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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II
Autoren: Robert Corvus
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stellte sich Bren eine Mauer vor, die aus Silberquadern gefügt war. Aber das konnte es nicht sein, die Schattenherzogin wäre vor Schmerz wahnsinnig geworden.
    »Geht nach Karat-Dor, zu Schattengraf Gadior. Dort verliert sich ihre Spur.«
    »Wir leben, den Willen der Schatten zu tun«, sagte Bren und hoffte, dass in seiner Stimme Respekt und Ergebenheit schwangen.
    »Bringt sie mir. Beeilt euch. Ich bin müde.«
    Sie verbeugten sich und zogen sich rückwärtsgehend zurück.
    »Ach, und Bren!«, hielt ELIEN sie auf, kurz bevor sie die Nebelwand erreichten. »Bring das hier raus.« ER zeigte auf Adurianas Leiche.

    Der letzte Reisetag vor Karat-Dor war beschwerlicher als die zwei Wochen vorher. So weit im Süden hatte das Tauwetter bereits eingesetzt und machte die Straßen schlammig, was die Pferde erschöpfte. Bren hatte ausschließlich berittene Krieger für diese Mission rekrutiert, er wollte möglichst rasch vorwärtskommen. In dem überwiegend flachen Gelände kam man mit Pferden schneller voran. Fünf Schwadronen standen unter seinem Kommando, zweihundert Kämpfer. Mit einem Tross belasteten sie sich nicht, es gab genügend Dörfer am Wegesrand, in denen sie Verpflegung requirieren konnten. Bren ließ das mehrmals am Tag tun, um die Last für jede einzelne Siedlung erträglich zu halten. Die Bauern jammerten natürlich, aberder Winter war mild gewesen und die letzte Ernte reichlich, also würde niemand verhungern. Es gab deutlich schlimmere Schicksale, als mit einem leeren Magen zu Bett zu gehen. Bren dachte daran, wie er Adurianas Leiche verbrannt hatte, damit sie kein Fraß der Ghoule wurde.
    Noch aus einem weiteren Grund wurde die Reise beschwerlich. Fürst Velon musste mittels eines geschlossenen Gefährts vor der Sonne geschützt werden. Wie in der Gegend um Orgait üblich, hatte er sich für einen von sechs Schattenrossen gezogenen Schlitten entschieden. Zum Zeitpunkt ihres Aufbruchs war dies auch als kluge Wahl für die Reise nach Karat-Dor erschienen, aber inzwischen sanken die Kufen in den Mittagsstunden so tief ein, dass sie über den lehmigen Boden kratzten. In der vergangenen Nacht hatte Velon dem grimmig blickenden Raubvogel geähnelt, der sein Wappen zierte. Erholsam konnte diese Art des Transports nicht sein.
    Der Offizier des Vorauskommandos kündigte neue Schwierigkeiten an, als er am späten Nachmittag zur Truppe zurückkehrte und seinen Fuchs vor Bren zügelte. »Schattengraf Gadior weilt nicht in Karat-Dor.«
    »Was soll das heißen? Wo ist er?«
    Dem Offizier war sichtlich unwohl in seiner Haut. »Die Nachtsucherin war nicht bereit, mir darüber Auskunft zu geben. Sie habe keine Zeit, weil heute die neuen Seelenbrecher geweiht würden. Außerdem gäbe sie Lakaien grundsätzlich keine Antwort.«
    Bren schnaubte. Die Arroganz der Kleriker eiferte dem Vorbild der Schattenherren nach, denen ihre Riten galten. »Wie heißt die Dame?«
    »Jittara.«
    Der Name sagte Bren nichts, aber sie waren ja auch weitim Süden. Gut möglich, dass die Frau hier Einfluss hatte. Eine Nachtsucherin entsprach in der Hierarchie des Kults etwa seinem eigenen Rang im Schwarzen Heer. Und im Gegensatzzu denen, die den Schatten mit blankem Stahl dienten, waren für die Kleriker immer Schlachten zu schlagen. Jeder Neugeborene war ein Mensch mehr, in dem die Finsternis erstarken musste.
    »Wie weit ist es noch bis Karat-Dor?«
    »Eine Stunde, Herr.« Der Offizier sah auf den Schlitten. »Vielleicht etwas länger.« Wie viele Menschen, die damit nicht vertraut waren, versuchte er, die Schattenrosse zu fixieren. Es war ein vergebliches Bemühen, die Konturen der Rappen verwischten. Sie gehörten nicht gänzlich der Welt des Greifbaren an. Dieser Effekt verunsicherte stärker als die Flammen, die ihnen aus den Augen schlugen und die vollkommene Lautlosigkeit, mit der sie sich bewegten.
    »Wir wollen keine Zeit verlieren.« Bren hob die Hand und zeigte dann nach vorn, der Befehl, den Marsch wieder aufzunehmen. »Ich bin begierig, diese Nachtsucherin Jittara kennenzulernen.«
    »Ja, Herr.«
    Der Offizier hatte gut geschätzt. Etwa eine Stunde später lenkte Bren seinen Hengst auf einen Hügel, während der Haupttrupp der Straße in die Metropole folgte. Nur seine Leibgarde und Sutor begleiteten ihn. Der Kriegshund war der einzige Gefährte, an dessen Loyalität Bren niemals zweifeln musste. Er hatte ihn schon als Welpen zu sich genommen, jetzt war der Rüde drei Jahre alt. Er hatte langes, schwarzes Fell, reichte dem Pferd bis
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