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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order
Autoren: Andrea Gunschera
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zustande. „Sehen Sie mich an, und dann fragen Sie sich das noch einmal.“
    „Wer hat für Rosenfeldts Kopf bezahlt?“
    „Warum sollte ich Ihnen das sagen?“
    Katzenbaum lehnte sich vor. „Weil ich Ihnen einen Deal anbieten will.“
     
    Nikolaj starrte auf die Tür, nachdem der Israeli den Raum verlassen hatte. Es gelang ihm nicht, den Mann einzuordnen. Katzenbaum verströmte eine starke Präsenz, eine vertrauenswürdige und authentische Aura, aber zugleich haftete ihm etwas an, das latentes Misstrauen schürte. Bei seiner Rückkehr trug er zwei Kaffeetassen in der einen und ein Messer in der anderen Hand. Er stieß die Tür mit dem Fuß zu und stellte die Tassen auf dem Boden ab.
    „Ich löse Ihre Fesseln, wenn Sie mir versprechen, dass Sie sitzen bleiben und wir uns wie zivilisierte Menschen unterhalten.“
    „Ich sollte also nicht versuchen, dieses Zimmer zu verlassen?“
    Katzenbaum trat hinter ihn, bückte sich und berührte seinen Arm. „Falls Sie spekulieren, mich als Geisel zu nehmen, verschieben Sie diese Überlegungen auf später. Mein Vorschlag wird Ihnen viel besser gefallen. Er hat außerdem“, mit einem kräftigen Ruck durchtrennte er die Kunststoffbänder, „den Vorteil, dass keiner dabei verletzt wird.“
    Nikolaj nahm die Arme nach vorn. Die Bewegung war qualvoll. Er stöhnte auf, als wieder Blut in seine Hände schoss.
    „Besser?“
    Er antwortete nicht, sondern bewegte seine Finger, während er die Zähne zusammenbiss, um nicht zu schreien. Sacht tastete er über den Verband, der sich um seine Rippen spannte.
    „Wir haben die Kugel rausgeholt. Sie hatten Glück. Trotzdem sollten Sie noch mal einen Arzt aufsuchen. Das ist nur ein Provisorium.“
    „Danke“, murmelte er. Die Situation hatte eine unerwartete Wendung genommen. Als er das Gefühl hatte, seine Hände wieder kontrollieren zu können, griff er nach der Kaffeetasse. Über den Rand hinweg blickte er Katzenbaum an.
    „Sagen Sie nichts, hören Sie einfach nur zu.“ Der Mann musste weit in den Fünfzigern sein. Helle intelligente Augen, die tief in den Höhlen lagen, Bartstoppeln, das Haar kurz geschnitten und von Grau durchschossen. „Der Mord an Rosenfeldt kam zu einem unglücklichen Zeitpunkt, aber inzwischen glaube ich, dass das Absicht war. Wie Sie sicher wissen, verhandelte Ehud Barak mit den Palästinensern über eine dauerhafte Lösung. Zusammen mit den Amerikanern saßen sie in Taba und versuchten Nägel mit Köpfen zu machen. Die Verhandlungen liefen nicht gut, weil Arafat sich störrisch gab. Als klar wurde, dass der Attentäter in Berlin mit PLO-Geld bezahlt worden war, gab das den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“ Er hielt inne, um sich eine neue Zigarette anzuzünden und hielt Nikolaj die Packung hin. „Hier, jetzt nehmen Sie endlich eine. Beruhigt die Nerven.“
    Der erste Zug trieb Nikolaj Tränen in die Augen. „Was ist das?“, fragte er hustend.
    „Gutes ägyptisches Kraut.“ Der Israeli kicherte. „Aber zurück zu Taba. Rosenfeldt war ein prominenter Freund Israels. Er hatte viel Einfluss im US-Senat und machte sich für eine pro-israelische Politik stark. Außerdem war er eng mit Ephraim Seltzer befreundet, dem damaligen Direktor des Mossad. Seltzer ist ein besonnener Mensch, dem der Friedensprozess mit den Palästinensern am Herzen liegt. Als er von Rosenfeldts Tod erfuhr, war er allerdings außer sich. Er telefonierte mit Ehud Barak und in der Zwischenzeit erhärtete sich der Verdacht, dass die PLO ihre Finger im Spiel hatte, die damals nichts ohne Arafats Billigung taten. Barak empfand es als bewusste Provokation und viele andere sahen es genauso. Er kam zu dem Schluss, dass Arafat eigentlich gar nicht verhandeln wollte. Also brach er die Konferenz ab und fuhr ohne Ergebnis nach Jerusalem zurück.“
    „Ja, ich erinnere mich.“
    „Danach entwickelte sich eine Art kollektiver Rachedurst. Mit etwas Abstand sieht alles anders aus, aber damals war es ein rotes Tuch. Verstehen Sie mich richtig, wir machen den Arabern ein großzügiges Angebot, wir strecken gewissermaßen die Hand aus und lassen die Deckung fallen. Und die schlagen uns ins Gesicht. Selbst wenn Sie den persönlichen Verlust beiseite lassen, der Mord hatte eine symbolische Komponente. Die Aussage dahinter war mehr als deutlich. Seht her, wir schänden eure heiligen Stätten und ihr könnt nichts dagegen tun.“
    „Ich weiß.“ Nikolaj kämpfte gegen das Gefühl vollkommener Erschöpfung, das seinen Geist zu
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