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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch
Autoren: Dick Francis
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mehr als einer halben Meile konnte ich das Rowley-Lodge-Lot nicht von den anderen unterscheiden. Alles, was ich sehen konnte, war, daß es noch nicht zu spät war. Die morgendliche Szene war friedlich und wohlgeordnet. Keine zu Tode erschrockenen Menschentrauben, die sich über blutende Leiber beugten.
    Ich ließ Lancat weiter galoppieren. Er hatte vor zwei Tagen ein hartes Rennen gehabt, und ich hätte ihn eigentlich nicht so fordern dürfen, wie ich es tat … Er war schnell und bereitwillig, aber ich ritt ihn zuschanden.
    Es war technisch ziemlich schwierig, mit einem Rucksackverband zu reiten, ganz zu schweigen von allem anderen. Der Boden sah außerdem sehr hart aus und lag viel zu weit unten. Ich blieb im Sattel, weil dies das geringere von zwei beträchtlichen Übeln war. Ich wünschte allerdings inbrünstig, ich wäre zu Hause geblieben. Ich kannte die Geschichten von Jockeys, die mit gebrochenen Schlüsselbeinen Jagdrennen ritten. Sie waren verrückt. Das taten nur Irre.
    Ich konnte Etty sehen. Konnte einige der vertrauten Pferde sehen.
    Ich konnte Alessandro und Lucky Lindsay sehen.
    Ich war zu weit weg, als daß sie mich hätten hören können, selbst wenn ich genug Luft gehabt hätte, um zu schreien, und keiner von ihnen blickte nach hinten.
    Alessandro spornte Lucky Lindsay zu einem schnellen Kanter an und jagte mit zwei anderen Pferden die Line-Galoppbahn hinauf.
    Eine Meile entfernt, oben am anderen Ende des Hügels, waren Bäume und Gebüsch und ein kleines Wäldchen.
    Und Carlo. Und Cal.
    Ich hatte ein schreckliches Vorgefühl von unvermeidlichem Unglück; es war wie in einem Alptraum, in dem man versucht, durch eine Sirupmasse wegzulaufen. Lancat konnte den frischen Lucky Lindsay oben auf der Galoppbahn unmöglich einholen. Die einzige Möglichkeit bestand darin, ihm den Weg abzuschneiden, aber auch da konnte ich mich so entsetzlich leicht verkalkulieren.
    Ich ritt quer durch Waterhall, galoppierte über die Kanterbahn und stürmte dann über die Mittelbahn, und zwar genau entgegengesetzt zu den Pferden, die dort arbeiteten. Zornige Schreie von allen Seiten konnten mich nicht aufhalten. Ich hoffte, Lancat würde genug Vernunft besitzen und nicht frontal in ein anderes Pferd hineinlaufen, aber abgesehen davon war meine einzige, meine allumfassende, ausschließliche, verzehrende Sorge, Alessandro zu erwischen, bevor eine Kugel es tat.
    Endlose Meter über Gras … nur eine Meile, plusminus … aber endlos. Lancat wurde müde, und jeder neue Schritt kostete ihn größere Mühe … Sein flüssiger Rhythmus war zu ruckartigem Stoßen geworden … Er würde monatelang kein Rennen bestreiten können … Ich forderte seine Reserven, die letzten Vorräte an Kraft, die er besaß … und er gab sie großzügig hin.
    Endlose Meter … und nicht im richtigen Winkel … Lancat wurde langsamer – ich würde die Line-Galoppbahn erst erreichen, nachdem Alessandro vorbei war. Ich hielt mich weiter rechts … schwankte gefährlich im Sattel, konnte mit meiner linken Hand nicht einmal die Zügel halten und wollte mich mit meiner rechten an den Halsriemen klammern, wollte mich um des lieben Lebens willen festklammern, doch wenn ich mich festklammerte, konnte ich nicht lenken … Es war nicht weit, nicht wirklich weit. Überhaupt keine Entfernung für ein frisches Pferd. Überhaupt keine Entfernung für Lucky Lindsay.
    All diese Bäume und Büsche da vorn … Irgendwo dort drin lagen Carlo und Cal … Und wenn Enzo nicht wußte, wo, würde er sie nicht finden. Die Leute lagen nicht für jedermann sichtbar herum, nicht mit einer auf ein galoppierendes Pferd zielenden Lee Enfield; und Cal würde auf dem Boden liegen müssen. Würde es müssen, um genau genug zielen zu können. Die Lee Enfield schoß so präzise wie keine andere Waffe, aber nur, wenn man während des Zielens und Abfeuerns auf dem Boden lag. Sie hatte einen zu starken Rückstoß, um noch zuverlässig zu sein, wenn der Schütze stand.
    Enzo würde sie nicht finden. Vielleicht würde er den Wagen finden. Alessandros Mercedes. Aber er würde Carlo und Cal nicht finden, bis das donnernde Krachen ihren Standort verriet … Und selbst dann würde niemand außer Enzo sie finden, bevor sie den Wagen erreichten und davonfuhren. Alle würden sich auf Alessandro konzentrieren, Alessandro mit einem gewaltigen Loch in der Brust, Alessandro in seinem kamelfarbenen Pullover und dem blauen Hemd, die genauso waren wie die Kleidungsstücke, die Tommy Hoylake trug.
    Carlo und
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