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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille
Autoren: Sue Grafton
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Ich hatte im Flugzeug nur eine knappe Stunde schlafen können und fühlte mich zerknittert und mißgelaunt.
    Ich holte meinen Mietwagen ab, kaufte eine Straßenkarte und war gegen 5.15 Uhr auf der US 1 Richtung Norden unterwegs. Zwanzig Minuten bis Fort Lauderdale, noch mal fünfzehn bis Boca Raton. Die Morgendämmerung verwandelte den Himmel in ein transparentes Grau, und die Wolken waren aufeinandergestapelt wie Blumenkohlköpfe auf einem Marktstand. Das Land zu beiden Seiten des Highway war flach; weißer Sand kroch bis zum Straßenrand hoch. Seegrasbüschel und Zypressen hoben sich gegen den Horizont ab, und Spanisches Moos hing wie zerrissene Lumpen von den Bäumen. Die Luft war bereits feucht und mild, und die orangefarbenen Streifen der aufgehenden Sonne verkündeten einen heißen Tag. Um Zeit totzuschlagen, hielt ich an einem Imbißstand und aß ein braunes und gelbes Zeug, das ich mit einer Tüte Orangensaft hinunterspülte. Das Ganze schmeckte wie Astronautennahrung.
    Als ich die Siedlung erreichte, in der Elaine Boldt ihre Eigentumswohnung hatte, war es fast sieben Uhr, und die Sprinkleranlage verteilte ihre Wasserstrahlen über dem kurz geschorenen Rasen. Ich sah sechs oder sieben Gebäude aus Gußbeton, von denen jedes drei Stockwerke hoch war. Überdachte Veranden unterstrichen die niedrigen, sauberen Reihen; Hibiskussträucher fügten knallrote und rosafarbene Farbtupfer hinzu. Ich fuhr kreuz und quer durch die Siedlung und kam langsam über die breiten Straßen bis zum Tennisplatz. Jedes Gebäude schien seinen eigenen Swimmingpool zu haben, und es hatten sich bereits Leute auf den Plastikliegen ausgestreckt, um sich zu sonnen. Ich fand die Hausnummer, die ich suchte, und fuhr auf einen kleinen Parkplatz vor dem Haus. Das Apartment des Hausmeisters war im Erdgeschoß, die Eingangstür stand offen. Das Fliegengitter schützte vor einem Angriff der großen Insekten Floridas, die schon warnende Geräusche im Gras machten.
    Ich klopfte an den Aluminiumrahmen.
    »Ich bin direkt vor Ihnen.« Eine Frauenstimme aus peinlicher Nähe.
    Ich legte mir die Hand flach an die Stirn, um die Sonne abzuhalten, damit ich erkennen konnte, mit wem hinter dieser Gittertür ich sprach.
    »Ist Mr. Makowski da?«
    Die Frau auf der anderen Seite schien Gestalt anzunehmen, wobei ich sah, daß sich ihr Gesicht auf der Höhe meiner Knie befand.
    »Moment. Ich habe gerade meine Kniebeugen gemacht, und jetzt kann ich nicht aufstehen. Mein Gott, tut das weh.« Sie zog sich in eine kniende Position, wobei sie sich an einem Stuhl festhielt. »Makowski ist in 208, um die Toilette zu reparieren. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich versuche, Elaine Boldt zu erreichen. Haben Sie eine Ahnung, wo sie sein könnte?«
    »Die Privatdetektivin, die aus Kalifornien angerufen hat?«
    »Ja, das bin ich. Ich dachte, ich sollte mal mit jemandem hier unten reden, um zu sehen, ob ich ihr hier auf die Spur komme. Hat sie eine Nachsendeadresse hinterlassen?«
    »Nee. Ich wollte, ich könnte Ihnen behilflich sein, aber ich weiß nicht viel mehr als Sie. So, kommen Sie herein.« Sie kam schwankend auf die Beine und hielt die Gittertür auf. »Ich bin Charmaine Makowski, beziehungsweise, was von ihr übriggeblieben ist. Treiben Sie Sport?«
    »Na ja, ich jogge, aber das ist fast schon alles«, sagte ich.
    »Gut so. Machen Sie niemals Kniebeugen, wenn ich Ihnen raten darf. Ich mache hundert pro Tag, und es tut jedesmal weh.« Sie war immer noch außer Atem, und ihre Wangen waren von der Anstrengung rosa getönt. Sie war Ende Vierzig und trug einen leuchtendgelben Jogginganzug, unter dem sich ihr von einer Schwangerschaft gewölbter Bauch abzeichnete. Sie sah aus wie eine reife Florida-Grapefruit.
    »Sie haben es erraten«, lachte sie. »Noch einer dieser kleinen Späße des Lebens. Ich dachte, es wäre ein Tumor, bis es anfing, sich zu bewegen. Schon mal gesehen?«
    Sie zeigte auf eine Beule genau unterhalb ihrer Taille. »So sieht ein Bauchnabel aus, der nach außen getreten ist. Es ist peinlich. Makowski und ich dachten, wir könnten keine Kinder bekommen. Ich bin fast fünfzig, und er ist fünfundsechzig. O verdammt, was macht das schon für einen Unterschied? Besser als die Wechseljahre, denke ich. Haben Sie mit dieser Frau in 315 gesprochen? Ihr Name ist Pat Usher, aber das wissen Sie vermutlich schon. Sie behauptet, Elaine habe an sie untervermietet, aber ich bezweifle das.«
    »Wie bitte? Mrs. Boldt hat nie mit Ihnen über dieses Arrangement
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