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Kirchweihmord

Kirchweihmord

Titel: Kirchweihmord
Autoren: F Schmöe
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kurzärmliges Hemd und Jeans, dazu Turnschuhe. Nach Joints sah er ganz und gar nicht aus. Endlich reagierte er auf Katinkas mehrmalige Aufforderung und sank in einen der beiden Besuchersessel. Katinka nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz.
    Ihr Herz galoppierte. Der Typ könnte ihr vierter Fall werden, seit immerhin beinahe neun Monaten, das machte einen Schnitt von nicht mal einem Auftrag in zwei Monaten. Kein Wunder, wenn ihr Vater lästerte, schließlich besaß er als anerkannter Glamourarchitekt ausreichende finanzielle Reserven, von denen er seiner Tochter gerne abgeben würde – Katinka wehrte sich jedoch vehement dagegen. Sie wischte die surrende Wespe mit den hinterlistigen Bemerkungen über ökonomische Unfähigkeit weg, und konzentrierte sich ganz auf den potentiellen Klienten. Er mochte Mitte dreißig sein, hatte lockiges, braunes Haar, wirkte schüchtern, extrem nervös, im Ganzen sehr sympathisch.
    »Womit kann ich Ihnen helfen?«, fragte Katinka wohl zum dritten Mal, ehe er reagierte.
    »Ich … mein Name ist Johannes Herzing. Meine Frau ist verschwunden.«
    Katinka fühlte den Schreck so heftig in die Glieder fahren, dass sie zusammenzuckte. Die fahrige Bewegung mit ihrem Arm, die beinahe das Telefon heruntergerissen hätte, konnte sie nicht vermeiden. Zum Glück schien Johannes Herzing nichts gemerkt zu haben. Er starrte auf Katinkas Schreibtischplatte.
    »Herr Herzing«, sagte Katinka langsam, ignorierte das feine Tremolo in ihrer Stimme, »würden Sie mir ein paar weitere Informationen geben?«
    »Klar, Entschuldigung.«
    Er griff nach seinem Handy, das in einem Lederetui an seiner Jeans baumelte, warf einen Blick auf das Display und steckte das Telefon wieder ein.
    »Nur, weil die Kinder allein sind«, sagte er rasch und konzentrierte sich dann darauf, die wesentlichen Fakten, die er sich vermutlich zurechtgelegt hatte, abzuspulen.
    »Meine Frau heißt Claudia. Wir wohnen in Scheßlitz, Am Kreuzschleifer, haben drei Kinder. Am Sonntagabend ging sie spazieren, nur so. Sie kam nicht wieder.«
    Katinka lehnte sich zurück. Ihr Herz hämmerte. Mühsam gehorchten ihre Finger dem Befehl, nicht permanent an den Stiften herumzufummeln.
    »Hat Ihre Frau etwas hinterlassen? Eine Nachricht, meine ich, irgendetwas, was auf ihr Verbleiben hinweisen würde?«
    Wie zweideutig und geschwollen ich daherrede, dachte Katinka. Immer krochen in den kompliziertesten Momenten ganze Ameisenkolonnen von Gedanken herbei und lenkten sie ab. Wie ordentlich sein Hemd gebügelt ist. Wer hat das gemacht? Er selbst? Wie alt sind die Kinder? Die Frisur ist auch mehr oder weniger frisch geschnitten.
    »Sie hat einen Zettel hinterlassen. Sie bräuchte ein wenig Freizeit. Also habe ich mir nichts dabei gedacht.«
    »Sie haben sich nichts dabei gedacht?«
    »Sehen Sie, mit drei kleinen Kindern hat man niemals Zeit für sich. Meine Frau leidet sehr darunter. Sie ist schon ab und zu mal ausgeschlitzt, fuhr für ein paar Tage in eine Großstadt zum Shoppen oder zu einer Freundin. Aber sie rief dann regelmäßig an und wir hatten das auch immer vorher verabredet.«
    Katinka seufzte.
    »Hat Ihre Frau … Selbstmordabsichten?«
    Es fiel ihr schwer, direkt zu fragen, aber Herzing ging unerschrocken drauf ein.
    »Nie im Leben. Sie ist aktiv, ein wirklich sozialer Typ, engagiert sich überall, bei ›Amnesty International‹, in einer Theatergruppe, im Chor … Also, die Theatergruppe ist seit einem halben Jahr nicht mehr existent, die Frauen haben es einfach nicht geschafft. Claudia gibt außerdem Nachhilfe in Englisch, sie ist Englischlehrerin, wissen Sie, und sie kennt so viele Leute …«
    »Sie haben gar nichts von ihr gehört?«
    »Sie hat keinmal angerufen. Sie hat kein Handy. Ich habe mich bei der Polizei erkundigt. Es ist schwierig, einen Erwachsenen als vermisst zu melden. Ich habe keine konkreten Anhaltspunkte. Also … ich möchte Ihnen den Auftrag erteilen, meine Frau zu suchen. Zu finden.«
    Katinka erläuterte ihre Bedingungen und den Preis, den sie verlangte. Herzing willigte in alles ein. Er zückte seine Geldbörse und zählte einige Geldscheine auf den Tisch.
    »Es ist wegen der Kinder.«
    »Klar«, sagte Katinka. »Haben Sie ein Foto von Ihrer Frau mit?«
    »Hier.« Er kramte ein Foto aus der Gesäßtasche seiner Jeans. Claudia Herzing mit drei Jungs, alle blond, aufgereiht wie die Orgelpfeifen.
    »Claudia, Oswin, Oldrick und Oliver.«
    Katinka atmete hörbar aus. Immerhin hatte sie Claudia Herzing heute morgen nicht im
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