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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt
Autoren: Unbekannter Autor
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Nacht noch nach Hamburg fahren! Frau von Klein mußte schon gar nicht mehr angerufen werden, sie ahnte ohne Zweifel, daß ihre Tochter kam, und würde ohne Benachrichtigung den Weg zum Bahnhof finden. An Hans dachte sie gar nicht, der schien spurlos hinweggesunken.
    »Hans hat damit nichts zu tun«, sagte sie dann plötzlich laut und war verwundert, die eigene Stimme zu hören. Er hatte nichts damit zu tun - womit, danach wurde schon überhaupt nicht mehr gefragt -, aber helfen konnte er eben auch nicht. Es ist für den weiteren Verlauf des Abends nicht unwichtig, daß Ina während dieses gesamten bedrückenden und letztlich ungeklärten Zustands vielleicht gelegentlich etwas ungeduldig und befremdet, aber nie feindselig an Hans dachte. Man muß dies im Gedächtnis behalten und darf auf keinen Fall Hansens Sicht der Ereignisse übernehmen: Er war im Schutz seines schlechten Gewissens wohlgeborgen vor dem Medusenanblick der Sinnlosigkeit.
    Ina begann zu packen, aber obwohl sie eine geübte Reisende war, gestaltete sich dies Geschäft jetzt kompliziert bis zur vollständigen Undurchführbarkeit. Taschen und Koffer wurden herbeigezerrt und lagen mit aufgerissenen Mäulern auf dem Bett, dann holte sie heraus, was in Kommoden und dem großen Wandschrank aufbewahrt wurde. Ein Kleiderhaufen türmte sich über den Koffern. Sie nahm eine Bluse weg und legte einen Pullover dazu. Sie trug einzelne Kleidungsstücke herum und ließ sie dann irgendwo fallen. In kurzer Zeit war der gesamte Fußboden des Schlafzimmers mit Kleidern bedeckt. Sie hüpfte barfuß in dem wild durcheinandergeworfenen Kleiderhaufen herum. Sie fühlte, daß es ihr besser ging.
    *
    Hans fand die Hinterhofgesellschaft diesmal erweitert vor. Zu der im Kunststoffklappstuhl königinnenhaft hingegossenen Frau Mahmouni - heute in einem mit Bambus und tropischen Schmetterlingen bedruckten Complet gewohnten Stils, nur die orangefarbenen Sandaletten, die viel von den verdrehten Füßen sehen ließen, stachen mit gleichsam eigener Leuchtkraft aus dem Ensemble hervor -, zu Barbara, die einen dünnen Safarianzug angelegt hatte und zu dem ganz in hellblau gekleideten Vetter, zu Souad, der mißtrauisch aufgeplustert wie ein großer Truthahn dasaß, hatte sich Herr Wittekind gesellt, aber nicht, wie sich schnell zeigte, um sich unterhalten zu lassen oder ein Publikum für seine Monologe zu finden, sondern um mit Souad, in der gewohnt lässigen Weise und betont friedlich, über dessen Abrechnungen zu verhandeln.
    »Kommen Sie rüber in mein Büro«, sagte Souad gerade und wies in Richtung der Waschanlage. »Aber nicht morgen -übermorgen um fünf.«
    »Keineswegs werde ich das tun«, antwortete Wittekind. Er sprach wie immer lächelnd und tat, als begreife er das Ganze als Spiel. Es sei schwer, bei Souad einen Termin zu bekommen, und er sei davon überzeugt, daß ihnen übermorgen um fünf ein brennendheißes Telephonat dazwischenkommen werde. Es ging um die Nebenkostenabrechnung - »Das dürfte auch Sie interessieren«, sagte Wittekind zu Hans, auf das Selbstverständlichste zum Sie zurückkehrend. Dieser Mann gehörte offenbar zu dem glücklichen Geschlecht, das keine Peinlichkeit kannte. Hier war der nicht so seltene Fall gegeben, daß eine Zurücknahme des Du, mit so leichter Hand bewältigt, eine Entspannung gewährte, die seine Beibehaltung nicht zugelassen hätte. Man konnte Dinge im allgemeinen nicht ungeschehen machen, das hatte Hans mit Schmerzen empfunden, aber wenn man sich zusammentat, komite man es offenbar doch. Als Zeichen seiner Dankbarkeit setzte er eine geschäftsmäßig teilnehmende Miene auf. Souad sank in Verdrossenheit.
    Man hielt es in diesem Haus wie in den meisten anderen Mietshäusern auch: Die Mieter leisteten einen monatlichen Vorschuß auf die Heizungskosten, die Versicherungen und was da sonst noch anfiel - erfahrungsgemäß viel - und erhielten am Jahresende eine Abrechnung über die Verwendung dieser Gelder, und dann war entweder noch zuzuzahlen, oder es mußte von den Vorschüssen etwas zurückerstattet werden.
    »Wir warten seit zwei Jahren auf diese Abrechnungen«, sagte Wittekind und fügte scherzend hinzu, daß er vermute, die Verwaltung - das war Souad - hätte sich gewiß gemeldet, wenn sie mit dem Vorschuß nicht ausgekommen wäre -, aber da tiefes Schweigen herrsche, habe er die dringende Vermutung, daß im Gegenteil er etwas herauszubekommen habe. Souad fuhr auf und warf ihm einen anklagenden Blick zu, aber Wittekind gebot mit
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