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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters
Autoren: Karl Brunner
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wieder zusammen, wenn er merkt, dass ihm hohe Damen zusehen.
    Tristan hat bei Gottfried von Straßburg († um 1215) schönes Haar, das er als Knabe hinter die Ohren zurückstreicht (2848f.). Erhat einen wohlgeratenen Körper, mit rotem Mund, heller, rosenfarbener Haut, klaren, ja brennenden Augen, das Haar ist
brûnreideloht
und
gecrûspet
(3336f.), braun und gelockt, die Arme und Hände sind wohlgeformt, an seinen Füßen und Beinen zeigt sich seine Schönheit am allerbesten (3341f.). Die Damen am irischen Hof, unter ihnen Isolde, müssen zugeben:
zewâre, dirre man der ist ein menlîch crêatiure
(10854f.) : tatsächlich, dieser Mann ist ein überaus männliches Geschöpf.
    Vermutlich waren die meisten jüngeren Männer rasiert, mit einem Bärtchen je nach Mode. Rasiermesser waren allerdings teuer, und der Gang zum Barbier war auch nicht umsonst. Ein würdiger Vollbart zeichnet in der Regel erst das Alter aus; er ist ohnehin unpraktisch unter dem Helm. Adelige trugen die Haare lang, Bauern sollten eher kurz geschoren sein. Auch Geistliche sollten sich in der Regel rasieren, mit Ausnahme der
fratres barbati,
der bärtigen Laienbrüder. Die Mönche hatten eine Tonsur, eine mehr oder weniger große kahlgeschorene Stelle am Kopf.
Kleidung
    Zum sozial bedeutsamen Spiel mit dem Körper gehört in der Regel auch die Kleidung, zumindest bei den Schichten, die es sich leisten konnten. Details waren der Mode unterworfen wie zu allen Zeiten; auf sie kann hier nicht ausführlich eingegangen werden. Das hervorstechendste Merkmal der Kleidung der Oberschicht ist einfach, dass sie extrem teuer ist. Der Wohlstand der Trägerinnen und Träger zeigt sich nicht nur in der Wahl der Stoffe, sondern auch an den damals sehr kostspieligen Farben. Bei den bildlichen Darstellungen ist allerdings zu beachten, dass die Farben Symbolwert haben, aber auch künstlerischen Gestaltungsprinzipien unterworfen sein können.
    Als Untergewand tragen feine Leute ein Leinenhemd. Die Herstellung ist so mühsam, dass eine Bauersfrau nur eines im Jahr als Abgabe, als Steuer zu liefern hat. Oft schaut es unter der Oberkleidunghervor, um zu zeigen, dass man sich so etwas leisten kann. Ganz besonderer Luxus war ein Hemd aus Seide, das aber wohl meist nur in der Dichtung vorkommt.
    Hemden aus Wolle kratzen spätestens nach mehrmaligem Waschen auf der Haut. Darum benutzt die angeberische Figur Trimalchio im Roman des Petronius Arbiter (1. Jh.) die Handtücher nur einmal. Die Äbtissin Héloise (Näheres zu ihr S. 120) beschwert sich über die Vorschrift für Nonnen, als Büßerinnen wollene Hemden tragen zu müssen. Sie seien sie für Frauen während der Menstruation besonders unpraktisch.
    Nur mit einem Hemd und ohne standesgemäße (Ober-)Kleidung galt man als «nackt». Wir wissen daher nicht, ob die Menschen, wie es aus manchen Quellen hervorzugehen scheint, im Mittelalter wirklich ganz entkleidet geschlafen haben, und ich bezweifle es. So ist es auch für den heiligen Franz von Assisi überliefert, er sei nackt gewesen, als er sein Rittergewand dem Vater zurückgegeben hatte; sein Hemd wird er dabei wohl getragen haben. Als er dann vom Bischof mit dessen Stola bekleidet wurde, trat er in eine Art geistlichen Stand ein. Wenn eine Dame jemanden noch privat empfangen wollte und ihre Standeskleidung schon abgelegt hatte, warf sie einen Mantel über.
    Von einem Höschen ist in keiner Quelle die Rede, Monatsbinden kommen schon in der Bibel vor, aber darüber schreibt man im Mittelalter kaum. Der Herr hat einen
bruoch,
eine – je nach Zeit und Mode – mehr oder minder knappe Unterhose, die manchmal auch in Badeszenen abgebildet ist. Mönche führen Streit über ihre Verwendung, weil die Regel des heiligen Benedikt so etwas nicht nennt.
    Eine Stützung der Brust durch Binden wird in der spätmittelalterlichen Literatur als besondere Eitelkeit gegeißelt: Junge Damen brauchen so etwas nicht. Die Oberkleidung ist meist anliegend gestaltet und oft weit ausgeschnitten. Auch seriöse Dichter berichten mit Freude über den verstohlenen Blick auf die hübschen
epfel
aus dem Paradies. Dafür sind die Frauenkleider zumeistbodenlang, während der adlige Herr möglichst viel Bein zeigen sollte, in teuren, bunt gefärbten Strümpfen.
    Darüber konnten Männer eine Art Tunika tragen, mit Ärmeln und eventuell Kapuze, Hosen, bei denen es sich oft um Beinlinge aus zwei Teilen handelte, unterwegs eine Joppe mit Ärmeln und möglichst aufwändiges Schuhwerk. Wichtig war für
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