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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert
Autoren: Clare Dowling
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den schlechten Geruch beschweren. (Das war Natalies Lieblingsversion - altmodisch, aber wirkungsvoll, sagte sie. Allerdings war es viele Jahre her, dass sie jemanden damit in die Flucht hatte schlagen müssen.) Einige von Graces jüngeren Kolleginnen hatten richtig gemeine Sachen drauf, die auf die Größe des Genitals und seinen Geruch anspielten, und Grace versuchte, sich daran zu erinnern. O ja ... »Grace?«
    Der Mann im Straßenanzug war Adam. Jede verbale Attacke auf das männliche Geschlecht war plötzlich aus ihrem Gedächtnis gelöscht.
    »Adam?«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    Kein Wunder, dass sie ihn nicht gleich erkannt hatte: Zusätzlich zu dem schlecht sitzenden Anzug, den er über einem weißen Hemd mit viel zu weitem Kragen trug, war er glatt rasiert und ziemlich blass. Statt seiner vertrauten Wanderstiefel trug er schwarze Lederschuhe, die so blank geputzt waren, dass Grace ihr erschrockenes Gesicht darin sehen konnte.
    »Was hast du mit deinen Haaren gemacht?«, fragte sie bestürzt.
    Sie waren mit Gel nach hinten gekämmt - und kurz.
    »Es ging nicht anders«, sagte er, und Grace glaubte einen gequälten Unterton in seiner Stimme zu hören. Was in aller Welt konnte ihm zugestoßen sein? Der ehemalige Freigeist sah aus wie ein Vertreter für Doppelverglasungen!
    Plötzlich begriff Grace. Natürlich! Amandas Schwangerschaft! Ihre Familie hatte sie verstoßen, kaltherzig in die Welt hinausgejagt, und er war gezwungen worden, seine Ideale gegen einen Job einzutauschen, mit dem er seine kleine Familie ernähren konnte. Wahrscheinlich war er Vertreter für Doppelverglasungen. »Ach, Adam!« Mitleid schnürte ihr die Kehle zu. Sie rechnete fast damit, dass er im nächsten Moment einen Hochglanzprospekt aus der Tasche ziehen würde.
    Er schaute sie mit einem merkwürdigen Ausdruck an. »Sie wachsen ja wieder, Grace.«
    »Wie bitte?«
    »Meine Haare. Ich habe sie wegen Richter Murphy schneiden lassen. Er hat nämlich nichts übrig für langmähnige Kerle, habe ich mir sagen lassen.«
    Grace kam sich richtig mies vor. Wie hatte sie ihn nur so falsch einschätzen können? »All das ist... für die Verhandlung?«, fragte sie mit einer seine Erscheinung umfassenden Geste.
    »Natürlich. Der Anzug, das Hemd, die Krawatte - alles geborgt.«
    »Aber du ...«
    »Die Schuhe gehören meinem Bruder.« Wieder schaute er sie so merkwürdig an. »Du hast doch nicht erwartet, dass ich in Jeans vor Gericht erscheinen würde, oder?«
    »Nein, selbstverständlich nicht«, murmelte sie. Wenn er wüsste, dass sie ihn verdächtigt hatte, mit doppelt verglasten PVC-Fenstern und Terrassenschiebetüren hausieren zu gehen! Um ihre ehrabschneiderische Überlegung wieder gutzumachen, sagte sie: »Richter Murphy hat eine Schwäche für Ausländer.«
    »Meinst du?«, fragte er hoffnungsvoll.
    »Ich habe es von jemandem erfahren, der sich auskennt«, berichtete sie. »Als ich vorhin drüben beim Gerichtsgebäude war. Ich bin nämlich deinetwegen hier - um dir Glück zu wünschen.«
    »Danke, Grace«, sagte er mit einem flüchtigen Lächeln und trommelte nervös mit den Fingern auf den Tresen. »Ich hoffe nur, dass ich keine Gefängnisstrafe kriege. Ich kann unmöglich ins Gefängnis gehen - nicht jetzt, wo ... ach, überhaupt.«
    »Ich weiß«, sagte sie, obwohl das nicht stimmte. Meinte er Amanda und das Baby? Oder die nächste Demonstration? Sie hätte ihn gern gefragt, wagte es jedoch nicht. So vertraut waren sie nicht mehr miteinander. Die Atmosphäre zwischen ihnen war überhaupt viel angespannter, als sie erwartet hatte. Verzweifelt suchte sie nach einem unverfänglichen Gesprächsthema. Lieber Gott - was sagte man zu einem jungen Mann, den man einen Monat lang gebumst hatte? Sie war gerade so weit, sich unter irgendeinem Vorwand verabschieden zu wollen, als Adam sagte: »Stört es dich, wenn ich mich setze?«
    »Ah ... nein, gar nicht.«
    Er ließ sich auf dem Barhocker neben ihr nieder. »Diese Schuhe sind mir nämlich zu klein, und sie drücken höllisch!«
    Sie schauten beide auf die Schuhe hinunter. Abgesehen davon, dass sie die falsche Größe hatten, sah das Leder auch noch extrem hart und steif aus. »Zieh sie doch einfach aus«, schlug Grace vor, die Erfahrung mit hunderten von Paaren unbequemer Schuhe hatte.
    »In einem Pub?«
    »Warum nicht? Es guckt doch keiner.«
    Und das stimmte. Die männlichen Frühschopper hatten registriert, dass sie nicht mehr allein war, und das Interesse verloren.
    Adam streifte
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