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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde
Autoren: Christian Klier
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angeordnet. Sie trugen
irgendwelche Gewehre oder sonstigen Utensilien, wie Eimer oder Benzinkanister,
durch die Gegend. Wohin sie gingen und zu welchem Zweck, blieb ein Rätsel. Im
Vordergrund war ein ausgebrannter Panzer drapiert, und weiter hinten konnte man
eine Figur sehen, die entfernt an Rommel erinnerte. Dieser marschierte gerade
die Stufen der Cheopspyramide hoch. Die Cheopspyramide? Na ja, ob es jetzt
genau die war, da war sich Klotz nicht sicher. Aber es war eine Pyramide. So
ein Schwachsinn! Was macht das Afrikakorps da in Gizeh? Die Szenerie, die hier
aufgebaut war, sollte vielleicht an »Indiana Jones – Jäger des verlorenen
Schatzes« erinnern, war aber weit davon entfernt, irgendwie witzig oder auch
nur im Entferntesten historisch korrekt zu wirken.
    Klotz schob sich in die Mitte des Raumes und stieß den Stuhl leicht
an, damit er sich drehte. Gummlers verranzte Bude zog an ihm vorbei, und er
versuchte sich für einen Moment in den Menschen, der hier gelebt hatte,
einzufühlen. Ihm wurde himmelangst. Doch ein Selbstmörder?
    Er fuhr in eine Ecke, in der ein Bierkasten stand, und nahm sich
eine Flasche. Ah, Schlenkerla Rauchbier! Warum nicht? Wieder kein Öffner da.
Was war das nur für ein verwahrloster Haushalt? Klotz setzte den Deckel an die
Kante des Tapeziertisches und schlug mit dem Handballen zu.
    Die verstümmelten Soldaten und das schwere Kriegsgerät wurden von
einem kurzen Erdbeben durchgeschüttelt. Klotz setzte die Flasche schnell an, da
der aufsteigende Schaum herauszuquellen drohte, und tat ein paar tiefe Züge.
Plötzlich klapperte es auf dem Boden. Klotz nahm das Bier vom Mund und sah
hinunter. Eine Spritze. Gebraucht, mit Nadel. Drogen? Auch das noch! Oder
vielleicht doch nur Modellbau?
    Er beeilte sich, die Spritze in einen Plastikbeutel zu stecken. Aus
dem unteren Stockwerk drang ein Lallen an sein Ohr. Klotz stürzte die Treppe
hinunter.
    Er öffnete die Tür des Omega und sah seinem Kollegen Escherlich
dabei zu, wie dieser seelenruhig auf dem Beifahrersitz schlief.
    Durch eine abschließende Befragung hatte Klotz erfahren, dass
Thorsten Gummler einen besten Freund hatte, Charlie Schmidt. Dieser Schmidt war
angeblich ein abgestürzter Junkie, der sein Leben in der Nähe des Nürnberger
Hauptbahnhofs fristete. Es würde vermutlich nicht so einfach sein, den Kerl
aufzuspüren.
    Während Klotz von dem Grundstück fuhr, warf er über den Rückspiegel
einen letzten Blick zurück auf den einsamen alten Mann, der auf seinem
schmuddeligen Hof stand und einen ziemlich verlorenen Eindruck machte.
Irgendwie fühlte Klotz sich unwohl, schließlich hatte er ja nicht die ganze
Wahrheit gesagt. Wie ein skrupelloser Versicherungsvertreter fühlte er sich,
der einem debilen Rentner gerade eine völlig überteuerte und unnötige Police angedreht
hatte.
    Egal. Manchmal erforderte es eine gute Ermittlungsarbeit einfach,
dass man nicht gleich alle Karten auf den Tisch legte. Und die Instanz, die das
entschied, war letztlich nur sein Bauch allein, der seit den letzten anderthalb
Minuten fortlaufend knurrte. Einen echten Hunger konnten halt auch ein oder
zwei Bier nicht nachhaltig stillen.
    Das Handy wählte. Der Mann, dessen Name jetzt auf dem Display
erschien, würde entscheiden, wie sich die nächsten neunzig Minuten gestalteten.
    Das Gespräch dauerte nicht einmal zwei Minuten. Karl-Ernst Biro war
von jeher ein unprätentiöser Charakter, dem ein klarer Informationsaustausch
wichtiger war als endloses Gewäsch. Biro war halt keine Labertasche. Zumindest
wusste Klotz jetzt, dass Karl-Ernst gerade eine ordentliche Glut angefacht
hatte und kurz davor war, zwei kleine marinierte Steaks auf den Grill zu
werfen. Natürlich könne Klotz vorbeikommen, die Kühltruhe sei schließlich voll.
Pfeffersteaks, Holzfällersteaks, Wildlachssteaks, Steak fromage, Grillfackeln,
Grillspieße und Grillwolfsbarsch, alles da. Gut. Bis dann.
    Klotz konnte es kaum glauben: Biro grillte. Am 17. Dezember um zwölf
Uhr siebenundfünfzig, bei einer Außentemperatur von neun Grad Celsius. Das war
wohl seine Art, sich über einen schlechten Winter lustig zu machen.
    Escherlich schlief wie ein Baby, und Klotz lenkte den dunkelblauen
Wagen durch die unverwechselbare Landschaft der Fränkischen Schweiz, an steilen
Felswänden entlang, zwischen hohen Hügeln hindurch, vorbei an Wäldern, die
Dunkelheit und Geheimnis ausstrahlten. Die Pinien am Fahrbahnrand zerstückelten
das Sonnenlicht. Wie aus einem dieser Maschinengewehre, mit
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