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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends
Autoren: John Niven
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Träume, die da Woche für Woche ankommen. Und ankommen ist oft das Einzige, was sie tun – die überwältigende Mehrheit dieser Päckchen wird nämlich niemals geöffnet. Sie liegen in Kisten und Säcken in der A&R-Etage herum, wo sie sich zu vermehren scheinen. Sie breiten sich allmählich auf dem Teppichboden aus und stapeln sich auf den Sofas – bis Tom, unser Praktikant, sie säckeweise zur Müllverbrennungsanlage runterschleppen muss, wo eure Hoffnungen und Träume schließlich in den Feuern der Hölle brennen – völlig zu Recht.
    Gelegentlich, wenn wir an einem verregneten Nachmittag mal so richtig gelangweilt sind und uns irgendwie beschäftigen müssen, treffen sich ein paar von uns aus der A&R-Abteilung in einem Büro. Dann rollen wir uns ein paar dicke Tüten, entkorken eine Flasche Rotwein und gehen einen dieser Säcke durch, auf denen »Unverlangt eingesandte Demos« steht. Diese Sessions enden in der Regel damit, dass drei oder vier von uns mit schmerzenden Bauch- und Gesichtsmuskeln auf allen vieren nach Luft schnappen.
    Zu unseren 10000 sollten wir, vorsichtig gerechnet, weitere 2000 Demos addieren, die all die Independent-Labels zugeschickt bekommen. Das macht für die gesamte Musikindustrie rund 12000 Demos die Woche – mehr als eine halbe Million im Jahr. Meine Firma nimmt jedes Jahr zwischen zehn und 15 Acts unter Vertrag. Die komplette britische Musikindustrie nimmt pro Jahr – wenn es hochkommt – 200 Künstler unter Vertrag. In einem sehr guten Jahr gelingt es vielleicht 20 dieser Acts – bis zu einem gewissen, Grad –, den Durchbruch zu schaffen, also ihre Platten ins Radio, ihr Bild in die Musikpresse zu bekommen und einigermaßen große Hallen zu füllen. Von diesen 20 wird eventuell die Hälfte auch das Geld erwirtschaften, das die Plattenfirma in sie investiert hat. Richtig gehört: Zehn Acts aus über einer halben Million hoffnungsvoller Nachwuchsbands werden wirklich Geld verdienen. Dennoch leben immer noch zahllose aufstrebende Musiker fest in dem Glauben, sie hätten es geschafft, wenn sie einen Plattenvertrag ergattern. Dass die bloße Vertragsunterzeichnung gleichbedeutend damit sei, endlich den Weg zu Ruhm, Reichtum und einem Schluck aus Bonos Cristal-Flasche während der Grammy-Verleihung zu beschreiten.
    Folgendes Szenario ist wesentlich wahrscheinlicher: Aufgrund eines halb garen Hypes der Musikpresse, ein paar gut besuchter Auftritte in irgendwelchen kleinen Clubs und zwei bis drei nächtlichen Radioeinsätzen wird so ein Idiot wie Rob Hastings euch einen Plattenvertrag anbieten, für, 00h, sagen wir mal, 100 Riesen Vorschuss. Toll! (Ihr schuldet uns jetzt hunderttausend.) Ihr kündigt euren Job, wie ihr es in Quadrophenia gesehen habt, und ladet eure Eltern zum Festschmaus beim örtlichen Chinesen ein, um ihnen stolz mitzuteilen, dass ihr »nie wieder arbeiten« werden müsst. Ihr verlasst Bolton – oder welches Kaff auch immer –, steigt in den Zug nach Euston und haltet euch für den beschissenen King.
    Ihr wollt endlich mit eurem verdammten Debütalbum loslegen. Wahrscheinlicher ist, dass es Monate dauern wird, bis Rob, oder ein ähnlicher Cretin, sich für einen Produzenten entschieden hat. Und er wird sich unweigerlich für den Falschen entscheiden. Dieser Typ wird drei oder vier Monate damit verbringen, auch noch das letzte bisschen Talent zu zerstören, das ihr anfangs besessen habt – und ihr geht zurück auf »Los«. Nicht genug damit, dass er beim ersten Mal den falschen Produzenten für euch ausgesucht hat, wird Rob auch weiterhin auf die falschen Typen setzen. Wenn ihr diesen Prozess dreimal durchlaufen habt, ist ein Jahr ins Land gegangen. Die Platte ist immer noch nicht fertig, und euer anfängliches Aufnahmebudget hat sich um 300 Riesen verdreifacht. (Ihr schuldet uns nun 400000.)
    Wenn wir es dann endlich geschafft haben, eine Single zu veröffentlichen, geben eure tollen Freunde vom Radio und der Presse längst keinen Tropfen Sperma mehr darauf, ob ihr überhaupt noch unter den Lebenden weilt. Es ist ein Jahr her, dass ihr die Lieblinge wart. Sie haben längst neue Bands, mit denen sie spielen können. Überhaupt kommt es jetzt knüppeldick für euch: Die Musikpresse hasst euch inzwischen. In nur zwölf kurzen Monaten seid ihr von den nächsten Sex Pistols zur letzten Black Lace geworden. Niemand spielt eure Songs im Radio, und ihr bekommt nur vereinzelte, kleine Kritiken in der Aberdeenshire Gazette, dem Northwales Chronicle und ähnlichen
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