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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II
Autoren: Robert Corvus
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verschreckten Vogel, den ein Jäger angeschossen hatte, als Xenetor es in eine goldene Schale legte und sich ein Tuch reichen ließ, um Brens Blut von den Händen zu wischen.
    Würde es immer so sein? Würde Bren auf ewig die Verbindung zu seinem Herzen behalten? Auch wenn es Jahre, Jahrzehnte in der Kammer der Unterwerfung läge? Bren war noch nicht gewöhnt, in den Zeiträumen zu denken, in denen ein Osadro die Welt wahrnahm. Nie wieder würde er die Sonne sehen, aber in alle Ewigkeit die Nacht. Er spürte seinem Herzen nach, während zwei Dunkelrufer es zu GERGS Schädelthron brachten. Leichter als er vermutet hatte konnte er sich aufsetzen, sogar in einen kaum schwankenden Stand auf den eigenen Beinen finden.
    Bren fühlte GERGS Hand um sein Herz. Es schlug noch immer, als ER es aus der Schale nahm, es hin und her wendete und schließlich zurücklegte. Das Volk, in das GERG als Mensch geboren worden war, musste weit entfernt sein, entweder im räumlichen Sinne, südlich der großen Wüste vielleicht oder jenseits des Seelennebels, oder im zeitlichen, denn es war möglich, dass es schon vor Jahrtausenden untergegangen war. SEINE Züge jedenfalls waren Bren gänzlich fremd. Die Kopfform war ungewöhnlich mit der sehr hohen Stirn, die durch den zurückgezogenen Ansatz des kupfernen Haars noch betont wurde. Vielleicht passte IHM die Krone, die ELIEN getragen hatte, nicht richtig. ER hatte sie auf einem Schädel SEINES Throns abgelegt. Die stechend grünen Augen waren mandelförmig und schräg gestellt. SEIN Körper war noch feingliedriger als bei den Osadroi üblich. Auch Bren würde wohl an Gewicht verlieren, nun, da er keine Nahrung mehr zu sich nähme, die ihn Fett ansetzen ließe.
    Xenetor verbeugte sich. Sein Dienst war getan. Er wartete GERGS knappes Nicken ab und zog sich dann in die Reihen der Osadroi zurück. Widaja beobachtete das Geschehen mit Interesse und unverhohlener Zustimmung in den Zügen. Bren konnte jetzt selbst auf die Entfernung von fünfzehn Schritt jede Regung ihres Gesichts erkennen. Auch heute trugen sie und ihr Gefolge helle Kleidung und unterschieden sich damit von den anderen Schattenherren, die das übliche Schwarz angelegt hatten. Gadior stand in ihrer Nähe. Der Graf schien sich also dauerhaft ihrer Gunst zu erfreuen. Lisanne war natürlich nicht gekommen, aber Velon war hier. Sein undeutbares Gesicht zeigte weder Freude noch Missfallen. Überhaupt war er der verwirrendste und undurchsichtigste Osadro, den Bren kannte. Soweit er wusste, hielt Velon Lisanne noch immer die Treue, obwohl sie sich angeblich in der vergangenen Woche jede Nacht aufs Neue die Augen ausgekratzt hatte. Doch in der Ewigkeit mochte auch Wahnsinn vertrocknen.
    »Komm zu mir, mein Kind«, sagte GERG . ER konnte flüstern, im Thronsaal bewegte sich niemand, der Atem der wenigen Kleriker war das lauteste Geräusch.
    Bren schloss den dünnen Umhang vor seiner Brust. Das Blut kündete von dem Massaker, das Xenetor an ihm vollzogen hatte, aber die Wunde war bereits zugewachsen. Auch in seinem Innern wäre die Heilung bald abgeschlossen. Würde das Gefühl der Leere in seiner Brust ebenfalls vergehen?
    Mit jedem Schritt wurde Brens Gang fester. Schließlichmarschierte er beinahe, blieb hoch aufgerichtet stehen, die Schultern zurückgenommen, den Kopf erhoben, damit der SCHATTENKÖNIG ihn mustern konnte, wie ein Befehlshaber es mit seinen Kriegern tat. Nach einem kurzen Moment kniete er nieder.
    »Die Schatten stehen zu ihrem Wort, Baronet«, flüsterte GERG . »Du warst ein General, Bren Stonner. Dein Leben liegt hinter dir, doch deine Fähigkeiten sollst du mitnehmen, um mir damit zu dienen. Ich gebe dir Guardaja. Dort sollst du dich beweisen.«
    Bren verbeugte sich. Guardaja! Die ehemals milirische Festung, erst im Silberkrieg endgültig gefallen. Er hatte sie auf der Suche nach Lisanne passiert. Dort hatten sie Gadior getroffen. Was bedeutete es, dass er in seinen Herrschaftsbereich befohlen wurde? Gadior war Widaja verbunden, die wiederum mit Lisanne um deren ehemalige Besitzungen konkurrierte. Eine weitere Demütigung für Lisanne, dass derjenige, der ihre Liebe gemordet hatte, nun zu ihrer Rivalin geschickt wurde?
    Und vor allem – was hatte Velon davon? Obwohl er es nicht beweisen konnte, vermutete Bren, dass der Schattenfürst ihm die Ghoule in die Hände gespielt hatte. Zwar hatte Monjohr das nicht bestätigt, aber welche andere Erklärung gab es für Velons Hinweise vor dem Aufbruch zur Bettung ELIEN VITANS ?
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