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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff
Autoren: Irvine Welsh
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zwei müsst ihr unter die Arme greifen. Terry, ich will nichts mehr von diesem Quatsch hören, dass du in der Schule flennst. Das ist was für blöde kleine Mädchen, sagte er seinem Sohn, ballte eine Faust und drückte sie dem Jungen unters Kinn.
    Dann kramte Henry in seinen Hosentaschen und holte ein paar Zwei-Schilling-Münzen heraus. Eine davon drückte er Yvonne in die Hand und sah, dass ihr Gesichtsausdruck neutral blieb, während sich die Augen des Jungen in wilder Erwartung weiteten.
    – Denk dran, was ich gesagt hab, lächelte Henry seinen Sohn an, bevor er ihn genauso bedachte.
    – Kommst du uns manchmal besuchen, Dad? fragte Terry, die Augen auf das Silber in seiner Hand geheftet.
    – Na klar, Sohn! Wir gehen zum Fußball. Gucken uns die Jam Tarts an! Das weckte Terrys Lebensgeister. Er strahlte seinen Dad an und guckte dann wieder auf die Zwei-Schilling-Münze.
    Alice stellt sich ja komisch an, dachte Henry, während er für den baldigen Aufbruch seine Krawatte zurechtrückte. Sie saß einfach so da, ganz krumm. Na ja, er hatte seinen Teil gesagt und ihr jede nötige Zusicherung gegeben. Er würde vorbeikommen, um nach den Kindern zu sehen, mit ihnen was unternehmen, ihnen einen Shake in der Milchbar spendieren. Das hatten sie gern. Oder Fritten bei Brattisanni. Aber es würde nicht viel bringen, noch länger mit Alice zu reden. Das würde sie nur gegen ihn aufbringen, und das wär nicht gut für die Kinder. Am besten, er verzog sich still und leise.
    Henry schlängelte sich an den Tischen vorbei. Er fixierte erneut die alten Fotzen. Sie erwiderten seinen Blick voller Verachtung. Henry schlenderte an ihren Tisch. Er tippte sich an die Nase und sagte mit gut gelaunt klingender Kälte: – Steckt die nicht in anderer Leute Angelegenheiten, oder ich brech sie euch, kapiert?
    Seine Unverfrorenheit verschlug dem alten Pärchen die Sprache. Henry starrte ihnen noch für eine Sekunde in die Augen, setzte ein breites Lächeln auf und ging dann durch die Hoftür in den Pub, ohne sich noch einmal nach Alice oder den Kindern umzusehen.
    Am besten kein großes Aufsehen erregen.
    – Verdammte Unverschämtheit, brüllte Davie Girvan, stand auf und machte Anstalten, Henry zu folgen. Seine Frau Nessie hielt ihn zurück. – Setz dich hin, Davie, gibt dich nich mit so was ab. Das sind doch Asoziale.
    Davie setzte sich zögernd wieder hin. Er hatte zwar keine Angst vor dem Kerl, aber er wollte vor Nessie keine Szene machen.
    Auf seinem Weg zur Vordertür des Pubs nickte Henry ein paar Leuten zu und grüßte. Der alte Doyle war da, zusammen mit einem seiner Jungen, das musste Duke sein, und einem anderen Bekloppten. Was für ein Verbrecherclan; der Alte, glatzköpfig, fett und gestört wie ein psychotischer Buddha, Duke Doyle mit seinem dünnen, allmählich spärlicher werdenden Haar, immer noch zur Tolle toupiert wie bei einem Teddyboy, den verfärbten Zähnen und den klobigen Ringen an den Fingern. Er nickte Henry, als der vorbeiging, langsam und hinterfotzig zu. Aye, dachte Henry, hier draußen ist die Bande gut aufgehoben; Pech für die Siedlung, Glück für die Stadt. Die Ehrfurcht der anderen Trinker vor den Männern an jenem Tisch hing schwer in der Luft, denn dort wechselte bei einer beiläufigen Partie Domino mehr Geld den Besitzer, als die anderen im Monat auf den umliegenden Baustellen oder in den Fabriken verdienten. Seitdem sie hier rausgezogen waren, war Henry Stammgast in diesem Pub gewesen. Nicht der nächste, aber seine erste Wahl. Hier kriegte man ein ordentliches Pint Tartan Special. Aber das heute würde für lange Zeit sein letzter Besuch sein. Richtig gefallen hatte es ihm in der Gegend sowieso nie, dachte er, als er durch die Tür trat; mitten im Nirgendwo, nein, hier würd er nicht mehr herkommen.
    Draußen hinterm Pub fielen Nessie Girvan die gestrigen Fernsehbilder von der Hungersnot in Biafra wieder ein. Die armen Seelen, es brach einem das Herz. Und dann dieser Abschaum eben, von dem gab es mehr als genug. Sie konnte nicht begreifen, warum manche Menschen sich Kinder anschafften. – So ein Dreckskerl, sagte sie zu ihrem Davie.
    Davie wünschte sich, er hätte schneller reagiert und wäre dem Mistkerl in den Pub gefolgt. Klar, der Typ war ein echter Ganove gewesen, dunkler Teint und harte, verschlagene Augen. Davie hatte es schon mit viel schwereren Kalibern aufgenommen, aber das war ein paar Jahre her. – Wenn unser Phil oder unser Alfie hier gewesen wären, hätt er das Maul nicht so weit
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