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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch
Autoren: Dick Francis
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Ich habe ihnen gesagt, daß Sie Ihre Lizenz nicht verlieren sollten, weil Ihr Vater verrückt geworden ist, und das hat sie überzeugt. Es wird Ihnen vielleicht nicht gefallen, daß ich die Geisteskrankheit Ihres Vaters erwähnt habe, aber das war das Beste, was ich tun konnte.«
    »Aber …«, sagte er voller Verwirrung und dann plötzlich begreifend: »Haben Sie ihnen denn nichts von Moonrock und Indigo gesagt … und von Ihrer Schulter?«
    »Nein.«
    »Ich verstehe nicht … warum Sie es nicht getan haben.«
    »Ich sehe keinen Sinn darin, mich an Ihnen für das zu rächen, was Ihr Vater getan hat.«
    »Aber … er hat es … am Anfang … nur getan, weil ich ihn darum gebeten hatte.«
    »Alessandro«, sagte ich. »Wie viele Väter würden wohl tun, was er getan hat? Wie viele Väter würden, wenn ihre Söhne sagen, sie wollten Archangel im Derby reiten, sogar Mord in Kauf nehmen, um ihnen diesen Wunsch zu erfüllen?«
    Nach einer langen Pause sagte er: »Er war also wahnsinnig. Er war es wirklich.«
    Das war eindeutig kein Trost für ihn.
    »Er war krank«, sagte ich. »Diese Krankheit, die er hatte, nachdem Sie geboren wurden. Sie hat sein Gehirn in Mitleidenschaft gezogen.«
    »Dann werde ich … nicht …?«
    »Nein«, sagte ich. »Sie können es nicht erben. Sie sind so gesund wie jeder andere. So gesund, wie Sie sein wollen.«
    »Wie ich sein will«, wiederholte er ausdruckslos. Seine Gedanken waren nach innen gerichtet. Ich ließ ihm Zeit. Ich wartete mit größter Geduld, denn was er sein wollte, das war der letzte Zug im Spiel.
    »Ich will Jockey sein«, sagte er matt. »Ein guter.«
    Ich holte Luft. »Es steht Ihnen frei, Rennen zu reiten, wo immer Sie wollen«, sagte ich. »Überall auf der Welt.«
    Er sah mich mit einem Gesicht an, aus dem alle Arroganz verschwunden war. Er schien nicht mehr derselbe Junge zu sein, der vor drei Monaten aus der Schweiz gekommen war, und tatsächlich war er das auch nicht mehr. All seine Werte waren auf den Kopf gestellt worden, und die Welt, wie er sie gekannt hatte, existierte nicht mehr.
    Um den Vater zu besiegen, hatte ich den Sohn verändert. Hatte ihn zuerst nur als Lösung eines Problems verändert, aber später auch, weil das zum Vorschein kommende Produkt die Mühe lohnte. Es schien irgendwie eine Verschwendung zu sein, ihn gehen zu lassen. Abrupt sagte ich: »Sie können auf Rowley Lodge bleiben, wenn Sie wollen.«
    Irgend etwas brach in ihm in Stücke, wie zerspringendes Glas. Als er sich abwandte, hätte ich gegen alle Wahrscheinlichkeit schwören können, daß in seinen Augen Tränen standen.
    Er machte vier Schritte und blieb stehen.
    »Nun?« fragte ich.
    Er drehte sich um. Die Tränen waren in die Tränenkanäle zurückgeflossen, wie das bei jungen Menschen oft geschieht.
    »Als was?« fragte er ängstlich, in Erwartung irgendwelcher Fußangeln.
    »Als Stalljockey«, sagte ich. »Zweiter nach Tommy.«
    Er ging noch sechs Schritt weiter die Einfahrt hinunter, als wären seine Knöchel Sprungfedern.
    »Kommen Sie zurück«, rief ich. »Was ist mit morgen?«
    Er sah über die Schulter zu mir hinüber. »Ich werde zum Training da sein.«
    Noch drei weitere federnde Schritte.
    »Werden Sie nicht«, rief ich. »Sie werden gut schlafen und gut frühstücken und um elf Uhr hier sein. Wir fliegen rüber nach Chester.«
    »Chester?« Er drehte sich um und rief mir seine überraschte Frage zu, bevor er noch zwei Schritte rückwärts machte.
    »Clip Clop«, schrie ich. »Schon mal von ihm gehört?«
    »Ja«, schrie er zurück, und unkontrollierbares Lachen bemächtigte sich seiner, bevor er sich umdrehte, und die Einfahrt hinunterlief, mit Luftsprüngen wie ein Sechsjähriger.
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