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Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition)
Autoren: Kathy Reichs
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Limousinen ebenfalls. Eine hatte das CTV -Logo auf der Fahrerseite. Auf der anderen stand Le Courrier de Saint-Hyacinthe.
    Die Medien hatten Blut gewittert.
    Als ich mich wieder umdrehte, wackelte das Brett unter meinem Hintern leicht. Ich senkte den Kopf und entdeckte parallel zur Fensterwand einen Spalt.
    Diente der Mittelteil der Bank als Stauraum? Ich stand auf und kauerte mich hin, um unter der Sitzfläche nachzuschauen.
    Die Sitzfläche ragte leicht über den Kasten darunter hinaus. Mit meinem Stift drückte ich von unten dagegen. Die Sitzfläche hob sich und klappte gegen das Fensterbrett.
    Der Geruch von Staub und Schimmel stieg aus der dunklen Höhlung auf.
    Ich spähte in die Schatten.
    Und sah, was ich befürchtet hatte.

2
    Das zweite Baby war in ein Handtuch gewickelt. Blut oder Verwesungsflüssigkeit hatte braune Blüten auf dem gelben Frottee ausgebreitet.
    Der verhüllte, kleine Leichnam lag in einer hinteren Ecke des Sitzkastens, umgeben von einem rissigen und von der Sonne ausgebleichten Baseballhandschuh, einem kaputten Tennisschläger, einem luftlosen Basketball und mehreren Paaren abgetragener Turnschuhe. Staub und tote Insekten vervollständigten das Bild.
    Das Schädeldach des winzigen Kopfs war an einem Ende des Bündels sichtbar, die verschlungenen Nähte weit, wie bei einem Neugeborenen zu erwarten. Der membrandünne Knochen war mit einem feinen Flaum wie bestäubt.
    Ich schloss die Augen. Sah noch ein Babygesicht. Dunkles Fleisch, das erstaunlich blaue Augen umgab. Eingesunkene Pausbäckchen, die jetzt zarte Knochen straff umspannten.
    »O nein«, sagte irgendjemand.
    Ich öffnete die Lider und schaute auf die Straße hinaus. Ein Leichenwagen stand jetzt bei den Fahrzeugen am Bordstein. Die Reporter standen vor ihren Autos und unterhielten sich.
    Ein Windhauch durch das Fliegengitter fühlte sich warm auf meinem Gesicht an. Vielleicht war es aber auch das adrenalinsatte Blut, das meine Wangen rötete.
    »Avez-vous quelque chose?« Haben Sie etwas?
    Ich drehte mich um. Demers schaute, den Pinsel mit dem schwarzen Pulver erhoben, in meine Richtung. Ich begriff, dass das »O nein« von meinen eigenen Lippen gekommen war.
    Ich nickte nur, weil meine Stimme versagte.
    Demers rief Gioretti und kam dann zu mir. Nachdem er das Baby sehr lange angestarrt hatte, zog er sein Handy vom Gürtel und tippte eine Nummer. »Mal sehen, ob wir einen Hund bekommen.«
    Kurz darauf kam Gioretti zu uns. Sein Blick fiel auf die offene Fensterbank. »Tabernouche.«
    Nachdem er einen Fallmarker aufgestellt hatte, fing Gioretti an, Fotos aus verschiedenen Winkeln und Entfernungen zu schießen.
    Ich ging ein paar Schritte weg, um LaManche anzurufen. Er gab die Anweisungen, die ich erwartet hatte. Die Überreste so wenig wie möglich bewegen. Die Augen offen halten.
    Zwanzig Minuten später war Gioretti mit den Foto-und Videoaufnahmen fertig. Demers hatte den Sitzkasten und seinen Inhalt bestäubt.
    Während ich mir Latexhandschuhe überstreifte, breitete Demers einen Leichensack neben den auf dem Boden abgelegten Schuhen und Sportgeräten aus. Sein Unterkiefer verkrampfte sich, als er den Reißverschluss aufzog.
    Ich streckte beide Hände in den Kasten und hob unser zweites, kleines Opfer behutsam heraus. Anhand des Gewichts und des Fehlens von Geruch nahm ich an, dass die Überreste mumifiziert waren.
    Mit beiden Händen legte ich das Bündel in den Leichensack. Wie das Baby aus dem Toilettentisch, das jetzt neben dem Sofa lag, sah es in dem Erwachsenensack mitleiderregend winzig aus.
    Während Demers mir mit einer Stablampe leuchtete, fischte ich mit einer Pinzette ein halbes Dutzend Knochen aus dem Sitzkasten. Jeder war kleiner als ein Daumennagel. Drei Fingerknochen. Zwei Mittelhandknochen. Ein Wirbelkörper.
    Nachdem ich die einzelnen Knochen in einem Plastikröhrchen verstaut hatte, schrieb ich Fallnummer, Datum und meine Initialen mit einem Filzstift darauf. Dann steckte ich den Behälter unter eine Ecke des fleckigen, gelben Bündels.
    Demers und ich sahen schweigend zu, wie Gioretti letzte Aufnahmen machte. Draußen auf der Straße knallte eine Autotür, dann noch eine. Auf der Treppe waren Schritte zu hören.
    Gioretti schaute mich fragend an. Ich nickte.
    Gioretti hatte eben den Reißverschluss des Sacks zugezogen, die Ecken umgeschlagen und festgezurrt, als Pomier wieder auftauchte. Bei ihm war eine Frau mit einem Border-Collie. Die Frau hieß Madeleine Caron. Den Collie nannte man Pepper.
    Leichenhunde
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