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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer
Autoren: Stephanie Parris
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erhalte beunruhigende Berichte aus Paris. Die Verschwörergemeinschaft ist wieder erstarkt und schmiedet Pläne gegen unser Reich. Haltet Euch in der Nähe des Botschafters und seht zu, was Ihr in Erfahrung bringen könnt.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, versicherte ich ihm.
    »Aber nun«, er erhob sich langsam, »hat Philip Neuigkeiten für Euch, über die Ihr Euch hoffentlich freuen werdet.«
    Er sah Sidney erwartungsvoll an. Dieser legte einen Arm um meine Schulter.
    »Mein alter Lehrer John Dee hat großes Interesse daran geäußert, deine Bekanntschaft zu machen und dir die Schätze seiner Bibliothek zu zeigen. Sein Haus bei Mortlake liegt keine Meile von hier entfernt, und ich soll dich heute Nachmittag zu ihm bringen, wenn dir das recht ist.«

    »Wenn mir das recht ist?« Zum ersten Mal seit Tagen fühlte ich wieder Leben in mir. Obgleich Sidney Jerome Gilberts Hinrichtung als meinen Triumph bezeichnete, hatte ich seit meiner Rückkehr aus Oxford nicht das Gefühl gehabt, etwas erreicht zu haben. Tatsächlich hatte ich bei dem Gedanken, dass so viele Leben für so wenig geopfert worden waren, nichts als tiefe Schwermut empfunden. Sogar meine Bücher hatten mich nicht mehr reizen können. Ich hatte oft an Sophia gedacht und mich gefragt, wie ihr Leben wohl weiter verlaufen würde, und ich hatte schon zu fürchten begonnen, dass ich nie wieder fähig sein würde, mich an irgendetwas zu freuen. Doch jetzt weckte die Aussicht, Doktor Dees Bibliothek zu besichtigen, und die Hoffnung darauf, dass er vielleicht doch eine Ahnung hatte, wer ihm vor all diesen Jahren das verloren geglaubte Buch des Hermes Trismegistos gestohlen hatte, meine Neugier aufs Neue.
    Sidney griff nach seinem Umhang. Walsingham trat zu mir und nahm meine Hand. Seine unergründlichen Augen bohrten sich in die meinen.
    »Ihr habt großen Mut bewiesen, Bruno«, sagte er mit einem Anflug von väterlichem Stolz in der Stimme. »Philip erzählte mir, Ihr hättet Euer eigenes Leben riskiert, um diesen Priester vor Gericht zu bringen, und der Kronrat ist Euch zu Dankbarkeit verpflichtet. Ich hoffe auf eine lange und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Euch.«
    Ich hielt es für ratsam, ihm zu verschweigen, dass ich mein Leben eigentlich für ein Buch und ein Mädchen riskiert hatte; da ich ohne beides zurückgekehrt war, konnte ich genauso gut behaupten, es sei alles zum Wohle des englischen Staates geschehen, also quittierte ich sein Lob mit einem Nicken, als Sidney mir die Tür aufhielt. Wenn die blutigen Ereignisse in Oxford etwas Gutes gebracht hatten, dann das: Ich war jetzt mehr denn je davon überzeugt, dass das Christentum dringend eine neue Philosophie benötigte; eine, die uns zusammenbringen würde, wenn wir aus dem Schatten religiöser Kriege in das Licht vereinter Menschlichkeit und eines vereinten Glaubens hinaustraten.
Es würde mir, Giordano Bruno aus Nola, zufallen, die Bücher zu schreiben, die dieses Feuer in Europa entzünden würden, und ich beabsichtigte, sie mit Walsinghams Hilfe in die Hände eines Monarchen zu legen, der imstande war, sie zu verstehen. Wenn ich Sophia schrieb, um ihr von Jeromes Tapferkeit zu berichten, würde ich ihr auch einschärfen, dass es noch nicht zu spät war, auf eine bessere Welt zu hoffen.

Danksagung
    Ich bedanke mich ganz herzlich bei Professor Paul Langford, dem jetzigen Rektor des Lincoln College, für seine liebenswürdige Gastfreundschaft und den anderen Lincoln-Fellows, die mir großzügig erlaubt haben, mich in ihren wunderbaren Gebäuden umzusehen, und die mir ihre kostbare Zeit gewidmet haben, um meine Fragen zu beantworten.
     
    Außerdem danke ich Gemma Tuxford und Giovanni Tepedino für ihre Hilfe bei den italienischen Ausdrücken. Für alle Fehler, die noch übrig geblieben sein sollten, bin ich verantwortlich.

Erste Auflage © der Originalausgabe 2010 by Stephanie Merritt © der deutschsprachigen Ausgabe 2011 by Limes Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
    eISBN 978-3-641-09850-6
     
     
     
    www.limes-verlag.de
    www.randomhouse.de
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