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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey
Autoren: Ueberreuter
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befand sich eine kleine Bar, an der ein weiterer mürrisch dreinschauender Russe Plastikbecher mit Limonade und Wasser ausschenkte – um fünf Dollar pro Getränk. Das Lokal war hell beleuchtet und größtenteils sauber. Stripperinnen, nur mit einem knappen Tanga bekleidet, schritten zwischen den Tischen umher und boten Einzeltänze an. Auf der Bühne rekelte sich eine Latina im Takt der Musik und klatschte sich dabei gelegentlich auf den Hintern, bevor sie ihn den Kerlen entlang des Geländers in die Gesichter streckte. Mich ließ sie ziemlich kalt. Ihre Hüften waren zu ausladend, ihr Po zu breit. Ich hatte noch nie viel für üppige Hinterteile übrig.
    Jesse stand auf. »Will jemand ‘ne Limo? Ich hole die erste Runde.«
    Darryl antwortete nicht. Seine Augen klebten an dem Mädchen auf der Bühne. Er war ein Fan mächtiger Ärsche.
    »Ich nehme eine Pepsi«, sagte ich.
    »Pepsi haben sie hier nicht. Nur Coke.«
    »Auch gut.«
    Jesse wandte sich Yul zu. »Willst du auch was, Kumpel?«
    Yul schüttelte den Kopf. Er öffnete den Mund, doch kein Laut drang heraus. Seine Aufmerksamkeit galt einem Tisch in der Nähe, wo eine dürre Blondine mit mächtigen, unechten Titten vor einem Burschen mit Cowboyhut eine Privatvorstellung gab.
    Ich beugte mich zu ihm, damit ich nicht brüllen musste, und stupste ihn mit dem Ellbogen in die Rippen.
    Yul zuckte zusammen.
    »Gefällt dir das?« Ich deutete in Richtung der Blondine.
    Nach wie vor sprachlos nickte er.
    Grinsend ließ ich den Blick durch das Lokal wandern und sah mir die verschiedenen Mädchen an. Das Odessa kümmerte sich in der Tat um seine Kundschaft. Es gab für jeden Geschmack etwas: Blondinen, Brünette und Rothaarige; Schlanke und Mollige; Frauen mit schmalen und breiten Hinterteilen; heiße Reife und kaum Volljährige. Es war, als hätte das Internet einen Stripschuppen eröffnet. Bis auf die Tangas waren alle Frauen nackt.
    Jedes Mal, wenn ein neues Lied begann, betrat ein anderes Mädchen die Bühne, und der Tanga wurde abgelegt, was die Menge stets mit Jubel honorierte. Man mochte meinen, die Gäste hätten noch nie zuvor eine Frau gesehen; aber wenn man sich einige der Männer näher ansah ... vielleicht stimmte es sogar.
    Während ich den Blick umherwandern ließ, fielen mir einige Russen im Raum auf. Sie trugen Anzüge oder Sportjacketts zu Anzughosen. Legere Geschäftskleidung. Ich fragte mich, was sie an den Schulprojekttagen taten, an denen man die Kinder zur Arbeit mitnehmen sollte. Die meisten standen mit dem Rücken an der Wand, beobachteten die Menge und hielten Ausschau nach Anzeichen von Ärger. Alle hatten dieselbe versteinerte Miene wie Otar, der Türsteher, und alle sahen so aus, als könnten sie kräftiger in Hintern treten als ein Esel.
    Jesse kehrte mit unseren Getränken zurück. Ich nippte an meinem und verzog das Gesicht. Es war warm und schmeckte abgestanden. Man sollte meinen, dass für fünf Mücken wenigstens etwas Eis drin wäre. Aber natürlich waren wir nicht wegen der Getränke ins Odessa gekommen. Wir lehnten uns zurück und genossen die Show. Das Mädchen auf der Bühne beendete den Auftritt mit einem geheuchelten Orgasmus. Die Musik verhallte. Eine Rückkoppelung surrte aus der Tonanlage.
    »Applaus für Sicily«, rief der DJ und kündigte damit einen weiteren Wechsel der Tänzerinnen an. Es folgte vereinzelter Beifall, vermischt mit Buhrufen, Pfiffen und anzüglichem Jubel.
    »Sicily tritt in einer Stunde noch einmal auf. Jetzt bitte Applaus für einen weiteren Star des Odessa . Meine Herren, begrüßen Sie Sondra!«
    Aus den Lautsprechern ertönte Gwen Stefani. Die Beleuchtung wurde gedämpft. Ein roter Spot erhellte die Bühne. Die Menge johlte begeistert. Wer immer Sondra war, sie hatte einige Fans.
    »Mehr Applaus!«, drängte der DJ. »Applaus für Sondra!«
    Und dann sah ich sie.
    Sondra betrat die Bühne.
    Und ich fiel.

4
    Das Erste, was mir an Sondra auffiel, war ihr blaues Auge, doch es war ihr Lachen, das meine Aufmerksamkeit richtig fesselte.
    Der DJ brüllte, die Menge johlte, und die Musik schwoll an – ein vollkommener Sturm aus weißem Rauschen, der mir Kopfschmerzen bescherte. Ich schaute auf mein Getränk hinab, nippte daran und hörte sie lachen. Trotz all des Lärms hörte ich sie lachen. Als ich wieder aufschaute, erblickte ich diese wunderschöne Frau mit einem blauen, verschwollenen Auge, die über die Bühne tanzte, als gehöre sie ihr. Dabei lächelte und kicherte sie und winkte dem Publikum zu. Sie
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