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Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Titel: Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf
Autoren: Cornelia Funke
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zog noch einmal tief die Luft ein. »Faulwetter ist da.«
    »Wo?« Erschrocken guckte Lina sich um. Unzählige Menschen hasteten am Fuß der Treppe vorbei, verschwanden in Cafés oder Geschäften, kamen wieder heraus, überquerten die breite Straße, auf der sich die Autos drängten. In dem Gewimmel einen bestimmten Menschen zu entdecken schien unmöglich.
    »Ich riech ihn«, beharrte Motte.
    »Hallo!«, rief jemand. »Halloooo!« Atemlos kam Frau Pruschke die Treppe heraufgerannt. »Sie haben so ein Amulett, stellt euch vor! Sogar mehrere. Ist das nicht wunderbar?«
    Sie ging auf das große Portal zu und klingelte. Nach einer halben Ewigkeit erschien ein spindeldürrer Mann mit einem Bärtchen und schloss ihnen auf. »Mein lieber Balthasar«, begrüßte Frau Pruschke ihn. »Darf ich vorstellen? Die beiden sind zwei besonders interessierte Schüler von mir, Moritz Schultze«, sie nieste zweimal, »und Lina Herrmann. Das ist Doktor Balthasar Schielmann, Völkerkundler und Spezialist für Frühgeschichte.«
    Herr Schielmann lächelte verlegen. »Guten Abend«, sagte er. »Kommen Sie doch bitte herein. Ein paar sehr interessante Objekte sind das, für die Sie sich interessieren, liebe Amelie. Soll ich Sie gleich zu den Amuletten führen?«

    »O ja, bitte«, sagte Motte. Das Knurren in seinem Magen wurde immer lauter und an seiner verletzten Hand spürte er schon wieder die kleinen Krallen. Hastig versteckte er sie in der Hosentasche.
    Balthasar Schielmann führte sie eine Treppe hinauf, durch spärlich erleuchtete Säle. Unheimliche Masken starrten auf sie herab, seltsame Holzfiguren und Pfähle mit geschnitzten Fratzen.
    »Puuh, sehen die im Dunkeln unheimlich aus«, flüsterte Lina. »Findest du nicht auch?«
    Aber Motte schüttelte nur den Kopf. Für seine Wolfsaugen war es taghell und die fremdartigen Gestalten schienen ihm seltsam vertraut.
    Endlich blieb Doktor Schielmann vor einer kleinen Vitrine stehen. »So, hier ist es«, sagte er. »Dies sind unsere Wolfsamulette. Ein paar besonders schöne Exemplare, wenn ich so sagen darf. Sie können sich gerne eins aussuchen.« Fragend guckte er Frau Pruschke an. »Wie lange etwa brauchen Sie das Exponat?«
    »Oh, wir werden das Thema so etwa zwei bis drei Wochen behandeln«, behauptete Frau Pruschke. »Könnten Sie es mir so lange überlassen?«
    »Sicher.« Mit einem kleinen Schlüssel öffnete Balthasar Schielmann die Vitrine. »Ich muss leider gestehen, dass das Interesse unserer Besucher an diesen Dingen nicht sonderlich groß ist. Dabei hat man früher einen Zauberer für ein solches Amulett fürstlich bezahlt. Nur wegen des zugegeben primitiven Glaubens, dass ein Mensch sich in einen Wolf verwandeln kann. Uns modernen Menschen erscheint das natürlich lächerlich.«
    »Ja, wirklich«, murmelte Motte. Er spürte gerade, wie das Fell in seinem Nacken wuchs, wie seine Ohren sich mit Flaum bedeckten und seine Zähne spitzer wurden.
    »Also, für welches entscheiden Sie sich?«, fragte Herr Schielmann.
    »Das da«, sagte Lina und zeigte auf das scheußlichste. Es war eine kleine, goldene Wolfsfratze.
    Als Herr Schielmann es aus der Vitrine holte, wich Motte zurück. Sein ganzer Körper wurde plötzlich heiß, glühend heiß.
    Herr Schielmann legte Frau Pruschke das Amulett in die ausgestreckte Hand.
    »Interessant!«, sagte sie. »Wirklich sehr beeindruckend.«
    Motte machte noch einen Schritt zurück.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Lina.
    »Gar nichts«, knurrte Motte.
    Herr Doktor Schielmann sah ihn erstaunt an. »Ihre Stimme ist aber sehr seltsam, junger Mann.«
    »Er hat Dämpfe eingeatmet«, sagte Lina, »beim Chemieunterricht.« Im Ausredenausdenken war sie einmalig.
    »Nicht ungefährlich«, stellte Herr Schielmann fest. »Sind seine Augen davon so gelb?«
    »Genau«, murmelte Motte.
    Frau Pruschke sah ihn besorgt von der Seite an. Sie steckte das Amulett in ihre Handtasche und nahm die Kinder an die Hand. »Lieber Balthasar«, sagte sie, »vielen, vielen Dank für Ihre Mühe, aber entschuldigen Sie uns jetzt bitte. Ich muss die beiden hier schnell nach Hause bringen.«
    »Oh, keine Ursache«, sagte Herr Schielmann und schloss die Vitrine wieder zu. »Ich bin jederzeit gern behilflich. Wir haben beispielsweise auch sehr interessante Dämonenmasken. Aber«, er beugte sich zu Frau Pruschke herunter, »der Junge sollte wirklich mal zum Arzt gehen.«

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Verflixtes Pech
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