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[kinder] Allein unter Superhelden

[kinder] Allein unter Superhelden

Titel: [kinder] Allein unter Superhelden
Autoren: Heiko Wolz
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meinem Fenster vorbeifliegen.
    Ich ziehe mich endlich um, hocke mich barfuß aufs Bett und setze Paul über die Katastrophen des Tages in Kenntnis. Die zwei unwichtigsten Details lasse ich aus: dass ich ein Mädchen als Banknachbarn habe. Dass ein Mädchen mich vor Prügel bewahrt hat – ich denke mittlerweile nämlich doch, dass Solar mir geholfen hat. Ich verstehe bloß nicht, warum sie es nicht zugibt.
    Vielleicht existiert der geheime Mädchenklub längst und Solar will nicht, dass rauskommt, wie sie gegen die eisernen Gesetze verstoßen hat? Ich kann mir schon vorstellen, wie die aussehen:
    Regel eins: Jungs sind blöd.
    Regel zwei: Sport ist blöd.
    Regel drei: Videospiele sind blöd.
    Regel vier: Comics sind blöd.
    Regel fünf: Action-Filme sind blöd.
    Regel sechs: Jungs sind oberblöd
    und man darf ihnen niemals, niemals helfen.
    Mann, warum denke ich schon wieder an Solar? Werde ich wie Paul, oder was?! Der hat auch noch ständig vonClaire gesprochen, nachdem er Schluss mit ihr gemacht hat. Trotzdem ist er in den nächstbesten Busch gehopst, sobald ich behauptet habe, dass die Seufzerin aufmarschiert. Und das hat jedes Mal geklappt – wahrscheinlich hätte er sich auf einer großen Wiese sogar ein Loch gebuddelt und wäre reingekrochen, wenn ich nur ihren Namen geflüstert hätte.
    Nein, es ist schon gut, dass ich mir über Solar nicht den Kopf zerbrechen muss.
    Ich sollte mir besser etwas einfallen lassen, was ich gegen Marvin unternehmen kann.
    Ich rutsche vom Bett, während Paul meiner Stehlampe Komplimente macht: »Alles nach Plan, mein Freund. Du hast auf allen Ebenen versagt. Die merken bald, wie stinknormal du bist.«
    Normal ist bei Paul nichts. Nicht nur, was Mädchen angeht. Meine Füße patschen auf dem Boden, als hätte ich Taucherflossen an. Aber Paul checkt nichts.
    Muss er sich nicht darauf verlassen können, dass sein Gehör den Sehfehler ausgleicht? Bei echten Maulwürfen ist das so. Die kriechen blind durchs Erdreich, aber hören auf fünf Kilometer, wenn irgendwo ein Regenwurm rülpst.
    Bei Paul habe ich gerade das Gefühl, dass ihm ein Elefant ins Ohr tröten könnte und er würde wissen wollen, ob jemand was gesagt hat.
    Jetzt weiß ich wenigstens, wie sich die Chamäleonsfühlen, wenn sie niemand beachtet. Allerdings sind Chamäleons totale Langweiler. Wackeln fünfmal vor und zurück, bevor sie sich in Bewegung setzen. Die kommen gar nicht darauf, was für verrückte Sachen man anstellen kann, wenn einen keiner sieht!
    Ich schleiche mich an Paul heran und puste ihm von der Seite ins Gesicht. Paul zuckt und wedelt mit der Hand vor seinem Ohr, als wäre eine Biene direkt bis zu seinem Trommelfell vorgestoßen. Er schaut zum Fenster, aber ich bin natürlich schon weg und nähere mich ihm von der anderen Seite.
    Langsam müsste er aber doch schnallen, was los ist? Ich meine ... es kann doch nicht sein, dass ...?
    Was, wenn es gar nicht an ihm liegt?
    Wenn ich ... doch eine Superkraft habe und sie bisher nur niemandem aufgefallen ist?
    Wie soll es auch auffallen, wenn man unauffällig ist?
    Papa Ray achtet eher darauf, dass ich einen Medizinball nur einen Meter weit werfen kann und nicht fünftausend, wie er. Wenn er den Ball dann holt und sich dreimal umschauen muss, bevor er mich unter dem Pavillon entdeckt, kommt er natürlich nicht darauf, dass das auch eine Superkraft sein könnte.
    Oh, Mann.
    Da rätseln Mama und Papa, warum ich das einzige Superheldenkind ohne Superkräfte bin, dabei liegt es aufder Hand: Ich bin ein Meister der Tarnung! Ich verschmelze mit meiner Umgebung! Ich bin ein Geist, ein Phantom, das im Verborgenen lauert und entwischt, bevor man es greifen kann.
    Ich bin der menschliche Schatten!
    Papa und Mama werden ausflippen, wenn sie das erfahren.
    Allerdings ist Paul nicht der beste Zeuge, wenn es darum geht, etwas zu sehen. Oder nicht gesehen zu haben.
    Ich müsste meine Fähigkeit bei jemandem ausprobieren, der sowieso die Augen nach mir offen hält, um dann ... Ha, das ist es!
    Ich grinse und ziehe mich neben den Kleiderschrank zurück, um in seinem Schatten zu verschwinden.
    Marvin Möller, kichere ich innerlich, morgen kannst du was erleben. Die Rache ist mein.

Rache ist Tomatensalat
    »Totaaal süß«, flötet IceMadam, als ich in dem Gummiding in die Küche marschiere, in das ich mich gequetscht habe.
    Als menschlicher Schatten brauche ich aber wohl oder übel einen Anzug. Also habe ich heute Morgen den nachtschwarzen für geheime Aufträge aus dem Schrank
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