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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order
Autoren: Andrea Gunschera
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für Rosenfeldts Tod bezahlt hat?“
    „Und dann?“
    „Dann können Sie gehen, wohin Sie wollen.“
    „Einfach so?“
    Der Israeli kicherte leise. „Das könnten Sie natürlich jetzt schon. Aber ich baue darauf, dass Sie meinen Vorschlag noch hören wollen.“
    „Der von den Namen abhängt, die ich Ihnen nenne?“
    Sie folgten der Straße bis zum Ende und bogen in die Quergasse ab. Das gleichförmige Geräusch der Regentropfen webte ein sanftes Rauschen zwischen die Häuser. Nikolaj warf einen Blick über die Schulter. Die Straße hinter ihnen blieb leer. Ein Stück voraus tauchte ein U-Bahn-Schild auf.
    „Zwei Namen“, sagte er. „Es sind zwei.“
    Katzenbaum nickte.
    „Was werden Sie tun, wenn Sie sie wissen? Diese Leute zur Rechenschaft ziehen? Wollen Sie es öffentlich machen?“
    „Nicht öffentlich. Ich bin nicht verrückt.“
    „Aber Sie wollen es auch nicht einfach auf sich beruhen lassen. Das Wissen allein reicht Ihnen nicht.“ Sie wichen einer Pfütze aus. Nikolaj drehte den Kopf, so dass er dem Israeli ins Gesicht sehen konnte. „David Liberman. Das ist der erste Name.“
    „Oh“, murmelte Katzenbaum.
    „Kennen Sie ihn?“
    „Nicht persönlich. Und der andere?“
    „Ich gebe Ihnen diesen Namen, und Sie kommen mir nie mehr in die Quere.“
    „Einverstanden. Aber ich kann nicht für den gesamten Dienst sprechen.“
    Nikolaj lächelte dünn. „Das haben Sie sehr diplomatisch ausgedrückt.“
    „Es ist die Wahrheit.“
    „Shimon Cohen.“
    „Shimon Cohen“, wiederholte Katzenbaum mit brüchiger Stimme.
    „Sie wirken nicht überrascht.“
    „Ich hatte das befürchtet.“ Die Worte kamen wie zähflüssiges Wachs über die Lippen des Israelis. „Ich hatte nur gehofft, dass ich falsch liege. Aber nein, sehr überrascht bin ich nicht.“
    „Und jetzt? Machen Sie einfach weiter wie bisher?“
    Katzenbaum musterte die Treppen, die hinunter in den U-Bahn-Schacht führten. Ein verkniffenes Lächeln vertiefte die Fältchen um die Augen des Katsa. „Falls Sie je daran denken sollten, Cohen ausschalten zu wollen, dann rufen Sie mich an. Wenn Sie Hilfe brauchen.“
    Nikolaj fröstelte plötzlich. „Das ist alles?“
    „Das ist alles.“
    „Nichts weiter?“ Er hob den Arm zu einer weit ausholenden Bewegung. „Kein Ruhm für Lev Katzenbaum? Der Mann, der den Rosenfeldt-Killer zur Strecke brachte?“
    „Nein.“ Ein Hauch Trauer prägte sich auf die hageren Züge.
    Er spürte eine warme Welle der Zuneigung für den Mann in sich aufsteigen. Er streckte ihm die Hand entgegen. Katzenbaum ergriff sie und erwiderte den Druck. „Leben Sie wohl“, sagte er. „Und vergessen Sie nicht ...“
    „Ich weiß. Dann rufe ich Sie an.“
     
    Er stieg die Stufen hinab, mechanisch einen Fuß vor den anderen setzend. Auf halber Höhe blieb er stehen und drehte sich um. Er erhaschte einen letzten Blick auf Katzenbaum, der hinter der Straßenecke verschwand. Ein Wagen näherte sich und verklang wieder in der Ferne.
    In seinem Kopf hallte Leere. Blind starrte er in den Regen. Dann, mit einem Ruck, setzte er sich wieder in Bewegung. Die Luft war von Feuchtigkeit gesättigt, es stank nach Urin. Flackerndes Neonlicht erhellte die Kacheln. Er suchte seine Taschen ab, während er den Bahnsteig mit den Gleisen betrat. Sie hatten ihm die Waffen abgenommen, aber in der Innentasche seiner Jacke steckten noch die Papiere. Das Gefühl der Unwirklichkeit hielt an.
    Er musste sich schnellstmöglich einen neuen Pass besorgen. Wenn sie seine Sachen durchsucht hatten, und davon ging er aus, dann war die Giacomo Sebastiano-Identität nicht mehr sicher. Es half ihm, sich auf operative Details zu konzentrieren. Er würde die Kreditkarte nutzen, um soviel Bargeld wie möglich abzuheben, und dann musste er jemanden finden, der ihm neue Papiere machte.
    Während er langsam den Bahnsteig entlang wanderte, fragte er sich, ob er manipuliert worden war. Ob es etwas gab, das er übersehen hatte. Er drehte sich um und musterte den verlassenen Korridor. Dann dachte er an Carmen und fühlte überwältigende Einsamkeit. Kälte kroch seine Arme hinauf und sickerte tiefer und es half nicht, dass er die Jacke enger um sich zog.
     
    Er fuhr nur drei Stationen weit. An der Station Möckernbrücke verließ er den Wagon, um in die S-Bahn umzusteigen. Kein Mensch außer ihm war auf dem Bahnsteig. Es war Sonntag, früh am Morgen. Die Uhr über der Digitaltafel zeigte halb sieben. Sein Körpergefühl driftete fort, die Muskeln wollten sich der
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