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Kleine Morde für Zwischendurch #1 (German Edition)

Kleine Morde für Zwischendurch #1 (German Edition)

Titel: Kleine Morde für Zwischendurch #1 (German Edition)
Autoren: Gitta Edelmann
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kommt wer!“, warnte ich sie.
    Durch einen dünnen Spalt zwischen den Brettern versuchte ich, hinaus zu schauen. Viel konnte ich nicht sehen. Ein junger Mann von hinten. Jeans, schwarze Lederjacke, lange dunkle Haare. Ich kannte ihn nicht.
    Sunset legte wieder eine Pause ein. Ich hörte Johnnys Schritte. Er kam alleine. Wahrscheinlich saßen seine Kumpels beim Bier an der Theke.
    „Johnny Blue?“, fragte der Fremde. Es kam mir ein bisschen cowboyhaft vor und ich unterdrückte ein Kichern.
    „Was willst du hier?“, fragte Johnny. Er schien den Jungen zu kennen - und nicht gerade zu mögen.
    „Du machst am Sonntag nicht beim Talentschuppen mit!“
    Johnny lachte.
    „Willst du mir das etwa verbieten? Nee. Und weißt du was – ich hab sogar vor, den Plattenvertrag zu gewinnen!“
    „Du ziehst deine Anmeldung zurück!“
    „Wie kommst du darauf?“
    „Du machst nicht mit!“
    „Und wie willst du mich daran hindern?“
    Jetzt schien Johnny echt sauer.
    „Ganz einfach“, sagte der Fremde, und ich sah wie ein Messer in seiner Hand aufschnappte.
    „Du bist ja verrückt“, sagte Johnny, drehte sich um, und wandte sich Richtung Bühne. Ich biss mir in die geballte Faust, als der Fremde ihm folgte. Ich konnte nichts mehr sehen, hörte nur das Stöhnen und Ächzen eines Kampfes. „Joe!“, schrie Johnny, doch die Jungs von der Band waren noch nicht zurück. Plötzlich war alles still. War der Fremde weg? Nein, jetzt sang er, ausgerechnet Angie . Er hatte eine ganz gute Stimme, nur beim zweiten ‚Angie’ kiekste sie am Ende ganz komisch weg.
    Schritte entfernten sich, ich hörte die Hintertür schlagen. Wo war Johnny? Ich spürte wie Biggi sich an mich klammerte. Vorsichtig öffneten wir die Tür. Johnny lag zusammengekrümmt in einer Blutlache am Boden. Ich wusste, er war tot. Ich spürte die tiefe Leere in mir.
    Ich wollte zu ihm, doch Biggi zog mich weg. Wie gehetzte Hasen rannten wir zu ihr nach Hause und verbarrikadierten uns in ihrem Zimmer. Biggi heulte die ganze Zeit, aber ich saß nur einfach da und dachte daran, dass ich Johnny morgen nicht sehen würde. Und übermorgen auch nicht und überhaupt nie wieder. Nie würde er seinen Song für mich singen. Thank you for being here with me, angel Angela . Mein Smiley hatte ihm kein Glück gebracht.
    Ich weiß nicht, wie ich die nächsten Tage überstand. Zu seiner Beerdigung fuhr ich die zehn Kilometer allein mit dem Fahrrad. Biggi wollte nicht mit. Wir hatten uns mehrmals furchtbar gestritten, weil ich zur Polizei wollte, um von dem Fremden zu erzählen. Sie hatte panische Angst vor Ihren Eltern. Natürlich hätten wir Schwierigkeiten bekommen. Aber vielleicht hätte man dann den Mörder gefunden.
    Joe drückte kurz meine Hand, als wir am Grab standen. „Gut, dass ihr Mädchen nicht mehr da wart, als der Mörder kam. Sonst wäre euch am Ende auch noch was passiert.“
    Ich sagte nichts.
    Und ich sprach nie wieder über Johnny. Mit wem auch? Ich hörte nur wieder und immer wieder die Songs, die er gesungen hatte. Biggi hatte eine andere Art, mit dem furchtbaren Erlebnis umzugehen. Sie wechselte fluchtartig auf ein weit entferntes Internat, und unser Kontakt riss ab.
    Irgendwann schaffte ich es, die Erinnerungen zu verdrängen. Ich trage immer noch Schwarz und ich höre immer noch gerne Lieder wie Lady in Black oder Angie . Aber das fällt in meiner Generation nicht auf. Manchmal lachen meine Kinder ein bisschen, wenn mir ein Song Tränen in die Augen treibt, aber sie machen kein Aufhebens davon. Denn andererseits bin ich auch noch mit 44 Jahren offen für ihren Musikgeschmack.

    *

    „...auf eine 30jährige Musikerkarriere zurückblicken“, höre ich Thomas Gottschalk sagen, als ich mit Cola und Chips ins Wohnzimmer komme. Er kündigt Tom Houseman an, der im letzten Jahr ein spektakuläres Comeback feierte.
    „Deine Generation“, flüstert mein Kleiner, der auch schon im Teenageralter ist. Stimmt. Ich lasse mich neben meiner Großen auf der Couch nieder und greife in die Chipsschüssel.
    „Tom, du machst seit 30 Jahren Rockmusik“, tönt es aus dem Fernseher. Dann zeigt die Kamera Tom Houseman. Natürlich in seiner ewigen schwarzen Lederjacke. Grau ist er geworden
    „Wir werden alle älter“, kommentiert mein Mann. Ich habe Tom Houseman irgendwie nie gemocht und gönne ihm jede Falte.
    „Ja, vor 30 Jahren hab ich eine Schulband gegründet. Aber richtig ging es eigentlich erst los, als ich 1976 beim Talentschuppen einen Plattenvertrag gewonnen
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