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Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Titel: Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Steve Mosby
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davon illegal. Die Straßen waren ein Schmelztiegel von Sprachen und Kulturen: in sich geschlossene Gesellschaften; kleinere Städte unter dem Dach einer großen. Man konnte nicht sagen, wie viele Menschen in den Wohnblocks aufeinanderhockten. Die Graffiti waren zum größten Teil das Werk von Kids der zweiten Generation, die ihre Tags an die Wände schmierten und ihr Revier absteckten, um die Umgebung unterscheidbar zu machen. Von den Menschen, die dort lebten, kamen nur ganz wenige jemals aus ihrem Viertel, geschweige denn aus dem Bezirk heraus.
    Wir waren aber nicht einmal im Zentrum. Die Gebäude mochten zwar genauso aussehen, doch hier, am Rand, unweit des Flusses, war es etwas teurer. Hier lebten nicht wenige Studenten, denn die Wohnungen waren zwar weniger komfortabel, dafür aber um einiges günstiger als südlich des Flusses, in der Nähe zum Campus. In dieser Gegend galt jemand wie Vicki Gibson, die zwei Jobs bediente, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Mutter zu verdienen, als eine ehrbare Berufstätige.
    Warum sollte jemand sie töten wollen? Ein Raubüberfall war ein Motiv. Ein Sexualverbrechen? Wenn man das Risiko, dabei beobachtet zu werden, berücksichtigte, war das weniger wahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen.
    Zu früh, um schon etwas zu sagen …
    Taufeucht glitzerte das Gras des schmalen Grünstreifens in der Vormittagssonne. Der Rasen war erstaunlich gut gepflegt und nicht einmal zu kurz geschnitten, so dass man sich gut vorstellen konnte, es sich zum Picknick vor einem Zelt gemütlich zu machen, ein Zelt, das allerdings sehr anders aussehen würde als das, auf welches wir uns gerade zubewegten.
    Als ich die Seitenplane anhob, stach mir das Blitzlicht einer Kamera in die Augen: Ein Mann von der Spurensicherung stand über das Opfer gebeugt und lichtete es an der Stelle ab, wo es im Schatten lag …
    Ich zögerte, wenn auch nur ein wenig.
    Vicki Gibson lag auf dem Rücken, ein Bein so angewinkelt, dass der rechte Fuß unter dem anderen Knie lag. Ihre Schuhe hatten sich von den Füßen gelöst, und die Absätze steckten verdreht im Gras. Sie trug einen roten Rock, eine schwarze Bluse und einen flauschigen braunen Mantel, der im Dämmerlicht eher rostfarben wirkte. Die Arme waren zu beiden Seiten ausgebreitet. Sie hatte langes Haar, dessen Strähnen sich wie schwarze Ranken im Gras kringelten, als läge sie in einer Wasserlache.
    Von einem Gesicht, das diese Bezeichnung auch verdiente, konnte keine Rede mehr sein.
    Wirklich gemein.
    » Also«, sagte ich zu Laura, »du hattest recht.«
    Trotzdem behielt ich weiterhin die Details im Blick – eine abgelegte rote Handtasche, neben ihr der schlapp im Gras liegende Riemen. Also kein Raubüberfall. Und die Kleidung schien unversehrt zu sein. So blieb nur eine Möglichkeit.
    »Andy.« Simon Duncan, unser Kontaktmann zur Gerichtsmedizin, stand neben der Leiche. Er nickte mir zu. »Gut, dass du hergekommen bist.«
    »Ist doch Ehrensache.«
    Simon war groß, fast kahl und von athletischer Statur. Der Pathologe neben ihm, Chris Dale, schon unter normalen Umständen ein eher kleiner und ernster Mann, erweckte jetzt, wie er da neben seinem Opfer kauerte, umso mehr diesen Eindruck. Er sah auf, kurz, gerade lang genug, um zu bestätigen, dass er meine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte.
    »Ich weiß, dass es noch zu früh ist«, fing ich an, »aber gibt es vielleicht trotzdem schon etwas Greifbares?«
    Simon zog eine Augenbraue hoch.
    »Du hast den Fall noch nicht gelöst? Du überraschst mich, Andrew. Ich hatte fest damit gerechnet, dass das deine Verspätung erklären würde – dass du schon unterwegs bist, um den Täter festzunehmen.«
    »Doch, ich habe in der Tat eine Idee«, sagte ich. »Willst du nicht versuchen, mich davon abzubringen?«
    Simon trat zur Seite, um dem Mann mit der Kamera den Weg an uns vorbei zum Kopfende der Leiche frei zu machen, was auch uns einen besseren Blick verschaffte, wobei »Kopfende« nicht mehr der passende Begriff war.
    Wirklich gemein. Laura hatte recht gehabt.
    »Es gibt eine sehr eindeutige Verletzung«, erklärte Simon in dem Augenblick, als das Blitzlicht der Kamera grell darüber hinweghuschte. »Besser gesagt, viele Verletzungen an einer einzigen Körperstelle. Andere schwere Verletzungen gibt es nicht, soweit wir bisher sagen können. Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass die Schädelverletzung zum Tod geführt hat und nicht nachträglich zugefügt worden ist.«
    Ich nickte.
    Wer auch immer
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