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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer
Autoren: Stephanie Parris
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wurde immer überstimmt. Vielleicht sieht der Rat jetzt ein, dass es so nicht weitergeht.«
    »Es ist eine grausame Art zu sterben«, stimmte ich zu.
    Walsingham sah mich mit erregtem Gesicht an. »Grausamer als der Tod auf dem Scheiterhaufen, zu dem die Katholiken die Protestanten verurteilen, oder die Massaker, die sie unter ihnen anrichten? Ihr habt mir ja selbst gesagt, dass Ihr mit eigenen Augen gesehen habt, wie Gilbert diesen Jungen, Thomas Allen, kaltblütig getötet hat, und Ihr wart sicher, dass er das Mädchen auch aus dem Weg räumen wollte, obwohl es guter Hoffnung war. Und Philip sagt, er hätte Euch ebenfalls ermordet. Also war er nicht unschuldig, Bruno. Habt kein Mitleid mit ihm.«
    »Nein.« Ich bestätigte dies, indem ich den Blick senkte.
    »Es ist nicht leicht, derartige Szenen mit anzusehen«, fuhr Walsingham etwas ruhiger fort, dabei legte er kurz eine Hand auf meinen Arm. »Ihr haltet mich zweifellos für einen Barbaren, weil ich auf Eurer Gegenwart bestanden habe. Aber ich habe Euch gewarnt. Wer in den Dienst Ihrer Majestät eintritt, hat einen steinigen Weg gewählt. Das wollte ich Euch begreiflich machen.«
    »Er ist würdevoll gestorben«, warf Sidney so abrupt ein, als habe er die ganze Zeit darüber nachgegrübelt.
    »Er hat sich auch im Tower tapfer gehalten«, erwiderte Walsingham.
Ein Hauch von Respekt schwang in seiner Stimme mit. »Sie haben ihn in Reims hervorragend dazu ausgebildet, Schmerzen zu ertragen. Wir haben keinen einzigen Namen aus ihm herausbekommen, obwohl wir ihn Stunden über Stunden bearbeitet haben.«
    Ich krümmte mich innerlich bei der Erinnerung an Jeromes blutige Finger und versuchte, nicht eingehender darüber nachzudenken, was »bearbeiten« bedeuten mochte.
    »Was wird mit Sophia geschehen?«, fragte ich zögernd, dabei nippte ich an meinem Glas.
    »Underhills Tochter? Sobald sie nach ihrer Niederkunft wieder zu Kräften gekommen ist, wird sie verhört.« Als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte, fügte er hinzu: »Ich bin überzeugt, sie wird bereitwillig reden, sie hat ja auch die Briefe aus freien Stücken abgeliefert. Aber sie kennt vielleicht noch andere Namen als die, die wir von Euch und Walter Slythurst haben.«
    Er fixierte mich mit einem stechenden Blick, und ich senkte den Kopf. Ich fragte mich, ob Sidney ihm von meiner Lüge bezüglich Sophia und den Briefen erzählt hatte, oder ob er wusste, dass ich bestimmte Namen zurückgehalten hatte als er mich nach meiner Rückkehr aus Oxford befragte. Vielleicht hätte er dieselben Namen – Richard Godwyn, Humphrey Pritchard, die Witwe Kenney – auch von Slythurst oder Underhill erfahren, aber ich bezweifelte es.
    »O bitte, dieser Slythurst ist absolut nutzlos«, meinte Sidney verächtlich, erhob sich und durchquerte den Raum, um sich ein Glas Wein einzuschenken. »Er hat den Priester nicht enttarnen können, obwohl er ihn jeden Tag vor der Nase hatte, und er hat versucht, Bruno ans Messer zu liefern. Ich würde vorschlagen, ihm keinen Penny mehr zu geben.«
    Walsingham seufzte.
    »Er ist nicht gerade der tüchtigste meiner Informanten in Oxford«, gab er zu. »Er hat mir vor ein paar Jahren seine Dienste angeboten, um aus seinen Schulden herauszukommen. Edmund Allen hat er mit äußerst rohen Mitteln auffliegen lassen, was nur
dazu geführt hat, dass die restlichen Papisten noch heimlicher zu Werke gingen. Außerdem ist er bei seinen Kollegen zu unbeliebt, um ihr Vertrauen zu gewinnen, sodass all seine Informationen letztendlich nur auf Schänkenklatsch beruhende Vermutungen waren. Tatsächlich habe ich ihn kurz vor eurer Ankunft gewarnt, dass er nicht länger für mich tätig sein könne, wenn er mir nicht brauchbarere Neuigkeiten liefert. Vielleicht war er deshalb so erpicht darauf, mit dem Finger auf irgendeinen Verdächtigen zu zeigen.«
    »Es wäre hilfreich gewesen, wenn ich gewusst hätte, dass er Euer Mann ist.« Ich bemühte mich, nicht vorwurfsvoll zu klingen.
    Walsingham lächelte, aber ich meinte, einen warnenden Unterton aus seiner Stimme herauszuhören.
    »Es ist besser, wenn wir alle unsere Geheimnisse hüten, Bruno. Er hätte sich ja als der Mörder entpuppen können. Ich wollte nicht, dass Euer Urteilsvermögen durch persönliche Sympathien oder Antipathien beeinträchtigt wird.«
    »Das wird nicht geschehen, Euer Ehren«, murmelte ich, ohne ihm in die Augen zu sehen.
    »Darauf baue ich«, gab er zurück. »Und jetzt brauchen wir Euch in der französischen Botschaft, Bruno. Ich
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