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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order
Autoren: Andrea Gunschera
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überfluten drohte. „Die Anweisung lautete, Rosenfeldt direkt während seiner Rede zu erschießen. Aber das ließ sich leider nicht machen.“ Er warf den Zigarettenrest in den leeren Kaffeebecher. „Aus sicherheitstechnischen Gründen.“
    „Bereuen Sie die Tat?“
    Nikolaj schwieg eine Zeitlang. „Nein“, sagte er. „Aber ich bin auch nicht stolz darauf.“
    „Was empfinden Sie dann?“
    „Es war ein Geschäft.“
    „Ein Geschäft.“ Nachdenklichkeit verschattete Katzenbaums Blick. Dann, als würde er plötzlich aus einer Trance erwachen, kehrte er zu seinem nüchternen Tonfall zurück. „Alle schrien nach Rache. Seltzer verlor die Beherrschung. Vom Aman kamen Informationen zu einem geheimen Treffen, bei dem vier hochrangige PLO-Funktionäre teilnehmen würden, Arafats zweite Kommandoebene. Hals über Kopf wurde ein Vergeltungsschlag geplant, und Seltzer tat nichts, um dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten. Im Gegenteil, er unterstützte die Aktion.“ Er rieb sich mit der Hand über das Kinn. „Die Operation endete in einem Desaster. Wenn wir mehr Zeit auf das Studium gescheiterter militärischer Aktionen verwenden würden, dann könnten wir bestimmt interessante Statistiken daraus ableiten.“
    „Was ist passiert?“
    „Ich glaube, dass wir einer Falschinformation aufgesessen sind. Wir haben ein Dorf mit zweihundert Zivilisten dem Erdboden gleichgemacht. Fünfzig Kinder.“ Er schnaubte. „Danach wollte niemand mehr Frieden.“
    „Aber Sie glauben nicht, dass es die Palästinenser waren“, sagte Nikolaj ruhig. „Mit Rosenfeldt, meine ich.“
    „Ich war mir nie sicher. Wir hatten Indizien, und es war leicht, mit dem Finger auf Arafat zu zeigen.“
    „Fühlen Sie sich verantwortlich für den Tod der fünfzig Kinder?“
    „Ich fürchte, dieser Frage habe ich mich nie wirklich gestellt.“
    Die Offenheit des Mannes verblüffte Nikolaj. „Was wollen Sie dann von mir? Wenn es nicht um Rache geht?“
    „Der Auftrag kam aus Israel. Habe ich recht?“
    „Ja.“
    „Hat es Ihnen dieser Waffenhändler erzählt?“
    „Woher wussten Sie überhaupt von dem Treffen?“
    „Heutzutage lassen sich nur wenige Dinge geheim halten.“
    „Dann wissen Sie vielleicht auch, wer die Killer waren?“
    „Die Kusowjenko erschossen haben?“ Katzenbaum Lachen klang wie ein Husten. „Das waren unsere Leute. Also nicht gerade meine Leute. Aber Mossad. Sie standen übrigens auf der Liste der Zielpersonen. Sehen Sie, ich bin offen zu Ihnen. Und ich sage Ihnen noch was. Kein Mensch weiß, dass Sie hier sind. Ich handle außerhalb des offiziellen Protokolls.“ Er verzog einen Mundwinkel. „Deshalb kann ich Ihnen auch das verdammt beste Geschäft Ihres Lebens anbieten.“
    „Was ist mit denen da draußen?“ Nikolaj machte eine Kopfbewegung zur Tür. „Gehören die zu Ihnen? Oder zum Mossad?“
    „Um die brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Stimmt es übrigens, dass Sie über Carmens Verbleib nichts wissen?“
    „Wir haben uns kurz vor dem Treffen auf der Museumsinsel getrennt. Ich wollte sie nicht mit reinziehen.“
    „Sie haben sie einfach laufen lassen?“
    „Es gab keinen Grund, sie festzuhalten.“
    „Sie hätten sie töten können.“
    „Warum hätte ich das tun sollen?“
    Katzenbaum zuckte mit den Schultern. „Damit sie niemandem von Ihnen erzählen kann.“
    „Ich bin kein mordender Irrer.“
    Der Israeli schwieg eine Zeitlang. Dann: „Wer war der Auftraggeber?“
    Nikolaj musste lächeln. Er empfand widerwillige Sympathie für den Mann. „Sie sind gut. Aber das wissen Sie, oder? Was haben Sie früher gemacht? Waren Sie Verhörspezialist?“
    Katzenbaum gab das Lächeln zurück. „Eine Weile.“
    „Habe ich eine Chance, lebend aus der Sache heraus zu kommen?“
    Katzenbaum stand auf und trat ans Fenster. Er schaute minutenlang auf die nächtliche Straße hinaus. Das Schweigen zog sich hin. „Ja.“ Er blieb so stehen, mit dem Rücken zu Nikolaj. „Wenn wir einen Weg finden, wie wir einander vertrauen können.“
     
    *
     
    Es regnete, als sie hinaus auf die Straße traten. Im nassen Asphalt spiegelten sich die Lichter der Straßenlaternen. Am Horizont kündete sich zaghaft grau der Morgen an. Trotz seiner Jacke war Nikolaj binnen Minuten bis auf die Haut durchnässt.
    „Sie trauen mir immer noch nicht“, sagte Katzenbaum. Obwohl er das verletzte Bein nachzog, bewegte er sich fast mit normaler Laufgeschwindigkeit.
    „Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch.“
    „Verraten Sie mir jetzt, wer
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