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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom
Autoren: Uwe Klausner
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und liegen lassen und auf dem Familiensitz in Palm Beach mal wieder richtig ausspannen würde.
    Das wiederum konnte er sich abschminken, nicht nur aus einem, sondern einer Vielzahl von Gründen. Da war zum einen der Bürgerkrieg in Laos, wo laut Geheimdienstberichten die Kommunisten weiter auf dem Vormarsch waren. Jenseits der Grenze, in Vietnam, sah es nicht viel besser aus. Wie lange sich der mit den USA verbündete Süden ohne massive Unterstützung würde halten können, stand in den Sternen, genauso wie die Antwort auf die Frage, was aus den Exilkubanern, die sich in der Hand von Castro befanden, wohl werden würde. Viel Gutes war von seinem Intimfeind nicht zu erwarten, eher das Gegenteil. Dieser Bastard war immer für eine Überraschung gut, worauf er im Moment getrost verzichten konnte.
    Er hatte andere Sorgen, weiß Gott. In Berlin stand es nicht gerade zum Besten, man musste kein Prophet sein, um zu erkennen, dass es dort demnächst zur Sache gehen würde. So richtig, wohlgemerkt. Auf Biegen und Brechen. Mit diesem Bauerntrampel von Chruschtschow war nicht gut Kirschen essen, die Frage war, welchen Schachzug er wohl als Nächstes machen würde. Um ihm, dem verachteten Sohn schwerreicher Eltern, eins auszuwischen, war Stalins Nachfolger jedes Mittel recht. Wenn nötig, sogar die Drohung mit Krieg.
    So schnell wie von Chruschtschow erhofft, würde er sich den Schneid allerdings nicht abkaufen lassen. Da kannten ihn die Russen schlecht. Okay, in letzter Zeit hatte er ordentlich Federn lassen müssen, doch was Berlin betraf, verstand er keinen Spaß. Aus diesem Grund, aber auch, um nicht als flügellahmer Adler dazustehen, würde es dort kein Zurück geben. No way . Vor gut einer Stunde, in seiner landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache, hatte er den Russen noch mal ordentlich die Leviten gelesen. In Berlin würde alles so bleiben, wie es war. Sonst würde sich Chruschtschow auf etwas gefasst machen müssen.
    Hier die Alliierten, dort die Russen und ihre Statthalter im Osten der Stadt. Hier Freiheit, dort Knechtschaft. Hier die rettende Insel, dort das Meer der Unfreiheit.
    So und nicht anders lautete die Devise.
    Roger, Mister Chruschtschow?
    »So allein, Bruderherz? Na komm schon, so schlecht war deine Ansprache nun auch wieder nicht.«
    Am Ende des Säulenganges angekommen, in dem er geraume Zeit hin und her spaziert war, hellte sich Kennedys Miene beim Anblick seines Bruders Robert merklich auf. Bobby, so sein Spitzname, war seine rechte Hand. Für ihn, den um acht Jahre Jüngeren und amtierenden Justizminister, galt das Gleiche wie für die täglichen Muntermacher: Ohne sie und seinen engsten Vertrauten war er aufgeschmissen. So sicher wie das Amen in der Kirche.
    »Jedenfalls nicht so schlecht wie die Neuigkeiten, die du auf Lager hast«, flüchtete sich der Präsident in Galgenhumor. Vor Bobby brauchte er sich wenigstens nicht zu verstellen, weswegen er sich merklich zu entspannen begann. »Mehr kann man ja wohl nicht verlangen.«
    Robert Kennedy, je nach Bedarf Prellbock, Seelentröster oder Mann fürs Grobe, grinste breit. »Wie heißt es so schön: Ein Unglück kommt selten allein«, feixte er. »Weshalb der uns beiden ans Herz gewachsene CIA-Direktor, der sich nicht hat abwimmeln lassen, sein Alter Ego gleich mitgebracht hat.«
    »Dulles und Calabrese – womit hab ich das verdient!«, stöhnte Kennedy mit fatalistischer Miene auf, straffte seine Krawatte und machte sich auf den Rückweg ins Oval Office. »Ausgerechnet jetzt, wo es mir dreckig geht.«
    »Keine Sorge«, versicherte sein engster Vertrauter in der offenkundigen Absicht, den Bruder und Präsidenten aus seiner düsteren Stimmung zu reißen. »Mit den beiden Ränkeschmieden werden wir schon fertigwerden. Schließlich wissen wir genau, mit wem wir es zu tun haben.«
    »Mit den durchtriebensten Bastarden weit und breit, ich weiß«, versetzte Kennedy, ließ seinem Bruder den Vortritt und flüsterte ihm im Vorbeigehen zu: »Fragt sich nur, was sie diesmal ausgeheckt haben.«
     
    *
     
    »In die Offensive gehen – und wieso?«
    »Weil wir es uns meiner Ansicht nach nicht mehr leisten können, andauernd den Schwanz einzu … äh … eine Schlappe nach der anderen zu kassieren, Mister President. Noch so ein Schnitzer, und unser Imageverlust bei den Verbündeten wird so groß sein, dass uns kein Mensch mehr für voll nehmen wird, Sir«, schulmeisterte Dulles, wobei er den Justizminister, der ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre,
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