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Kirchweihmord

Kirchweihmord

Titel: Kirchweihmord
Autoren: F Schmöe
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führte sie um das Haus herum in den Garten. Ein Rasenmäher nach Machart eines Traktors stand dekorativ auf dem Rasen herum.
    »Wie wäre es mit einem Mineralwasser?«, fragte er leutselig. Er mochte Mitte fünfzig sein, vielleicht älter. »Meine Frau ist bei unserer Tochter in Kanada zu Besuch, so habe ich sturmfreie Bude«, sagte er und lachte knirschend.
    »Das ist sicher auch mal angenehm«, erwiderte Katinka flach. Gierig griff sie nach dem Wasserglas.
    »Ja, die Hitze ist einfach unglaublich. Aber Sie sind doch mit dem Wagen gekommen?«
    Katinka versuchte Uttenreuthers Trick und ging nicht auf Hellmreichs gönnerhafte Frage ein. Statt dessen sagte sie:
    »Erzählen Sie mir doch etwas über Claudia Herzing. Sie kennen sie ja wohl recht gut, nicht?«
    Sie setzte sich auf den Gartenstuhl, den Hellmreich ihr zurechtrückte und bemerkte sehr deutlich seinen Blick auf ihre Beine. Vielleicht sollte man kurze Röcke als generelle Arbeitskleidung für Detektivinnen propagieren, dachte sie. Hellmreich setzte sich in den anderen Stuhl und goss Katinka Mineralwasser nach.
    »Ich kenne sie seit zehn Jahren, ja, ziemlich genau so lange«, begann er ausführlich und ließ seinen Blick über die gepflegten Beete gleiten. »Sie begann ihr Referendariat bei uns, also am Kaiser-Heinrich-Gymnasium, und ich habe auch deshalb viel mit ihr zu tun gehabt, weil wir beide die gleiche Fächerkombination unterrichten. Englisch und Deutsch.«
    Katinka wartete die nächsten Minuten geduldig ab, betrachtete den Garten. Sie fand ihn geschmackvoll, wenngleich an einigen Stellen protzig genug, um in den Augen seines Eigentümers standesgemäß zu wirken. Endlich kam Hellmreich auf Claudia Herzing zu sprechen.
    »Seit der Geburt des Kleinsten, Oliver, ist sie im Erziehungsurlaub. Selbst eine Frau wie Claudia, tatkräftig, energisch, willensstark, schafft diese Mehrfachbelastung nicht mehr. Schade eigentlich. Wir Kollegen hoffen sehr, dass sie zurückkommt, wenn Oli ein wenig älter ist.«
    »Inwiefern tatkräftig?«, wollte Katinka wissen.
    »Tja, sehen Sie, ich kenne niemanden, keine Frau, die so tüchtig und engagiert ist wie Claudia. Sie setzt sich für alle ein. Seit sie nicht mehr berufstätig ist, gibt sie einigen hoffnungslosen Kindern Nachhilfe in Englisch. Sie können sich nicht vorstellen, was für Kinder von ihren Eltern ans Gymnasium geschickt werden. Die sind nicht zu gebrauchen. Aber was rede ich … ja. Claudia lässt das nicht gelten. Für sie gibt es keine hoffnungslosen Fälle.«
    »Sie ist ein sozialer Typ?«
    »Absolut. Ein Wunder an Energie und Tatendrang. Auch die Feste, die sie organisiert – unvorstellbar. Keine Arbeit ist ihr zu viel.«
    »Feste? Bei sich zu Hause?«
    Hellmreich nickte. »Sie will eben immer noch den Kontakt halten zu uns Kollegen. Ist auch sinnvoll, nicht, Sie wissen ja, wie schwer man sich tun kann, nach einer Pause wieder in die Berufstätigkeit zurückzukehren.«
    Katinka meinte, einen Hauch von Verächtlichkeit wahrzunehmen. Sie fragte sich ernsthaft, wie Hellmreich meinen konnte, dass gerade sie das wusste, aber sie sagte nichts dazu.
    »Claudia Herzing ist verschwunden.«
    Hellmreich kippte die Kinnlade herunter. Er brauchte beinahe eine Minute, um die Sprache wieder zu finden.
    »Verschwunden?«
    »Ja. Sie machte sich am Sonntagabend auf den Weg, wollte einen Spaziergang machen. Sie kam nicht zurück.«
    Hellmreich hustete, griff nach der Wasserkaraffe und schenkte sich nach.
    »Dann ist ihr etwas zugestoßen«, sagte er entschieden. »Claudia ist garantiert nicht die Frau, die Mann und Kinder im Stich lässt.«
    »Wann haben Sie sich zuletzt gesehen?«
    »Kurz nach Beginn der Sommerferien, auf dem Markt in Bamberg. Claudia war mit ihrer Familie einkaufen, ich mit meiner Frau. Wir wechselten drei Worte, das war’s.«
    »Könnten Sie sich vorstellen, dass Frau Herzing einfach abtaucht? Und nach einiger Zeit wieder zurückkommt?«
    »Unmöglich!«
    »Vielleicht wollte sie einfach mal ihre Ruhe haben.«
    »Niemals! Claudia braucht keine Ruhe. Sie will immer aktiv sein, dafür lege ich beide Hände ins Feuer.«
    Katinka bemühte sich um Konzentration. Sie witterte hinter Hellmreichs Worten ein Spötteln, etwas Abfälliges, aber er saß höflich lächelnd auf seinem Stuhl.
     
    Mit einem eigentümlich bitteren Gefühl in der Magengegend kämpfte Katinka sich den ganzen Weg zurück in die Stadt. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Lehrer Hellm-reich eine Spur von Herablassung in seine Worte
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