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Kleider machen Bräute

Kleider machen Bräute

Titel: Kleider machen Bräute
Autoren: Lucy Hepburn
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Stuhl zurück und schloss die Augen.
    »Noch heute Nacht.«
    Molly verspürte einen Stich in der Herzgegend. Es war so heftig, dass sie sich fragte, ob ihr jemand ein Messer hineingestoßen hatte.
    »Mein Flug geht um Mitternacht vom Charles de Gaulle«, sagte er, und die Heiserkeit war in seine Stimme zurückgekehrt. »Hughie hat mir ein Zimmer organisiert.«
    Einen Moment lang hätte Molly schwören können, Reggie habe ihr gerade erzählt, er werde noch diese Nacht nach Los Angeles aufbrechen. Er würde ihr keinen Antrag machen und auch nicht zu Caitlins Hochzeit gehen. Caitlins Hochzeit! Die Tischordnung! Caitlin würde …
    »Möchten Sie jetzt bestellen?« Wie aus dem Nichts war der Oberkellner wieder aufgetaucht.
    »Nein!«, erwiderten sie im Chor.
    »Danke«, fügte Molly hinzu, als der Kellner auf dem Absatz kehrtmachte, vermutlich, um seine Irritation zu verbergen, und davonstolzierte.
    »Es tut mir so leid, Molly«, sagte Reggie und umklammerte ihre Hände.
    »Was ist mit der Hochzeit?«, war alles, woran sie denken konnte. Sie zog ihre Hände weg.
    »Ich kann da nicht hin«, murmelte er.
    »Was?«, schrie Molly. »Caitlin wird ausflippen! Sie hat Platzkarten mit Goldprägung! Vierhundertachtzig Stück, und deine steht auf dem Tisch mit dem Brautpaar!«
    »Es ist alles so schnell gegangen«, stotterte Reggie her um. »Es hat nicht den richtigen Zeitpunkt gegeben, es dir zu sagen. Ich wusste, dass ich nicht mit dir zu der Hochzeit gehen kann, aber ich dachte, ich könnte wenigstens … das hier …« Er breitete die Arme aus, als wolle er das Restaurant, ihre Beziehung und ganz Paris auf einen Streich umfassen.
    »Für … wie lange?«, stammelte Molly. Allmählich sickerte es in ihr Bewusstsein. Reggie würde sie tatsächlich verlassen, um einen Job in L. A. anzunehmen. Und er ließ sie in Paris zurück …
    Reggie seufzte und streckte sich. Dann beugte er sich vor und ergriff wieder Mollys Hände. Seine Finger waren klamm.
    »Genau das ist es ja, Mol.«
    »Es gibt noch etwas?«
    Er nickte und fuhr mit gequälter Stimme fort. »Ich muss diese Chance ergreifen, und es ist endgültig. Ich werde mir einen Agenten suchen und mir da drüben einen Namen machen.«
    Molly konnte es einfach nicht glauben.
    »Ich bin neunundzwanzig, und ich werde nicht jünger.«
    Dieses Gespräch wurde immer unwirklicher.
    »Wenn ich sowieso schon mal da drüben bin, werde ich mir ein Netzwerk aufbauen und dafür sorgen, dass meine Arbeiten gezeigt werden. Ich werde eine Arbeitserlaubnis beantragen …«
    »Wie lange, Reggie?«, wiederholte Molly. Ihre Stimme klang sonderbar fremd.
    »Ich weiß es nicht.« Reggie zuckte mit den Schultern. »So lange, wie es eben dauert.«
    Sie lächelte ihn an und wunderte sich, dass sie so ruhig blieb. Vermutlich stand sie unter Schock. »Mannomann! Du verlässt mich also. Du trennst dich von mir.«
    »Es tut mir leid, Mol, aber du und ich, wir brauchen mal etwas Abstand …«
    »Du trennst dich von mir«, wiederholte sie.
    Sein Schweigen sagte alles. Molly ließ die Schultern hängen und lehnte sich zurück. Sie versuchte zu verarbeiten, was er gerade gesagt hatte, und wartete darauf, in hemmungsloses Schluchzen auszubrechen oder einen hysterischen Anfall zu bekommen. Vielleicht sollte sie einfach aufstehen und ihm Schimpfworte an den Kopf werfen. Oder würde sie jeden Moment ohnmächtig werden?
    Wie sich herausstellte, geschah nichts davon.
    »Mir ist klar, dass ich dir früher davon hätte erzählen müssen«, murmelte Reggie.
    Molly stieß ein verächtliches Lachen aus. »Das ist die Untertreibung des Jahres.«
    »Aber in letzter Zeit lief es mit uns auch nicht mehr so prima, stimmt doch, oder?« Er sah ihr fragend in die Augen, ganz offensichtlich wollte er, dass sie ihm zustimmte und sein Verhalten absegnete. »Zwischen uns ist es nicht mehr so wie am Anfang. Ich meine, du bist ein tolles Mädchen und alles …«
    »Das ist dir also nicht entgangen.« Molly wusste nicht, wo dieser sarkastische Tonfall plötzlich herkam. Aber sie hatte auch keine Ahnung, ob sie wütend oder verzweifelt sein sollte.
    »Natürlich ist mir das nicht entgangen!«, erwiderte er. »Aber wir wollen unterschiedliche Dinge vom Leben … und das an unterschiedlichen Orten.«
    Zwischen Los Angeles und Yorkshire zu pendeln war kein Pappenstiel, das stand mal fest. Plötzlich beschäftigte sich Molly mit der albernen Frage, was er nun mit dem Ring anfangen würde. Es dauerte ein bisschen, bis ihr dämmerte, dass es gar
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