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Kleider machen Bräute

Kleider machen Bräute

Titel: Kleider machen Bräute
Autoren: Lucy Hepburn
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Geigenspielers ausweichen, der den Liebespaaren ein Ständchen brachte. Dabei stolperte sie, stürzte zu Boden und zerriss sich den Saum ihres Kleids.
    »Argh!«
    Das weiche Gras zwischen Gehweg und Straße dämpfte zum Glück ihren Fall. Es wäre typisch für sie, wenn sie sich in dieser Nacht der Nächte auch noch den Kopf aufgeschlagen hätte.
    »Mademoiselle!«
    Der Geiger und mehrere Passanten kamen herbeigeeilt.
    Sie halfen ihr so behutsam und freundlich auf, dass Molly zu weinen begann. »Tut mir leid, alles in Ordnung, merci beaucoup, vielen Dank …«
    Verlegen und voller Grashalme versicherte sie den freundlichen Parisern, dass sie unverletzt sei, und ließ sich auf eine Bank ganz in der Nähe fallen. Schluchzend untersuchte sie den Schaden. Sie dachte daran, wie sie das Kleid an diesem Abend angezogen hatte, den Rock glattgestrichen und sich gefragt hatte, ob es in Tulpenform vielleicht noch besser aussähe als bauschig. Wie es aussah, war der gerissene Saum leicht zu reparieren. Schön, jetzt hatte sie die perfekte Entschuldigung, es umzuschneidern. Obwohl sie sich im Moment nicht vorstellen konnte, es jemals wieder auch nur anzusehen. Ihr Trennungskleid.
    Molly wischte sich die Tränen von den Wangen und sah sich um.
    Sie wollte nicht mehr rennen.
    Zur Metrostation ging es da lang. Zur ihrem einsamen Apartment in die andere Richtung. Molly blickte über die Schulter und entdeckte in einem abgedunkelten Schaufenster ihr Spiegelbild. Sie runzelte die Stirn.
    Mir wird nicht das Herz brechen.
    Ich bin traurig. Ich bin allein.
    Aber mein Herz ist nicht gebrochen, nur … ein bisschen zerrissen, so wie mein Kleid.
    Und diese Dinge kann man flicken, oder?
    Ohne sich bewusst dazu entschieden zu haben, befand sie sich plötzlich auf dem Rückweg zu ihrem Apartment. Sie hielt den zerfetzten Saum von den Schuhen fern und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Noch vor einer Stunde hatte sie gedacht, sie würde sich verloben, und jetzt kam es ihr so vor, als wäre dies der Traum einer anderen jungen Frau gewesen.
    Stattdessen hatte Reggie den Wirt auf spektakuläre Weise um die Zeche geprellt, und sie war allein und nicht verlobt. Sie hatte nicht einmal mehr einen Freund.
    Seltsam, dachte sie. »Ich bin frei.« Was fange ich jetzt damit an?
    Sie hatte absolut keine Vorstellung, abgesehen davon, in ihr Apartment zurückzukehren und hemmungslos zu wei nen. Und danach? Nun, sie würde erhobenen Hauptes dastehen und alleine zu Caitlins Hochzeit gehen müssen, sich für ihre Schwester bemühen, fröhlich zu sein. Und da nach? Ihr Leben allein weiterleben. Denn Reggie war weg.
    Sie musste ins Apartment zurück. Sie würde sich auf das große Bett werfen und hoffen, dass das Karussell in ihrem Kopf endlich aufhörte, sich zu drehen. Und dann mit ein bisschen Glück zehn Stunden schlafen.
    Sie dachte an den letzten zärtlichen Kuss. In diesem Moment klingelte ihr Handy und sie wäre vor Schreck beinahe ohnmächtig geworden.
    Reggie! Ihm war klar geworden, dass er einen Riesenfehler begangen hatte, er suchte verzweifelt nach ihr und wollte alles rückgängig machen.
    Hektisch wühlte sie in ihrer Handtasche. Ihre Finger waren so unbeholfen, als hätten sie sich allesamt in Dau men verwandelt. Endlich fand sie das Handy, zog es heraus und …
    … er war es nicht.
    Stattdessen leuchteten ihr Caitlins Name und ihr bescheuert grinsendes Gesicht entgegen. Molly dachte, ihr würde das Herz stehenbleiben. Sie holte tief Luft, um sich darauf vorzubereiten, den Anruf entgegenzunehmen. Es war heute bereits der vierte. Zweifellos gab es irgendeine Krise, weil die Rosen nicht die richtige Farbnuance hatten oder auf den Fotos die Sonne in die falsche Richtung schien.
    Wenn sie das mit Reggie erzählte, würde Caitlin sofort in Tränen ausbrechen.
    Seufzend meldete sie sich. »Hallo, Cait, wie läuft’s denn so?« Molly war überrascht, wie normal ihre Stimme klang. Das war ein vielversprechender Anfang. »Hör mal, ich muss dir was sagen …«
    »Molliiii!«, heulte ihre Schwester so laut los, dass Molly das Telefon ein Stück vom Ohr weghalten musste.
    »Brr!«, rief Molly und zuckte zusammen. »Bist du betrunken?«
    »Molliiii, alles läuft schief!«
    Zu ihrem Entsetzen erkannte Molly, dass Caitlin keineswegs betrunken war, sondern hysterisch weinte.
    »Cait … was um Himmels willen ist denn passiert?«
    »Alles läuft schief! Der schlimmste Albtraum ist wahr geworden! Ich kann es nicht ertragen!«
    Caitlins Schluchzen wurde schwächer.
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