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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II
Autoren: Robert Corvus
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Jahrtausend tot war.
    »Komm zu uns, Aduriana«, befahl ELIEN , ohne die Frau anzusehen.
    Sie war schlank, etwas flachbrüstig, ihr hüftlanges Haar war kupferfarben, wenn Bren es in dem roten Licht richtig erkannte. Sie war offensichtlich unverbraucht, wenn ELIEN häufig ihre Essenz eingefordert hätte, wäre sie gealtert. Sie sah aus wie Mitte zwanzig, also konnte der SCHATTENKÖNIG ihr nicht viel mehr als ein halbes Jahrzehnt genommen haben. Wäre sie noch jünger gewesen, wäre ihr Körper nicht so weit ausgeprägt gewesen. Kinder, die den Osadroi regelmäßig als Nahrung dienten, waren ein gespenstischer Anblick. Klein, die Proportionen zurückgeblieben mit im Verhältnis zum Körper großen Köpfen, aber weißen Haaren, manche auch kahl, immer von tiefen Falten gezeichnet, gebeugt wie Greise mit brüchigen Knochen … Aduriana dagegen war so lebendig, wie es ihrer jugendlichen Erscheinung entsprach, auch wenn diese Lebendigkeit von feierlicher Apathie überdeckt war.
    ELIEN streckte den Arm zur Seite. Aduriana trat heran und legte ihre Wange in SEINE Hand, gab dann ihre hinein, ganz leicht, als erwarte sie, zum Tanz geführt zu werden.
    »Koste sie«, hauchte ELIEN .
    » MAJESTÄT ?«, flüsterte Velon verwirrt, denn nur der Osadro konnte gemeint sein, aber die finsteren Augen des SCHATTENKÖNIGS sahen Bren an.
    Bren fühlte sich von ihnen fasziniert und abgestoßen zugleich, so, wie es ihm mit dem gesamten Wesen der Osadroi ging. Er war gleichzeitig unwiderstehlich angezogen von der Unsterblichkeit, die sie den verdientesten ihrer Diener verhießen, und abgestoßen von der kreatürlichen Angst vor dem Tod, durch den man gehen musste, um zur Ewigkeit der Nacht zu gelangen. Zwei Urinstinkte, die ihn manchmal zu zerreißen drohten.
    »Sie ist köstlich«, flüsterte ELIEN .
    Respektvoll ging Velon zu ihr, sich der Nähe des SCHATTENKÖNIGS deutlich bewusst. Einen Augenblick zögerte er, dann hob er die Hände, streichelte ihren Hals mit seinen Krallen, fasste ihr Kinn. Velons Gesicht war für Bren nicht zu erkennen, da der Osadro nun mit dem Rücken zu ihm stand. In Adurianas Augen glomm Erkennen auf, als ihr Blick von dem des Schattenherrn gefangen genommen wurde. Vorsichtig nur lockte Velon die Essenz. Als silbriger Schaum löste sie sich aus Adurianas Brust, wurde auf dem Weg zu Velon rasch dunkler, wie eine Brücke, die bei der jungen Frau in der Sonne lag und vor dem Gesicht des Osadro in einer sternlosen Nacht versank. Zwei Atemzüge nur gönnte sich Velon, dann ließ er sie los und verbeugte sich. »Exquisit, EURE MAJESTÄT . Ganz, wie IHR verspracht.«
    Er wollte sich zurückziehen, aber ELIEN sagte: »Nimm mehr, mein guter Velon. Nimm alles.« Noch immer ruhte SEIN schwarzer Blick auf Bren, als glaubte ER , an dem General müsse jeden Moment etwas Außergewöhnliches geschehen, das ER sich keinesfalls entgehen lassen wollte. »Alles, was sie zu geben hat.«
    Velon starrte IHN an, anscheinend unschlüssig, ob er richtig verstanden hatte. Dann deutete er den Befehl so, wie auch Bren es getan hätte. Es schien Stunden zu dauern, aber das konnte nicht sein. So viel Lebenskraft konnte die Frau nicht haben. Hatte die Essenz sie vorher einem Rinnsal gleich verlassen, so rief Velon sie jetzt als dicken Strom aus Adurianas Brust. Sie lächelte, obwohl schon bald Blut wie Tränen über ihre Wangen floss. Offenbar nutzte Velon seine geistigen Kräfte, um ihre letzten Momente so angenehm wie möglich zu machen.
    Bren war ihm dankbar dafür. Er spürte ELIENS Blick noch immer auf sich, aber er selbst konnte die Augen nicht vonder Sterbenden wenden. Was das Alter den Regeln der Natur gemäß in fünfzig Jahren forderte, tat es der Frau so rasch an, dass man alle Einzelheiten verfolgen konnte. Ihre Beine wurden schwächer, trugen sie nicht mehr sicher, auch der Rücken beugte sich. Die Brüste erschlafften, das Mieder wurde zu weit. Die Haut wurde zu einem schlecht geschneiderten Kleid, als das Fleisch darunter zusammenfiel. Die Fingernägel färbten sich gelb, das Haar grau, bevor es in Büscheln zu Boden rieselte. Am verstörendsten war das Lächeln auf dem Gesicht, in das sich Falten gruben, als würden unsichtbare Krähen ihre Schnäbel hineinschlagen. Die Tränensäcke schwollen, wurden zu kleinen Beuteln, während die Wangen absackten, als hätte jemand Gewichte daran gehängt. Kurz vor ihrem Tod legte sich ein grauer Schleier über die erblindenden Augen. ELIEN ließ ihre knochige Hand los, als Aduriana beinahe
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