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Killers: Roman (German Edition)

Killers: Roman (German Edition)

Titel: Killers: Roman (German Edition)
Autoren: Jack Kilborn , Blake Crouch
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umschwärmten ihn.
    Er flehte Gott an, all dem ein Ende zu machen.
    Er schloss die Augen, um sie dann wieder zu öffnen und sich immer wieder zu versichern, dass dies alles nur ein grässlicher Traum war. Dass er gleich in seinem Bett im zweiten Stock ihres Steinhauses an der Meerenge aufwachte und nichts von all dem hier wahr sein würde. Dann würde er den Flur entlang zu Katies Zimmer gehen, zu ihr ins Bett kriechen und sich an sie kuscheln, bis diese fürchterliche Angst endlich verschwunden war.
    Es begann fünf Minuten nachdem Ben ihn verlassen hatte.
    Drei Stimmen– seine weinende Mutter, seine schreiende Schwester, sein flehender Vater.
    Sie vereinten sich zu einem schrecklichen Konzert aus Schmerz, Leid und Entsetzen.
    Luther kletterte vom Baum und rannte.
    Er konnte durch die vielen Tränen kaum sehen, wohin er lief. Die Dornen in seinen Füßen sandten schmerzende Stiche durch seinen Körper.
    Endlich hatte er den Waldrand erreicht und brach ins Freie.
    Er sah das Lagerfeuer in der Ferne. Die Flammen tanzten im Wind wie Strähnen roten Haares.
    Der Sand fühlte sich besser an als der Waldboden. Er war noch immer warm von der sengenden Sonne des Tages.
    Luther sprintete in Richtung Feuer, die Geräusche seiner Familie kamen immer näher.
    Er brach am Fuß der Düne zusammen, kroch durch den Strandhafer bis zur Krone und blieb atemlos liegen.
    Das Lagerfeuer prasselte keine zehn Meter entfernt im Wind.
    Katie war an allen vieren gefesselt, wand sich wie ein Regenwurm und schrie unentwegt wie am Spieß. Rufus stand direkt neben ihr und stimmte in einer kehligen Stimme, die nichts als nacktes Grauen ausdrückte, mit ein: » Bitte! Bitte! Bitte!«
    Maxine dagegen war völlig verstummt.
    Luther sah nur das angeschwollene Gesicht seiner Mutter, aber verstand nicht, was Winston da mit ihr anstellte.
    Seine Hose war bis zu den Knien heruntergezogen, er lag auf Maxine und bewegte sich hin und her, immer hin und her.
    Sie weinte nicht einmal.
    Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie schien ganz woanders zu sein.
    In einem Tagtraum.
    In einer anderen Welt.
    Noch Jahre später sollte er sie immer wieder so antreffen, wie sie mit entrücktem Gesichtsausdruck ins Leere starrte, und er fragte sich dann, ob sie diesen einen Moment gerade wieder von Neuem durchlebte.
    » Mama«, flüsterte Luther. » Oh, Mama.«
    Der Mann, der ihn bis in den Wald verfolgt hatte, stand über Rufus und Katie und hielt die Waffe auf sie gerichtet. Aber auch er warf immer wieder einen Blick zu Winston und Maxine, und Luther konnte auf seinem vor Schweiß glänzenden Gesicht, das von den Flammen erhellt wurde, ein Grinsen erkennen.
    Luther schnappte sich eine Handvoll Sand und drückte so fest zu, dass seine Fingerknöchel weiß wurden. Aber es half nicht, das Feuer, das mittlerweile in seinem Bauch brannte, zu ersticken.
    Winston schlug Maxine und befahl ihr, Geräusche von sich zu geben, zu stöhnen.
    Luthers Tränen flossen jetzt eher aus Wut als aus Furcht.
    Seine Mutter sagte etwas, und Winston schlug erneut zu. Diesmal aber schrie sie auf und machte dann ein merkwürdiges Geräusch.
    Winston hörte auf, sie zu schlagen, und bewegte sich immer schneller.
    Rufus sagte: » Schließ deine Augen, Katie. Versuch, an etwas anderes zu denken.«
    Woraufhin Ben drohte: » Wenn du die Augen zumachst, Kleine, werde ich dich bei lebendigem Leib häuten.«
    Luther stand auf, wagte sich zwei Schritte in Richtung Lagerfeuer vor, hielt dann doch wieder inne.
    Er drehte sich um und verschwand erneut in sein Versteck, hielt sein Hemd vors Gesicht und fing bitterlich zu weinen an.
    Wenn er jetzt runter zum Feuer laufen würde, um zu versuchen, all das zu verhindern, würden sie ihm nur wehtun, ihn fesseln und vielleicht sogar töten.
    Er war fünf Jahre alt.
    Winzig.
    Schwach.
    Langsam.
    Allein konnte er nichts erreichen.
    Er konnte seine Familie nicht vor diesen fürchterlichen Männern schützen.
    Die völlige Hilflosigkeit erschütterte ihn mit Schrecken und Scham– eine Last, die er nie wieder ablegen würde.
    Luther konzentrierte sich erneut auf das Lagerfeuer.
    Winston stand jetzt wieder auf den Beinen und zog sich die Hose hoch.
    » Du Hurensohn!«, schrie Rufus. » Ich bringe dich um!«
    Ben kniete sich vor Luthers Vater hin, ballte eine Faust, holte aus und verpasste ihm einen Haken, der ihm knirschend den Kiefer brach.
    Luther konnte nicht anders, konnte nicht einfach sitzen bleiben, konnte dieses Schauspiel keine weitere Sekunde ertragen.
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