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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Autoren: Jutta Profijt
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finde, dass wir noch mal über Liam nachdenken sollten«, sagte Martin mit irgendwelchen dunklen Körnchen zwischen den Zähnen. »Und Roger finde ich auch schön.«
    Natürlich sprach er beide Namen deutsch aus.
    »Die Namen findet er aber kacke«, informierte ich Martin.
    Dieser Er war in den vergangenen Monaten mein Schlüssel zu Martins Aufmerksamkeit gewesen, denn mit ihm meinte ich Martins Sohn. Ich konnte nämlich mit dem Nachwuchs reden. Das glaubte zumindest Martin. Besser gesagt: Ich hatte das behauptet und der Naturwissenschaftler in Martin glaubte es natürlich nicht. Aber eben dieser glaubte ja auch nicht, dass der Geist eines Menschen nach seinem Tod weiterhin anderen Leuten auf den Sender gehen würde. Das allerdings musste Martin aus eigener Erfahrung bestätigen, also glaubte er auch, dass ich mit seinem Nachwuchs wirklich plauderte. Zumindest manchmal. Und in diesen Momenten war ich der wichtigste Mensch in Martins Umgebung, weil ich ihm sagen konnte, ob der Nachwuchs sich wohlfühlte, obwohl Birgit sich immer mal wieder die Seele aus dem Leib reiherte. Ich antwortete je nach Laune und Bedarf und hatte so einige Zugeständnisse erstritten. Zum Beispiel freien Zugang zu meinem bereits erwähnten Computer. Aber dazu später mehr.
    Die Geburt war übrigens für den neunzehnten Juli errechnet, also genau eine Woche nach meinem eigenen Geburtstag.Ich hoffte stark, dass sowohl Birgit als auch der Bonsai sich daran hielten und nicht etwa meinen Geburtstag für ihre Zwecke missbrauchen würden. Es war schwer genug, meinen eigenen Geburtstag zu feiern, weil ja außer Martin niemand mit mir feiern konnte und unsere Vorstellungen von einer angemessenen Sause nicht wirklich deckungsgleich waren. Umso weniger wollte ich in Zukunft meinen G-Day inmitten einer Horde lärmender Milchzahnterroristen verbringen.
    »Das sagst du von jedem Namen, den wir bisher in die engere Wahl gezogen haben«, erwiderte Martin genervt.
    »Weil ihr so bescheuerte Namen wie Linus, Titus oder Jörgen-Malte aussucht. Da muss man einfach kotzen.«
    »Ach, halt doch endlich mal die Klappe«, maulte Martin.
    »Ich glaube, ich platze gleich«, maulte Birgit und ließ ein lautes Bäuerchen folgen.
    Ich machte die Biege. Hier waren eindeutig zu viele bad vibrations .
    Im Bullenbüro traf ich Gregor und Jenny, die sich zunächst einige Becher Kaffee und den Bericht der Rechtsmedizin reinzogen, bevor sie sich auf den Weg in das Altenasyl machten, in dem Paulina gearbeitet hatte.
    Ich wunderte mich, denn der Bericht der Schlitzer hatte keinen Hinweis auf Fremdverschulden gegeben. Im Gegenteil, eigentlich stimmte alles. Strangulationsmerkmale, Leiterhöhe, der Winkel, in dem sie umgefallen war, und die Wucht, mit der die Frau in die Wäscheleine geknallt war. Auch die von innen abgeschlossene Tür war doch ein ziemlich gutes Indiz für einen Selbstmord. Ich suchte also noch nach einer Erklärung, warum die Kripos nicht nur auf dem Weg zu Paulinchens Arbeitsplatz waren, sondern das auch noch an einem Samstag durchzogen, aber dannlöste Jenny das Rätsel, indem sie ungebremst über die Schürze herzog.
    »Die alte Schachtel hat doch tatsächlich offiziell Anzeige wegen Mordes erstattet. Weil Paulina sich ›niemals nimmer nicht‹ aufgehängt hätte. Das sei gegen das Gebot vom Herrgott.«
    »Herrgott noch eins«, brummte Gregor grinsend.
    »Genau«, ereiferte sich Jenny.
    »Und warum genau bist du nun so stinkig«, fragte Gregor nach einer Weile.
    Jenny errötete. »Ich hatte eine Verabredung, aber nachdem mich die blöde Kuh so lange aufgehalten hat …«
    Wenn Jenny errötet, sieht sie noch mehr nach Schulmädchen aus als sowieso schon. Sie ist gerade mal eins siebzig und füllt leider ihre Blusen nicht so richtig aus. Ihre Haut ist blass, die Haare nix Besonderes und die Kulleraugen puppengroß. Eigentlich sieht sie gar nicht so schlecht aus, kommt aber meist ziemlich langweilig rüber, weil sie mit seriösen Klamotten versucht älter zu wirken, als sie ist. Jenny war mit zweiundzwanzig als fertige Kommissarin von der Bullenuni gekommen, musste aber, wie alle anderen Kripo-Clowns auch, erst mal bei der Einsatzhundertschaft Demonstranten und Hooligans vermöbeln. Ich kannte Jenny damals noch nicht, konnte sie mir aber beim besten Willen nicht in einer ordentlichen Keilerei vorstellen. Immerhin überlebte sie die Zeit, denn nach zwei Jahren Fronterfahrung war sie mit vierundzwanzig die mit Abstand jüngste Kommissarin in Köln.
    »Und wer ist der
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