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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff
Autoren: Irvine Welsh
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suchst vielleicht die hier, Duncan, sagte sie und flüsterte dann: – Hab ich für dich zurückgelegt.
    – Klasse, Liz, du bist ein Genie, grinste er und rückte nur zu gerne seine Zehn-Shilling-Note raus.
    – Dafür musst du mir mal einen ausgeben, sagte sie und zog ihre Augenbrauen hoch, was den ernst gemeinten Hintergrund ihrer neckischen Bemerkung unterstrich.
    Duncan zwang sich zu einem unverbindlichen Lächeln.
    – Wenn es ne Nummer eins wird, antwortete er und versuchte, nicht so irritiert zu klingen, wie ihm zumute war. Es hieß ja, dass sie einem erst recht nachrannten, wenn man verheiratet war, und das stimmte, fand er. Vielleicht fiel es einem auch bloß mehr auf.
    Liz lachte viel zu enthusiastisch über die leichtfertige Antwort, worauf Duncan es noch viel eiliger hatte, den Laden zu verlassen. Als er schon an der Tür war, hörte er sie sagen: – Ich werd dich an den Drink erinnern!
    Duncan fühlte sich noch ein paar Minuten unwohl. Er dachte an Liz, aber schon jetzt, kaum aus dem Plattenladen raus, wusste er schon nicht mehr, wie sie aussah. Jetzt hatte er nur noch Maria im Sinn.
    Aber er hatte die Platte bekommen. Das war ein gutes Omen. Killie würde bestimmt gewinnen, obwohl man wegen dieser Stromsperren nicht wusste, wie lange noch Fußball gespielt werden würde, weil es mittlerweile früher dunkel wurde. Aber das war ein Preis, den man gerne dafür zahlte, diesen Drecksack Heath und die Tories losgeworden zu sein. Es war grandios, dass sie die Arbeiter nicht länger verarschen konnten.
    Fest entschlossen, dass er mal nicht wie sein Vater in die Zeche sollte, hatten seine Eltern Opfer gebracht. Sie hatten darauf bestanden, dass er eine Lehre machte, ein Handwerk lernte. Daher war Duncan zu einer Tante nach Glasgow geschickt worden, solange er in einer Fabrik in Kinning Park in der Lehre war.
    Glasgow war verdammt groß, grell, hektisch und gewalttätig für seine Kleinstädterbegriffe, aber er war umgänglich und in der Fabrik beliebt. Sein bester Kumpel auf der Arbeit war ein Kerl namens Matt Muir aus Govan, fanatischer Rangers-Anhänger und Kommunist mit Parteibuch. Alle in der Fabrik waren Fans der Rangers, und als Sozialist war er sich peinlich bewusst, dass er, genau wie seine Arbeitskollegen auch, die Lehrstelle nur dank der Freimaurerverbindungen seiner Familie bekommen hatte. Sein eigener Vater sah keinen Widerspruch zwischen Freimaurertum und Sozialismus, und viele aus der Werkshalle, die regelmäßig ins Ibrox-Stadion gingen, waren aktive Sozialisten oder wie Matt sogar Mitglieder der Kommunistischen Partei. – Die Ersten, die es treffen würde, wären die Fotzen aus dem Vatikan, pflegte er begeistert zu sagen, – die Wichser werden alle an die Wand gestellt.
    Matt steckte Duncan alles, worauf es ankam: wie man sich anzog, in welche Tanzschuppen man ging, welche der Jungs die mit den Rasiermessern und (besonders wichtig) wer ihre Freundinnen waren, mit denen man besser nicht tanzte. Und dann hatten sie mit ein paar von den Jungs den Abstecher nach Edinburgh gemacht, wo er in einem Tanzschuppen in Tollcross das Mädchen in dem blauen Kleid gesehen hatte. Jedesmal, wenn er sie ansah, war es, als würde ihm die Luft zum Atmen aus dem Leib gepresst.
    Obwohl Edinburgh einen freundlicheren Eindruck als Glasgow machte und Matt behauptete, Messer oder Rasierklingen seien dort eher die Ausnahme, gab es eine Schlägerei. Ein vierschrötiger Kerl hatte einem anderen Mann eine reingehauen und wollte gerade nachlegen. Duncan und Matt gingen dazwischen und halfen, die Gemüter zu beruhigen. Glücklicherweise gehörte einer der dankbaren Nutznießer ihres Eingreifens zu derselben Gruppe wie das Mädchen, das Duncan schon den ganzen Abend wie gebannt anstarrte, das er aber nicht zum Tanzen aufzufordern gewagt hatte. Er sah Maria noch vor sich, die Form ihrer Wangenknochen und ihre Art, die Augen niederzuschlagen, die sie überheblich wirken ließ, ein Eindruck, der sich schnell zerstreute, wenn man mit ihr sprach.
    Es kam sogar noch besser: Der Junge, mit dem er sich anfreundete, hieß Lenny und war Marias Bruder.
    Maria war eigentlich Katholikin, auch wenn ihr Vater einen unerklärlichen Groll gegen Priester hegte und nicht mehr zur Kirche ging. Seine Frau und seine Kinder waren irgendwann seinem Beispiel gefolgt. Trotzdem machte sich Duncan Sorgen darüber, wie seine eigene Familie auf die Heirat reagieren würde, und fuhr deswegen heim nach Ayrshire, um die Sache zu bereden.
    Duncans Vater war
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