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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II
Autoren: Robert Corvus
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Auch die drei Ghoule, die den Angriff überlebt hatten, waren inzwischen spurlos verschwunden. Bren hatte vergeblich nach ihnen geforscht.
    » MAJESTÄT «, sagte Bren, und die Sinne eines Osadro ließen ihn Nuancen der eigenen Stimme hören, die er nie zuvor wahrgenommen hatte, »ich bin EUER Knecht auf ewig.«

EPILOG

    HASS
    D ie dritte Nacht der Ewigkeit.
    Niemand hatte Bren darauf vorbereiten können. Er war gefangen von seinen eigenen Sinnen. Er roch das Feuer eines Kamins, bevor er den Raum betrat. Er hörte das Eis in einer dünnen Kruste auf dem Schnee frieren. Er schmeckte menschlichen Schweiß in der Luft, konnte ihn von dem von Tieren unterscheiden. Wenn er sich darauf konzentrierte, spürte er die einzelnen Fasern des Hemds auf seiner Haut. Quer durch einen Saal sah er, wie sich eine Wimper vom Auge einer schönen Frau löste und zu Boden schwebte.
    Es war, als hätte jemand einen Sack von seinem Kopf gezogen, in dem er vor seiner Verwandlung ständig gesteckt hatte.
    Die Menschen begegneten ihm nun unterwürfig, die Osadroi redeten ihn mit ›Ihr‹ an. Er war ein Baronet, hatte kein Lehen, aber er war jetzt mehr als ein Sterblicher, und mit der Zeit würde er auch Macht ansammeln. Wie viel Macht, das hing nur davon ab, was jene abzugeben bereit waren, die sie besaßen. Oder wollte der SCHATTENKÖNIG SEIN Reich weiter nach Süden ausdehnen? Milir vollständig erobern, obwohl es dort kein Silber mehr zu holen gab? Befahl ER deswegen einen Osadro mit Kriegserfahrung nach Guardaja? Oder drohte GERG den Miliriern nur, damit sie nicht aufsässig wurden? Oder war es Gadior, der ihn angefordert hatte? Widaja vielleicht? Am Ende wieder Velon, der ihn der Herrschaft von Lisannes Rivalin unterschieben wollte, um den Kontakt in fernen Jahrzehnten nutzen zu können? Bren würde lernen müssen, was es hieß, in Äonen zu denken.
    Der Seelenbrecher hatte ihm lediglich mitgeteilt, ›man wünsche ihn zu sprechen‹. Er wusste nicht, wer ihn erwartete, vermutete aber, dass es ein Osadro war. Kein Mensch hätte gewagt, ihn mit so wenigen Informationen abzuspeisen.
    Er hatte richtig geraten.
    Auf der Plattform des Turms, im Licht der Sterne, vor der hellen Fläche der schneebedeckten Landschaft, die sich jenseits der Stadtmauer erstreckte und von der inzwischen auch die Zelte wieder entfernt waren, stand Lisanne. Ihre Krone schimmerte knochenbleich. Als sie sprach, trat kein Dampf vor ihren Mund. Sie musste sich schon eine ganze Weile in der Kälteaufhalten. »Wie schön, dass Ihr es einrichten konntet, Bren Stonner.«
    Wenn sie sich in den vergangenen Nächten tatsächlich die Augen ausgekratzt hatte, war jetzt nichts mehr davon zu sehen. Brens Menschenaugen waren, wie er jetzt erkannte, kümmerlich daran gescheitert, Lisannes Schönheit vollständig zu erfassen. Die feinen Linien ihrer Figur, ihr Gesicht, vom Sternenlicht geküsst, wurden ihm erst jetzt gänzlich bewusst. Aber die erzwungene Hingabe, die Verehrung bis zur Selbstaufgabe stellte sich nicht mehr ein. Auch er war jetzt ein Schattenherr.
    Vorsichtig verbeugte er sich. »Ihr wünscht?«
    Sie antwortete mit Melancholie in der Stimme. »Meine Wünsche pflegt Ihr nicht nur zu ignorieren, sondern in ihr Gegenteil zu verkehren.«
    »Ich tat, was der SCHATTENKÖNIG mir befahl.«
    »Und was Euch unsterblich machte.« Sie lachte freudlos. »Glaubtet Ihr, ich hätte nicht genug Einfluss gehabt, um Euch Gleiches zu ermöglichen?«
    Er hätte ihr von ELIENS Drohung berichten können, aber welchen Sinn hätte das gehabt? Er schwieg.
    Auf einer Zinne, die viel zu niedrig war, um als Deckung zu taugen, die also nur der Verzierung diente, stand eine kleine Truhe. Sie war mit hellem Metall beschlagen, vermutlich Platin. Lisanne nahm sie in beide Hände und trug sie zu ihm. »Ich habe etwas für Euch, Bren Stonner. Ein Geschenk. Ich fand es zunächst recht hübsch, aber jetzt gefällt es mir nicht mehr. Ihr werdet es bestimmt zu schätzen wissen. Als Andenken vielleicht.«
    Da er keine Anstalten machte, die Truhe zu öffnen, tat sie es.
    Bren schrie auf.
    Lisanne lächelte. »Spürt Ihr diesen Schmerz, Bren Stonner?«
    Er taumelte zurück, konnte den Blick aber nicht von Kirettas Haken wenden, der blank poliert auf dem Samtfutter lag. Man hatte ihn zwar sorgfältig gereinigt, sich aber nicht die Mühe gemacht, die Knochen zu entfernen, an denen er befestigt war. Die Elle franste nach einem Zoll in einem gesplitterten Ende aus, die Speiche war noch etwas länger. Das war kein
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