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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Autoren: Jutta Profijt
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komisch? Eine Wäscheleine? Wie sperrig!«
    Martin wehrte sich zwar gegen die Erkenntnis, gab mir aber insgeheim recht, wie ich seinen ungeschützten Gedankenwirbeln entnehmen konnte.
    Katrin bekam von unserer Unterhaltung natürlich nichts mit, sondern operte die Befunde ins Mikro. »Der Knoten ist unfachmännisch, aber zweckdienlich. Er sitzt seitlich am Hals, die Strangmarke stellt sich als Gewebeeinziehung mit Hautvertrocknung dar, zum Knoten hin ansteigend ausgebildet …«
    Zum Knoten hin ansteigend heißt, dass die Leiche hing, als es eng wurde. Hätte sie gelegen oder jemand hinter ihr gestanden und ihr das Seil um den Hals gezogen, läge der Verlauf der Strangmarke schön auf einer Höhe um den Hals. Ja, ich habe von den Schlitzern schon viel gelernt.
    Dass sich die üblichen Stauungsblutungen fanden, war nicht weiter erstaunlich und wurde entsprechend unaufgeregt, aber nicht weniger sorgfältig dokumentiert.
    »An den Händen finden sich Reste von Talkum.«
    »Talkum?«, fragte ich.
    »Dieses Zeug in Einmalhandschuhen, damit sie nicht verkleben«, erklärte Martin.
    »Sie hat sich vor dem Aufhängen also nicht die Hände gewaschen«, schlussfolgerte ich.
    Martin stutzte. »Nein.«
    Katrin schaltete das Diktiergerät aus und murmelte: »Ich kann mich nicht erinnern, dass am Fundort Handschuhe herumgelegen hätten. In der Kleidung war auch nichts – also, wo sind die Dinger geblieben?«
    »Dafür ist dein Liebster zuständig«, sagte Martin streng.
    Ach, mein Martingsgänschen, seit ich ihn immer wieder in Ermittlungen hineinziehe, hat er eine Aversion gegen jeden Gedanken entwickelt, der auch nur einen Millimeter neben seinem rein medizinischen Fachgebiet liegt.
    Katrin schaltete das Gerät wieder an. »An den Händen finden sich keine Hinweise auf Selbstrettungsversuche, auch an der Halshaut sind derartige Spuren nicht zu finden.«
    »Die war aber ungewöhnlich entspannt«, stellte ich fest.
    »Ich stelle Tatsachen fest, die Kripo zieht die Schlüsse«, sagte Martin stoisch.
    »Wo ist die Kripo eigentlich?«
    Keine Antwort ist auch eine Antwort. Normalerweise ist nämlich meist der Ermittler, manchmal sogar der Staatsanwalt bei der Obduktion dabei, damit er alle Informationen so schnell wie möglich aus erster Hand erfährt. Hier waren die Freunde und Helfer – also Gregor, der Freund, und Jenny, sein Helferlein – aber offenbar von vornherein der Meinung, es handele sich um einen Selbstmord.
    Ich kürze die Sache mal ab: Am Ende der Obduktion stand die Erkenntnis, dass die Sache mit den Talkumspuren an den Händen und das Fehlen von Hinweisen auf Selbstrettungsversuche zwar ungewöhnlich war, es aber keinen eindeutigen Hinweis auf ein Fremdverschulden gab.
    Die Leiche lag kaum in ihrem Kühlfach, als Katrin erneut nervös zur Uhr sah.
    »Ich mache den Rest«, bot Martin an. »Schönen Urlaub.«

DREI
    Am nächsten Morgen frühstückten Martin und Birgit gegen neun Uhr. Genauer gesagt frühstückte Birgit zum dritten Mal. Sie war bereits um halb fünf und um viertel nach sechs auf gewesen und hatte jedes Mal die Gelegenheit genutzt, eine Kleinigkeit zu essen. Das erste Mal waren es sechs Schnitten Toastbrot mit Butter und englischer Orangenmarmelade gewesen, beim zweiten Mal nur etwas Obst: zwei Bananen und eine Honigmelone. Dieses ständige Herumgezappel und Aufstehen, Hinlegen, Aufstehen, Hinlegen sei eine ganz normale Begleiterscheinung einer Schwangerschaft, hatte Martin mir erklärt, aber mich machte es trotzdem wahnsinnig. Mal drückte der Bonsaiballon auf Birgits Blase, dann auf den Rücken, dann wurde ihr heiß oder kalt oder die Beine waren unruhig oder der Bonsai übte Kickboxen oder … irgendwas war immer. Total ungemütlich.
    Früher war Birgit völlig entspannt und konnte megamäßig chillen. Im Bett frühstücken, nach dem Kaffee die Decke noch mal über die Denkschüssel ziehen und eine Zugabe poofen. Seit sie immer weiter anschwillt, hat sie sich von Martin den Kaffee ausreden lassen und isst jetzt zum gemeinsamen Frühstück Müsli, wie Martin. Und seit sie nicht einmal mehr arbeiten geht, ist sie total träge geworden.Martin redet ihr jede sinnvolle Tätigkeit aus, weil er meint, Birgit müsse sich schonen. Er mag sie kaum noch allein aus der Wohnung lassen, aus Angst, dass ihr etwas passieren könnte. Ich hoffte, dass die alte Birgit spätestens dann wieder zum Vorschein käme, wenn der Bonsai endlich auf der Welt war, denn die Valium-Variante gefiel mir überhaupt nicht.
    »Ich
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