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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle
Autoren: John Saul
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wobei er auch noch ständig den Barkeeper beobachten mußte, den er des Betrugs verdächtigte. Wie Tony das bewerkstelligte, wußte Ted allerdings immer noch nicht genau – der Mann schenkte korrekte Mengen ein und verdünnte harte Drinks nicht mit Wasser. Davon hatte Ted sich persönlich überzeugt, indem er einige Wodka pur bestellte. Bedauerlicherweise hatte er auch noch keinen Beweis, daß Tony Geld für sich abzweigte. Doch seine zwanzigjährige Erfahrung im Hotelgewerbe hatte ihn gelehrt, daß Barkeeper besonders trickreich waren, wenn es darum ging, sich auf Kosten des Betriebs zu bereichern. Ein Jammer, daß Frank Gilman, der Manager, nichts von der Anschaffung eines mit der Computerkasse gekoppelten Alkohol-Einheitenzählers wissen wollte, der jedweden Betrug ein für allemal verhindert hätte.
    »Wir sind nicht das Sheraton«, hatte Gilman geknurrt, als Ted das Problem vergangene Woche zur Sprache gebracht hatte. »Kostspielige Geräte dieser Art können wir uns nicht leisten, aber selbst wenn wir es könnten, würde ich sie nicht anschaffen, weil ein Barkeeper meiner Ansicht nach die Möglichkeit haben muß, Gästen hin und wieder einen Drink zu spendieren. Dann kommen sie nämlich gern wieder.«
    Nun, zumindest in einer Hinsicht hatte Gilman recht: Das Majestic war kein Sheraton. Ted hatte eine Zeitlang in einem Sheraton-Hotel gearbeitet, und es war ein himmelweiter Unterschied zu dieser Bruchbude gewesen. Wenn der Manager nicht ein solches Arschloch gewesen wäre, könnte er immer noch dort beschäftigt sein. Was war denn so schlimm daran, daß er immer eine Flasche Smirnoff im Schreibtisch stehen hatte? Basierte das ganze Hotelgewerbe nicht auf Gastfreundschaft? Gewiß, er hatte mit den Vertretern, die ihm alles möglich – von Bettwäsche bis hin zu Barsnacks – andrehen wollten, ein paar Gläser geleert. Na und? So wurden Geschäfte nun mal abgewickelt, und sein jetziger Chef zeigte dafür immerhin Verständnis.
    Tony servierte ihm den Wodka-Tonic, und Ted wollte gerade nach dem Glas greifen, als er sich unwillkürlich verkrampfte. Ohne in den Barspiegel schauen zu müssen, wußte er, daß Frank Gilman hinter ihm stand. Kurz bevor er sein strahlendes professionelles Lächeln aufsetzte, fragte er sich, warum er ein solches Gespür für die Nähe des Managers hatte. Das war nicht nur bei Gilman der Fall, sondern bei jedem verdammten Manager, für den er jemals gearbeitet hatte. Offenbar besaß er einen sechsten Sinn, für den es keine logische Erklärung gab. Aber was hatte Glimmen hier zu suchen? Wie jeden Freitag, so hatte der Kerl doch auch heute das Hotel gleich nach dem Mittagessen verlassen, um Golf zu spielen. Warum war er zurückgekommen? Wenn es unerwartete Probleme gegeben hätte, wäre Ted – der Assistent Manager – informiert worden, doch es war ein völlig ereignisloser Tag gewesen, abgesehen von Janets dramatischem Auftritt wegen der Bagatelle mit der Kreditkarte. Sonst war nichts los gewesen, nicht das Geringste. Als Glimmen sich neben ihn an die Bar stellte, ging Ted plötzlich ein Licht auf – endlich nahm der Chef seine Befürchtungen ernst, er wollte dem Barkeeper höchstpersönlich auf die Finger schauen.
    »Ich bin immer noch nicht dahintergekommen, wie er es anstellt, Frank«, flüsterte er dem Manager ins Ohr, um nicht von Tony belauscht zu werden, »aber daß er betrügt, steht für mich fest!«
    Gilmans Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Vielleicht sollten wir uns lieber in meinem Büro unterhalten«, schlug er vor.
    Ted kippte seinen Wodka-Tonic runter, rutschte vom Barhocker und folgte Gilman, der schon die Tür zur Empfangshalle aufstieß.
    »Vergiß deine Akte nicht!« rief Tony.
    Ted drehte sich um und griff danach. Er fegte in seiner Hast aber die Hälfte der losen Blätter auf den Boden. Fluchend sammelte er sie auf, schob sie in den Ordner zurück und eilte hinaus.
    Der Barkeeper blickte ihm nach, bis die Tür zufiel, halbherzig polierte er das nächste Glas und grinste der Nutte zu, die hier den ganzen Tag vertrödelt hatte. »Wetten, daß der Bursche bald an die Luft gesetzt wird?«
    Die Frau zuckte die Achseln. »Das wäre jammerschade, denn im Gegensatz zu seinem Vorgänger wollte er mich nie vertreiben.«
    »Das dürfte daran liegen, daß er nie nüchtern genug war, um dich überhaupt zu bemerken«, kicherte Tony.
    Die Prostituierte lachte so laut, daß Ted es sogar auf der Schwelle zu Gilmans Büro hören konnte. Empört nahm er sich vor, diese
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