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Kind des Grals

Kind des Grals

Titel: Kind des Grals
Autoren: Vampira VA
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...
    »David!«
    Eindringlicher als je zuvor sprach sie ihren Bruder an. Mit wenigen Schritten war sie bei ihm. Berührte nun doch seinen Körper. Rüttelte ihn an den Schultern.
    Sein Haupt schaukelte hin und her, und einen absurden Moment lang fürchtete Rahel, er könnte abknicken. Sein Kopf könnte dieselbe unmögliche Drehung vollführen, die ihren Eltern zum Verhängnis geworden war.
    Doch er wackelte nur. Und hinter seinen Augen schien die Qual heller aufzulodern.
    »David! Steh auf! Wir gehen! Wir müssen nur die Straße erreichen, dann ...« Sie verstummte. Er reagierte nicht. Und er wog gut das Doppelte ihres eigenen Gewichts.
    Egal. Ich muß es versuchen. Wer weiß, was mit uns geschieht, wenn sie erst wieder herauskommen ...!
    Sie legte David seitlich auf das Sofa, faßte ihn an den Handgelenken und ließ ihn dann vorsichtig zu Boden gleiten. Er gab keinen Laut von sich.
    Sie huschte zur Tür, die aus der Wohnstube ins Treppenhaus führte, und öffnete sie sperrangelweit. Dann erst kehrte sie zur Abstellkammer zurück.
    Solange der Schlüssel im Schloß steckte, verdeckte er die Sicht ins Innere. Aber Rahel wollte kein unnötiges Geräusch riskieren. Sie ließ ihn, wo er war, klemmte seinen Schaft nur zwischen Daumen und Zeigefinger und übte ganz behutsamen Druck aus. Drehte ihn sacht.
    Als es leise knackte, wußte sie, daß das Schloß eingeschnappt war.
    Nun ging alles blitzschnell.
    Rahel machte auf dem Absatz kehrt und rannte zu ihrem Bruder. Sie schaffte es gerade noch, die Finger um seine Handgelenke zu schließen, als auch schon das Licht durch die Fugen der Tür brach, durch Ritzen und Schlüsselloch. Purpurnes, seltsam totes Licht, das jede Bewegung in der Stube zum Erliegen brachte und Rahel das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Im nächsten Moment wurde die verschlossene Tür vom Druck dieses Lichts aus den Halterungen gesprengt.
    Und jene, die drinnen gewesen waren, kamen heraus.
    Kamen, um die beiden Kinder zu holen ...?
    *
    Minuten zuvor
    »Nein!« sagte sie.
    »Nein ...?«
    »Es wäre unverantwortlich und sinnloser Wahnsinn!«
    »Wie kommst du zu dieser Überzeugung?«
    »Durch das, was du mir erzählt hast.«
    »Es stimmt, auch mein Versuch, ihn seiner Bestimmung zuzuführen, ist gescheitert. Der Junge starb vermutlich - oder erlitt Schlimmeres. Er glitt einfach aus unserer Realität.«
    »Das hast du zugelassen?«
    »Ich hätte es nicht verhindern können.«
    »Hättest du es verhindern wollen?«
    Er schwieg.
    Er war unglaublich - unglaublich in seiner Anziehungskraft, die Gefühle in Lilith schürten, die ihr ebensoviel Sorge wie Glück bereiteten.
    Da stand sie also mit der Liebe ihres Lebens. In einer winzigen Kammer, die vollgestopft war mit dem Gerümpel der Familie, die hier einmal gewohnt hatte.
    In dem Moment, den Lilith sich geduldete und auf Anums Antwort wartete, versuchte sie sich vorzustellen, was dieser Mann in seinem Leben schon alles gesehen hatte.
    Er war von derselben Art wie Landru gewesen war.
    Ein Hüter. Einer der allerersten Vampire - nicht aus einem magischen Kelch geboren, sondern vom Schoß einer Frau, die sich mit ihren Taten den Zorn Gottes zugezogen hatte.
    Und die ebenfalls Lilith geheißen hatte - die Ur-Lilith, Adams erstes Weib.
    Anum war ihr Liebling gewesen - das liebste und bevorzugte ihrer Kinder.
    Ich weiß nicht einmal, dachte Lilith Eden, ob ich sie selbst kennenge-lernt habe. Ob ich den weiten Weg zurück in der Zeit gegangen bin, wie es meine Bestimmung war.
    Diese Information hatte sie aus der EWIGEN CHRONIK. Sie selbst besaß keine eigene Erinnerung mehr an die Zeit, bevor sie im italienischen Kloster Monte Cargano erwacht war. 1 In der Obhut eines Mannes namens Salvat, der behauptet hatte, ein Engel zu sein - und vielleicht sogar einer gewesen war.
    Verrückt.
    Ihr ganzes Leben war verrückt, nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Sie war auch kein Mensch wie andere Menschen. Sie aß nicht, und der einzige Trunk, der ihr mundete, der sie am Leben erhielt, war .
    »Blut«, unterbrach Anum ihren Gedankenflug, ohne ihre Frage zu beantworten, »ist nicht gleich Blut. Das Elixier, das wir trinken, unterscheidet sich von Opfer zu Opfer im Bouquet. Aber noch unterschiedlicher ist das Blut, das in meinen und in deinen Adern strömt. Stimmst du darin mit mir überein?«
    Sie sah keinen Grund, es nicht zu tun. Aber es waren Phrasen, die der letzte Hüter der Vampire drosch, keine neuen und wunderbaren Thesen.
    Der allerletzte Hüter, seit Landru
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