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Kirchweihmord

Kirchweihmord

Titel: Kirchweihmord
Autoren: F Schmöe
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verschwunden.«
    Britta hörte sich Katinkas Schilderung schweigsend an und malte Schafe auf ihr Notizpapier.
    »Beide Frauen sind nicht identisch, hundertprozentig«, schloss Katinka. »Die Tote ist viel schmaler, hat lange, dunkle Haare.«
    »Die Vermisste«, sagte Britta nachdenklich. »Was ist das für eine?«
    »Britta! Das sind vertrauliche Informationen eines Klienten! Nichts für die Zeitung!«
    »Das weiß ich selbst, Katinka!« Ungeduldig wedelte Britta mit ihrem Stift herum. »Nenn es eine Berufskrankheit: Bei jeder Geschichte, die ich höre, frage ich mich, wie ich sie schreiben würde. So nah am Menschen wie möglich. Emotional, wenn jemand vermisst wird. Du weißt schon. XY, treusorgende Mutter von drei blonden Jungs und talentierte Flugzeugingenieurin, kam von einem Waldspaziergang nicht wieder. Verzweifelter Ehemann als Foto, Unterschrift: Ich vermisse sie unendlich.«
    »Du liegst ziemlich nah dran«, sagte Katinka lächelnd. »Alle beschreiben sie als pflichtbewusst. Sie hinterließ einen Zettel, dass sie ein wenig Freizeit bräuchte. Und kam nicht wieder.«
    »Das klingt für mich nicht einfach nach Spaziergang«, wandte Britta ein. »Es hört sich an wie eine Frau, die die Schnauze voll hat und abhaut, um endlich mal zu leben.«
    Katinka gab Britta im Stillen recht. Womöglich hatte Claudia Herzing vorgehabt, länger wegzubleiben.
    »Aber es ist eigenartig: Ihr Mann behauptet, dass sie sich schon ab und zu mal eine Auszeit genommen hat, aber dann haben die beiden vorher alles abgesprochen.«
    »Die Dinge können sich ändern. Ihr Mann geht fremd. Die Kindern spielen Trotzkopf. Sie hat ein Verhältnis zu einem anderen. Du solltest dir mal die Umgebung ansehen«, schlug Britta vor. »Wo wohnt diese Frau, wie ist die Atmosphäre. Das alles kann dich auf eine Idee bringen. Wie ist der Mann?«
    »Nervös, natürlich.«
    »Nur nervös? Stell dir mal vor, Tom verschwindet. Ungeplant. Bist du dann nervös ?«
    »Eher nicht. Fix und fertig. Könnte nicht schlafen. Wäre halbtot vor Angst.«
    »Eben. Und der Typ? Er ist nur nervös ? Vielleicht hat er sie umgebracht. Der Täter stammt in den allermeisten Fällen aus der unmittelbaren Umgebung des Opfers!«
    Katinka kannte die Statistiken, schließlich hatte sie genug Zeit, sich weiterzubilden. »Wieso sollte er mich dann engagiert haben«, fragte sie lahm.
    Britta fuhr sich durchs Haar. »Also, ich bitte dich! Tarnung und Täuschung, Camouflage, was weiß ich! Für eine Detektivin bist du ganz schön leichtgläubig.«
    Katinka stöhnte.
    »Genau diese Bemerkung habe ich jetzt gebraucht.«
    »War nicht böse gemeint.« Britta grinste. »Könntest du nicht deinem Kommissarsfreund mal meine Telefonnummer geben? Und mir seine?«
    Katinka diktierte Britta die Nummer.
    »Mir kommt viel seltsamer vor, dass alle betonen, wie pflichtbewusst, verantwortungsvoll und sozial engagiert Claudia Herzing ist«, sagte sie dann. »Wieso verschwindet jemand dieser Machart?«
    »Vielleicht wollte sie sich der Verantwortung mal entziehen.«
    Katinka schob ihre leere Kaffeetasse weg. »Ich weiß nicht. Mir kommt das absonderlich vor. Und ihr Kollege, dieser Dietram Zenk, war wirklich übernervös. Entschuldige meine Armut an Vokabeln, aber auf ihn trifft das Wort genau zu.«
    »Und?«
    »Was und!«
    »Welchen Grund hat er, nervös zu sein?«
    »Er weiß etwas, was er nicht sagt. Mir kam es so vor, als sei ihm schlagartig irgendwas klar geworden, ein Zusammenhang zwischen Claudias Verschwinden und einer anderen Sache aufgegangen.«
    Brittas Handy klingelte. Sie führte ein kurzes Gespräch, drückte die Aus-Taste und seufzte.
    »Katinkaschen, ich muss los. Der Bürgerverein Sand ruft. Ab morgen wird’s ernst. Erstmals wird die Sperrzeit verkürzt. Weißt du, was das bedeutet? Die Anwohner freuen sich jedenfalls drauf!«
    Katinka grinste. So hatte sie sich die letzten Augusttage vorgestellt – tägliche Sandkerwa-Nachrichten in der Zeitung, ein nächtliches Bierchen im Sand und ansonsten ein wenig Entspannung vom Partymob im Hainbad. Nun war nicht nur ihr Kirchweihbegleiter Tom verschwunden, sondern auch das Empfinden von Ruhe und Ausgeglichenheit, das zu dieser Jahreszeit einfach dazugehörte. Und ein Fall lag vor ihr, parallel zu einer Leiche, die wiederum nichts mit ihrem Fall zu tun hatte. Ich sollte froh über den Fall sein, dachte Katinka, aber sie konnte das gallige Gefühl nicht loswerden, dass sie ihr Helles auf Kosten tragischer Vorkommnisse trank.
    Nachdenklich
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