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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille
Autoren: Sue Grafton
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und trillerte vor Schmerz wie eine merkwürdige Singvogelart. Die Waffe schlitterte über den Boden fort. Ich dachte, Marty würde sich darum bemühen, aber sie starrte mich nur an und machte keinerlei Bewegung, als ich mich bückte, um sie wiederzuholen. Ich löste die Trommel und ließ sie herausklappen. Vier weitere Patronen waren in den Kammern. Ich ließ sie wieder zuschnappen und überzeugte mich, daß die Sicherung gelöst war. Dabei drehte ich mich so, daß ich sie beide in meiner Schußlinie halten konnte. Leonard hatte sich aufgesetzt und schaukelte vor und zurück. Er schaute mich mit plötzlicher Gehässigkeit an.
    Ich streckte die Waffe aus und zielte auf sein Gesicht. »Ich mach dich kalt, wenn du nur eine Bewegung machst, Leonard. Ich hatte in letzter Zeit eine Menge Übung, und ich werde sie dir genau zwischen die Augen bohren.«
    Marty begann zu weinen. Es war ein seltsames Geräusch, wie bei einem Kind, das eine Kolik hat. Leonard lehnte sich zu ihr hinüber und legte schützend den Arm um sie.
    In diesem Moment wünschte ich, daß auch für mich jemand da wäre, der mich trösten könnte. Mein linker Arm hing wie ein Stück Holz an einem lockeren Verbindungsbolzen herunter. Ich schaute an mir hinab und sah, wie sich Blut aus einem Riß von der Größe einer Erbse über meinem Ärmel ausbreitete. Der Scheißkerl hat mich angeschossen , dachte ich mit Erstaunen. Ich stabilisierte die Waffe in meiner heilen Hand und begann um Hilfe zu rufen. Es war May Snyder, die mich schließlich hörte und die Cops rief.

Epilog

    Seit zwei Tagen liege ich nun im Krankenhaus und habe den linken Arm in Gips. Heute nachmittag wird ein Orthopäde reinschauen, um die Röntgenaufnahmen zu beurteilen und zu entscheiden, was für eine Art von Krankengymnastik ich brauchen werde, wenn ich hier wieder raus bin. Ich habe mit Julia Ochsner telefoniert, und sie hat mich eingeladen, mich bei ihr unten in Florida zu erholen. Sie versprach mir Sonnenschein und Ruhe, aber ich fürchte, sie betrachtet das als eine Chance, mich als vierte Bridgepartnerin einzusetzen. Meine Endabrechnung kam auf 1987,35 Dollar, aber sie sagte, sie wolle mich nicht bezahlen, bis ich nicht auf ihrer Türschwelle erschiene. Man muß aufpassen bei diesen kleinen alten Damen, sie sind zäh, und das kann ich von mir selbst kaum behaupten. Ich habe an allen möglichen Stellen Schmerzen. Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich das Gesicht einer anderen: aufgedunsener Mund, blaue und grüne Wangen, ein Nasenrücken, der etwas flach wirkt. Ich fühle auch noch eine andere Art von Schmerz, aber ich weiß nicht recht, woraus der besteht. Ich schließe die Akte, aber die Story ist noch nicht zu Ende. Wir werden abwarten müssen, was die Gerichte nun machen werden, und ich habe gelernt, in dieser Beziehung vorsichtig zu sein. In der Zwischenzeit starre ich aus dem Fenster auf die Palmen und frage mich, wie oft ich noch mit dem Tod tanzen werde, bevor das Orchester für die Nacht einpackt.

    Ergebenst, Ihre
    Kinsey Millhone

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