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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle
Autoren: John Saul
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zu beachten, ging Janet auf den vorletzten Barhocker zu und blieb mit verschränkten Armen neben ihrem Mann stehen.
    »Es ist wieder passiert«, sagte sie mit gedämpfter Stimme, damit der Barkeeper nicht mithören konnte. Teds Miene verriet, daß er genau wußte, wovon die Rede war, und er versuchte gar nicht erst, es abzustreiten.
    »Mir ist das Geld ausgegangen«, gab er zerknirscht zu, und die aufrichtige Reue, die in seinen kastanienbraunen Augen geschrieben stand, entwaffnete Janet wieder einmal. »Und es war doch nur ein Hunderter …«
    »Aber wir konnten uns diesen Hunderter nicht leisten«, widersprach Janet lauter als beabsichtigt.
    Tony, der Barkeeper, der ziemlich lustlos Gläser spülte, schaute sofort in ihre Richtung. »Jetzt ist von dem Schein bestimmt nicht mehr viel übrig«, kommentierte er ungefragt.
    Janet biß sich auf die Unterlippe, und Ted zuckte gekränkt zusammen.
    »Hör mal, Liebling, es tut mir wirklich leid, aber du weißt doch, wie das ist…«
    »Nein, ich weiß nicht, wie das ist«, fiel Janet ihm ins Wort, empört über seinen Optimismus, daß sie sogar in der schlimmsten Situation Verständnis für ihn aufbringen würde. »Ich weiß beim besten Willen nicht, warum du dein Gehalt regelmäßig versäufst, obwohl wir kaum genug Geld für die Miete und das Essen haben – ganz zu schweigen vom Benzin und meinen Malsachen!« Sie bereute die letzten Worte, kaum daß sie ausgesprochen waren, denn Teds Augen funkelten plötzlich angriffslustig.
    »Wenn du mit deinen Gemälden etwas verdienen würdest, müßte ich nicht auch noch diese Utensilien bezahlen und …«, holte er zum Gegenschlag aus, aber sie ließ ihn nicht ausreden.
    »Du vergißt offenbar, daß die letzten drei Bilder, die ich verkauft habe, nicht nur dafür sorgten, daß wir monatelang wieder kreditwürdig waren, sondern daß wir von dem Erlös sogar Weihnachtsgeschenke für unsere Kinder kaufen konnten! Und wenn es sein muß, kann ich mir jederzeit in der Galerie von Keith Geld borgen, weil er weiß, daß er die beiden Gemälde, an denen ich jetzt arbeite, mühelos an den Mann bringen wird.« Janet mußte ihrer lange aufgestauten Frustration endlich einmal Luft machen. »Aber wenn ich gezwungen sein sollte, mir von Keith einen Vorschuß geben zu lassen, werde ich ihm klipp und klar sagen, warum ich darauf angewiesen bin. Ich habe keine Lust mehr, irgendwelche Märchen zu erzählen, nur um dich zu decken!«
    Sie redete jetzt so laut, daß alle sie anstarrten, und sie wußte, daß ihre Mutter mißbilligend den Kopf schütteln würde, aber ausnahmsweise setzte sie sich darüber hinweg. »Ist es das, was du willst, Ted? Soll ich jedem erzählen, warum unsere Kreditkarten gesperrt werden, und warum es ständig Ärger mit ungedeckten Schecks gibt?« Sie schaute sich in der schäbigen Bar um und schüttelte angeekelt den Kopf. »Wenn du so weitermachst, wird dich sogar der Manager dieses heruntergekommenen Etablissements bald entlassen!«
    Ted duckte sich wie ein geprügelter Hund. »Ich höre auf«, versprach er. »Ich schwöre bei Gott, Liebling, daß ich keinen Tropfen mehr trinken werde, bis alle Rechnungen bezahlt sind!« Er holte seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und zog alle Scheine heraus. »Hier, nimm’s mit! Vielleicht reicht es wenigstens für das Allernötigste.«
    Janet blickte ihm lange in die Augen, die um Verzeihung und Zuwendung bettelten. Obwohl der übermäßige Alkoholgenuß sein Gesicht gezeichnet hatte, konnte sie im gedämpften Licht der Bar immer noch Überreste des jungenhaften Charmes erkennen, der sie einst so fasziniert hatte. Sie streckte die Hand nach den Banknoten aus, schüttelte dann aber den Kopf. »Es geht mir nicht um das Geld, Ted«, murmelte sie erschöpft. »Es geht nur um dich! Ich will nicht dein Geld – ich will dich!«
    Fluchtartig verließ sie die schummerige Bar und hastete auf den heißen Parkplatz hinaus.
    Immerhin habe ich nicht geweint, tröstete sie sich, als sie wieder im Toyota saß. Keiner der Gaffer hatte die Genugtuung, mich heulen zu sehen.
    Doch als sie losfuhr, liefen ihr die Tränen, die sie im Hotel mühsam zurückgehalten hatte, über die Wangen.
    Ted Conway schaute seiner davoneilenden Frau nach. Er schob sein leeres Glas beiseite, stand auf und verstaute seinen Geldbeutel wieder in der Hosentasche. Er wollte sich unverzüglich wieder in sein Büro begeben, doch dann fiel sein Blick auf das leere Glas. Er starrte es lange an, und obwohl er genau wußte, daß er
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