreichte den Kia, als der Fahrer eben die Tür zuknallte. Er griff durchs offene Fenster und riss den Schlüssel aus der Zündung.
    Aus ein paar Metern Entfernung hörte ich: »Was soll der Scheiß?«
    Bédard kam dazu, als Ryan dem Kerl eben seine Marke zeigte.
    »Was soll der Scheiß?«
    Der Fahrer sprach Englisch. Mit einem sehr beschränkten Wortschatz.
    »Bewegung!« Ryan riss am Türgriff.
    »Was soll –«
    »Jetzt!«
    Füße in Sandalen schwangen heraus, gefolgt von einem belugawalgroßen Körper.
    Während Bédard seine Glock zog, drehte Ryan Beluga um, drückte ihn gegen den Kia, trat seine Beine auseinander und durchsuchte ihn.
    »Hey! Wollen Sie mir nicht erst ein paar Drinks spendieren?«
    Ryan lachte nicht über Belugas Witz.
    Aus der Gesäßtasche des Mannes zog Ryan eine Segeltuch-brieftasche. Nachdem er sich versichert hatte, dass der Mann unbewaffnet war, trat er einen Schritt zurück und durchsuchte die Brieftasche. Bédard stand breitbeinig da, die Waffe mit beiden Händen auf Beluga gerichtet.
    »Umdrehen und die Hände oben halten.«
    Beluga gehorchte sofort.
    »Ralph Trees?« Ryan schaute von einer Plastikkarte hoch, von der ich annahm, dass sie der Führerschein des Mannes war.
    Mürrisch schweigend stand Beluga da, die Hände immer noch über dem Kopf. Haare krochen von seinen Achselhöhlen seitlich an seinem Brustkorb entlang.
    »Sind Sie Ralph Trees?«
    Beluga antwortete immer noch nichts.
    Ryan griff hinter sich und zog Handschellen vom Gürtel.
    »Was soll der Scheiß?« Beluga spreizte seine fleischigen Finger. »Okay. Okay. Aber es heißt Rocky, nicht Ralph.«
    »Was wollen Sie hier?«
    »Was wollen Sie hier?«
    »Sie sind ja wirklich ein witziges Kerlchen, Rocky.«
    »Wie wär’s, wenn Sie Dirty Harry da drüben sagen, er soll seine Knarre runternehmen?«
    Ryan nickte Bédard zu. Der Corporal ließ die Waffe sinken, steckte sie aber nicht in den Halfter.
    Ryan wandte sich wieder an Trees und wedelte mit dem Führerschein. Trees murmelte etwas, das ich nicht verstand.
    Ich ging auf das Trio zu. Sie achteten nicht auf mich.
    Aus der Nähe konnte ich sehen, dass Trees’ Augen von winzigen, roten Äderchen durchzogen waren. Ich schätzte seine Größe auf eins neunzig, sein Gewicht auf ungefähr einhundertsechzig Kilo. Zwischen seiner Unterlippe und dem oberen Rand seines Kinnbarts hatte er ein umgedrehtes Lächeln tätowiert, das nur aus
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