Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer
Autoren: Stephanie Parris
Vom Netzwerk:
der bewaffneten Reiter des Sheriffs folgten uns in diskretem Abstand.
    »Du hast deine Sache gut gemacht, Bruno«, sagte Sidney über seine Schulter hinweg. »Du hast dein Leben riskiert, um einen Mörder und einen Priester zu überführen. Der Sheriff wird zwar den Ruhm für die Festnahme für sich beanspruchen, aber
Walsingham wird erfahren, dass sie nur dank deines Mutes möglich war.«
    »Ich hatte die Hoffnung, dich wiederzusehen, schon aufgegeben«, murmelte ich in seinen Rücken, als er das Pferd zu einem schnellen Trab antrieb. Ich spürte, wie mich mit einem Mal eine Welle der Erschöpfung überflutete. »Ich dachte, meine Nachricht hätte dich nicht erreicht.«
    »Ein Küchenjunge vom Lincoln brachte dein Päckchen noch vor dem Morgengrauen zu uns«, berichtete er. »Anscheinend hat er an das Tor des Christ Church gehämmert wie gegen das Tor der Hölle. Er sagte dem Pförtner, es sei dringend, und muss mit Zähnen und Klauen darum gekämpft haben, zu mir zu gelangen. Aber der Pförtner wollte den Dekan nicht vor dem ersten Tageslicht wecken, und der Dekan, dieser Narr, wollte mich erst nach der Frühmesse wecken, daher die Verzögerung. Der Junge beharrte aber darauf, mir das Päckchen unbedingt persönlich zu übergeben, obwohl der Dekan versucht hat, ihm das auszureden. Sowie ich sah, was es enthielt, wusste ich, dass du in ernster Gefahr schwebst, und wies den Dekan an, den Sheriff zu holen. Wir ahnten nicht, dass uns Newells Leute zuvorkommen würden.«
    »Slythurst hat sie mir auf den Hals gehetzt«, erklärte ich, ohne meine Verbitterung zu verbergen. »Er wollte diese Briefe um jeden Preis an sich bringen.«
    »Ich schätze, er ist ein unbedeutender Informant, der sich hervortun wollte«, meinte Sidney. »Walsingham hat überall an der Universität solche Leute sitzen, aber sie wissen nichts voneinander. Er glaubt, dann arbeiten sie effizienter.«
    »Wo sind die Briefe jetzt?«, fragte ich mit gedämpfter Stimme.
    »Mit einem vertrauenswürdigen Boten auf dem Weg nach London. Dort werden sie entschlüsselt und bei dem Prozess als Beweismittel verwendet werden. Ich habe zwar nur wenig lesen können, aber der Inhalt wird ausreichen, um Jerome Gilbert wegen Verrats an den Galgen zu bringen.« Er hielt inne und lenkte das Pferd von dem Feldweg auf die Straße zur Stadt. »Der Kronanwalt
wird dann noch Anklage wegen vierfachen Mordes erheben – eine zusätzliche Warnung für die Bevölkerung vor der Skrupellosigkeit der Jesuiten.«
    »Aber Thomas Allen hat die drei Männer am Lincoln getötet«, protestierte ich. »Er hat es gestanden.«
    »Nun, jetzt kann er nichts mehr gestehen, und diese Version würde wesentlich weniger Aufsehen erregen als die Verurteilung des katholischen Priesters«, versetzte Sidney. »Jerome Gilbert. Er ist der jüngere Sohn einer wohlhabenden Familie aus Suffolk; sein Bruder George hat alle Mittel für Edmund Campions Mission aufgebracht. Nach Campions Hinrichtung floh er nach Frankreich. Sein Bruder muss ihn begleitet haben.« Er schüttelte ärgerlich den Kopf. »Man hätte sie genauer beobachten sollen.«
    »Denkst du, sie werden Jerome verhaften?«
    »Die Männer des Sheriffs suchen alle aus Oxford herausführenden Straßen ab. Weit kann er nicht kommen.«
    »Und was ist mit Sophia?«, fragte ich besorgt.
    »Sie wird zusammen mit ihm verhaftet werden«, entgegnete Sidney über seine Schulter hinweg ungerührt. »Der Rest hängt von ihr ab. Wenn sie sich halsstarrig zeigt, droht ihr die Folter.«
    »Die Folter?« Ich richtete mich auf und beugte mich zu seinem Ohr. »Aber sie ist guter Hoffnung.«
    Ich spürte, wie er die Achseln zuckte.
    »Dann kann sie ihre Schwangerschaft geltend machen, und ihre Familie kann dafür bezahlen, dass sie aus dem Gefängnis entlassen wird, bis das Kind geboren ist. Das gibt ihr Zeit, um zu entscheiden, ob ihre Treue zu Gilbert seine Hinrichtung überlebt. Er wird nach London geschafft; sie wollen aus ihm herausbringen, was er sonst noch weiß. Wo hast du die Briefe eigentlich gefunden?«, erkundigte er sich beiläufig.
    Ich zögerte, wohl wissend, dass ich meine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen und mir vermutlich Walsinghams Gunst verscherzen würde, wenn Sophia darauf bestand, die Wahrheit zu sagen. Aber die Vorstellung, sie könne den Foltern unterzogen
werden, die Walsingham mir beschrieben hatte, ließ mir keine andere Wahl, als zu einer Lüge zu greifen.
    »Sophia hat sie mir gegeben.« Ich hörte selbst die Falschheit aus meiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher