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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer
Autoren: Stephanie Parris
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ja nicht mehr in der Stadt aufhalten, aber er hat Freunde, die er durchaus angewiesen haben kann, dafür zu sorgen, dass du nicht nach London zurückkehrst und redest. Bis wir morgen aufbrechen, gehst du nirgendwo allein und unbewaffnet hin.«
    Ich war gerade dabei, meinen Stiefel anzuziehen, und hielt abrupt inne.
    »Ich möchte den Rektor aber gern allein sprechen.«
    »Keine Sorge, ich werde euren Abschied nicht stören. Ich unterhalte mich mit dem Pförtner, während ich auf dich warte.«
    »Cobbett!«, entfuhr es mir, als mir einfiel, dass Sidney ohne Cobbetts mutiges Eingreifen meine Nachricht nie bekommen hätte und ich mit Sicherheit ermordet oder eingekerkert worden wäre – je nachdem, welcher meiner Verfolger mich als Erster erreicht hätte. Ich wandte mich entschuldigend an Sidney. »Ich fürchte, ich muss dich um einen Vorschuss auf die versprochene Belohnung deines Schwiegervaters bitten. Jenkes hat meine Börse gestohlen, und ich möchte Cobbett danken: Er war es,
der den Jungen zu dir geschickt und mich dadurch gerettet hat, ohne an etwaige Gefahren für sich selbst zu denken.«
    »Nun, dann wollen wir doch einmal sehen, was der Universitätsweinkeller für einen Mann mit einem so tapferen Herzen zu bieten hat.« Sidney öffnete mir grinsend die Tür. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, Bruno, aber diesmal bin ich nicht allzu traurig, diese Türme hinter mir zu lassen.«
    »Ich auch nicht«, erwiderte ich inbrünstig, dabei erinnerte ich mich mit einem Anflug von Wehmut daran, wie ich einst davon geträumt hatte, mir in Oxford einen Namen zu machen.
     
    Als wir mit einer Flasche spanischem Wein, den Sidney beim Kellermeister des Christ Church erstanden hatte, beim Torhaus des Lincoln eintrafen, war in dem kleinen Pförtnerhäuschen nichts von Cobbett zu sehen. An seinem Platz saß ein scharfgesichtiger Mann mit zottigem braunem Haar, der argwöhnisch zu uns aufsah und dann den Blick senkte, als er die Qualität von Sidneys Kleidern bemerkte.
    »Wo ist Cobbett?«, fragte ich barscher als nötig.
    Der Mann, dem mein Ton sichtlich missfiel, zuckte die Achseln.
    »Ich weiß nur, dass er von seinen Pflichten entbunden wurde. Es heißt, er würde in den Ruhestand gehen. Zu wem wollt Ihr denn?«
    »Zu Rektor Underhill. Er erwartet mich. Ich bin Doktor Bruno.«
    Sidney klopfte mir ungewöhnlich sanft auf die Schulter.
    »Ich werde im Mitre Inn an der Ecke der High Street etwas trinken. Komm dorthin, wenn du fertig bist, und denk noch nicht einmal daran, ohne mich weiterzugehen«, fügte er mit einem warnenden Blick hinzu. Der neue Pförtner funkelte mich finster an, dann deutete er zum Hof hinüber.
    »Ihr findet ihn in seiner Wohnung«, grunzte er, dabei beäugte er die Weinflasche gierig. Ich klemmte sie mir fest unter den Arm und überquerte den Hof. In der Mitte drehte ich mich kurz
um und blickte erschauernd zum Fenster der Turmkammer und der Tür zu der Kammer hinüber, die einst Gabriel Norris und Thomas Allen bewohnt hatten.
    Adam, der alte Diener des Rektors, öffnete mir die Tür und wäre fast zurückgetaumelt, als er mich sah. Seine übliche mürrische Miene wich einem Ausdruck echten Entsetzens. Er zog die Tür hinter sich zu, damit ihn niemand hören konnte, und trat in den Gang.
    »Ich kann Euch bezahlen, Sir«, zischte er, dabei krallte er eine Hand in das Vorderteil meines Wamses. »Ich habe Geld für mein Alter zurückgelegt, es ist kein Vermögen, aber Ihr habt sicher Verwendung dafür. Wisst Ihr, es war einfach nur ein unglücklicher Zufall, dass Ihr mich in dieser Nacht gesehen habt, denn ich gehe kaum noch dorthin, ich wollte nur einem Freund einen Gefallen tun. Aber wenn Ihr einen Bericht anfertigen oder eine Namensliste erstellen müsst, dann flehe ich Euch an, nehmt mein Geld und sorgt dafür, dass mein Name nicht auftaucht …«
    »Nur ruhig, Adam.« Ich löste seine zitternde Hand von meinem Wams. Eigenartigerweise fühlte ich mich gekränkt. »Ich brauche dein Geld nicht, und es hat mich niemand nach Namen gefragt. Aber wenn du schon eine verbotene Religion praktizierst, dann habe wenigstens den Mut, dazu zu stehen, ansonsten hat das alles keinen Sinn.«
    Er schenkte mir ein dankbares Lächeln und öffnete mir die Tür.
    »Mein Herr ist dort drinnen«, murmelte er mit gesenktem Kopf.
    In dem großen Raum, in dem wir an meinem ersten Abend in Oxford so kameradschaftlich zusammen gespeist hatten, stand der Rektor mit hinter dem Rücken gefalteten Händen am
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