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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff
Autoren: Irvine Welsh
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verführerischen Gerüche aus der Kantine, dass Freitag war, und da war die große Kalorienschlacht zu berücksichtigen. Freitags gaben sie sich immer besondere Mühe, weil man sich da eher verleiten ließ, zum Mittagessen in den Pub zu gehen, was hohe Produktivität und den letzten Nachmittag vor dem Wochenende zu schlechten Bettgenossen machte.
    Duncan stellte die Maschine ab. Elvis Aaron Presley. Der King. Klare Sache. Die Platte. Er guckte wieder auf seine Uhr und entschloss sich, direkt im Overall zu gehen. Ungeduldig auf die Uhr tippend rannte er los, um den Bus vor dem Fabriktor zu erwischen. Duncan hatte mit der Geschäftsführung Spinde ausgehandelt, damit die Arbeiter in »Zivil« kommen und sich in der Fabrik umziehen konnten. In der Praxis machten sich nur wenige die Mühe (das galt auch für ihn), außer, man wollte freitags direkt nach der Arbeit in die Stadt. Duncan setzte sich hinten ins Oberdeck des Busses, holte Luft, zündete sich eine Regal an und malte sich aus, wie er The Wonder of You am Abend mit Maria im Tartan Club auflegen würde, wenn er die Single bekam. Das Schnurren des Motors schien seine eigene Zufriedenheit wiederzugeben, während er es sich im warmen Mief gemütlich machte.
    Aye, es zeichnete sich ein gelungenes Wochenende ab. Killie spielte morgen in Dunfermline, und Tommy McLean war wieder fit. Der Kleine Mann würde die Pässe schlagen, auf die Eddie Morrison und Mathie, dieser Neuzugang, angewiesen waren. Mathie und der andere Junge, McSherry hieß der, machten beide einen viel versprechenden Eindruck, und Duncan war schon immer gerne zu Dunfermline gegangen, das für ihn das Ostküstenpendant zu Kilmarnock war. Beide Teams kamen aus kleinen Bergbaustädten, hatten in den letzten zehn Jahren Furore gemacht und waren gegen einige europäische Spitzenmannschaften angetreten.
    – Die Scheißbusse sind totaler Mist, rief ein alter Mann mit Hut, der eine Capstan qualmte, zu ihm rüber und riss ihn so aus seinen Gedanken, – fümunzwanzig Minuten hab ich gewartet. Hätten nie die Straßenbahnen abschaffen dürfen.
    – Aye, ganz genau, grinste Duncan und ließ sich wieder entspannt in seine Vorfreude aufs Wochenende zurücksinken.
    – Nie die Straßenbahnen abschaffen dürfen, sagte der alte Knabe nochmal vor sich hin.
    Seit er nach Edinburgh ins Exil gegangen war, teilte Duncan seine Samstagnachmittage im Allgemeinen zwischen Easter Road und Tynecastle auf. Letzteres hatte er immer vorgezogen, nicht weil es besser zu erreichen war, sondern weil es immer die Erinnerung an den großen Tag 1964 wachrief, als die Hearts am letzten Spieltag der Saison zu Hause nur ein Unentschieden gegen Killie brauchten, um Meister zu werden. Sie hätten sogar null zu eins verlieren dürfen. Kilmarnock musste mit zwei Toren Vorsprung gewinnen, um zum ersten Mal in seiner Geschichte Meister zu werden. Niemand außerhalb von Ayrshire hatte ihnen eine echte Chance eingeräumt, doch als Bobby Ferguson so grandios vor Alan Gordon rettete, hatte Duncan gewusst, dass es ihr großer Tag werden würde. Und als er, nachdem sie gewonnen hatten, auf eine dreitägige Sauftour ging, hatte Maria sich nicht beklagt.
    Sie hatten sich gerade erst verlobt, darum war es eigentlich nicht richtig von ihm, aber sie hatte es gut weggesteckt. Und das war das Phänomenale an ihr, sie verstand das, sie wusste, ohne dass er es ihr sagen musste, was es ihm bedeutete, wusste, dass er keiner war, der so was ausnutzte.
    The Wonder of You . Duncan dachte an Maria, was für eine magische Fügung es war, was für ein Glückspilz er war, dass er sie gefunden hatte. Wie er ihr den Song heute Abend vorspielen würde, ihr und dem Kleinen. Als er an der Junction Street ausstieg, musste Duncan daran denken, wie sehr sich in seinem Leben immer schon alles um die Musik gedreht hatte, wie er sich jedesmal wie ein kleines Kind darauf freute, eine neue Platte zu kaufen. Es war jede Woche wie Weihnachten. Diese gespannte Erwartung; man wusste nie, ob das, was man wollte, auch da war oder ausverkauft oder so. Manchmal musste er sogar am Samstagmorgen zu Bandparts, um es zu bekommen. Auf dem Weg zu Ards Plattenladen schnürte es ihm die Kehle zu, und sein Herz pochte bis zum Hals. Er zog die Tür auf, trat ein und steuerte auf die Ladentheke zu. Big Liz war da, dick angemalt und mit einer hochtoupierten Betonfrisur auf dem Kopf, und ihre Miene hellte sich auf, als sie ihn erkannte. Sie hielt ein Exemplar von The Wonder of You hoch. – Dachte, du
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