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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom
Autoren: Uwe Klausner
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was zum Henker ist denn eigentlich los?«
    Zu mehr war das baltische Kraftpaket nicht imstande, aller Trinkfestigkeit zum Trotz.
    »Guten Morgen, Andris. Na, gut geschlafen?«
    Den Hörer am Ohr und einen Geschmack im Mund, von dem ihm noch schlechter wurde, als dies ohnehin der Fall war, rang Peterson nach Worten, kam jedoch über ein unartikuliertes Lallen nicht hinaus. Die Stimme kam ihm bekannt vor, zumindest so weit, dass er den Gedanken an etwas Dringliches oder die Aufgaben, die mit seiner Funktion als Chefkoordinator und Berater des Präsidenten zusammenhingen, getrost beiseiteschieben konnte. Wider Erwarten trug deren Klang jedoch nicht zu seiner Beruhigung bei, sondern sorgte für das genaue Gegenteil. Gerade eben noch halb in Trance, schlug Peterson die Decke zurück, ließ die Beine über die Bettkante gleiten und richtete sich langsam auf, begleitet von der trügerischen Hoffnung, Opfer von Halluzinationen oder Hirngespinsten geworden zu sein.
    Doch weit gefehlt. Da war etwas an dieser Stimme, das ihn aufhorchen ließ, etwas, das die Nachwirkungen der Zechtour, welche er und ein paar Agenten vom Secret Service durch die Bars, Hafenkneipen und den Jachtclub von Hyannis Port unternommen hatten, auf ein Mindestmaß reduzierte. »Geht so«, murmelte Andy Peterson, kurz nach Kriegsende aus seiner Heimat geflüchtetes Mitglied einer lettischen Untergrundorganisation, welche nach der Vertreibung der deutschen Besatzer und der Eroberung Rigas durch die Rote Armee ins Fadenkreuz des sowjetischen NKWD geraten und ohne Rücksicht auf den Blutzoll, den sie geleistet hatte, zerschlagen worden war. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Du trinkst zu viel, Andris«, ließ der Anrufer, offenbar nicht mehr ganz jung und mit kaum wahrnehmbarem russischen Akzent, seelenruhig verlauten und erweckte den Anschein, als habe er es mit seinem kleinen Bruder und nicht etwa mit einem der einflussreichsten Männer im Weißen Haus zu tun. »Wenn du so weitermachst, gerätst du auf die schiefe Bahn. So wie damals, als ihr euch mit uns angelegt habt.«
    »›Mit uns‹?«, echote Peterson, bemüht, sich die Verwirrung, welche Besitz von ihm ergriff, nach Möglichkeit nicht anmerken zu lassen. »Darf man fragen, wer Sie sind?«
    »Ich muss schon sagen, Andris, du enttäuscht mich sehr«, lamentierte der Anrufer mit unverhohlenem Spott. »Und das ausgerechnet mir, nach allem, was ich für dich getan …«
    Urplötzlich wie elektrisiert, ging ein Ruck durch Petersons Körper, und während sein Pendant weitersprach, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
    »… habe. Oder hast du die Zeit, in der dein Leben an einem seidenen Faden hing, etwa schon vergessen?«
    »Nein.« Wie konnte er auch. Um zu vergessen, was sich der NKWD hatte einfallen lassen, um ihn und seine Kameraden gefügig zu machen, hätte er sich nicht nur alle paar Wochen, sondern jeden Tag bis zum Rand volllaufen lassen müssen. Dunkelhaft, Schlafentzug, verschärftes Verhör und was es sonst noch alles gab. So etwas konnte man nicht vergessen. Ein Lebtag nicht. »Auf keinen Fall.«
    »Freut mich zu hören. Darf man fragen, wem es zu verdanken ist, dass du im Gegensatz zu deinen patriotisch angehauchten Gefährten nicht an die Wand gestellt worden bist?«
    Man durfte. Die Antwort lautete: Einem NKWD-Leutnant, der es nicht fertiggebracht hatte, einen 15-Jährigen zu exekutieren und im Wald verscharren zu lassen.
    »Gut zu wissen, dass deine Erinnerung noch funktioniert!«, frohlockte der Anrufer, an einer Antwort offenbar nicht übermäßig interessiert. »Wenn wir gerade dabei sind, Andy – weshalb bist du eigentlich bei der CIA ausgestiegen?«
    »Gegenfrage. Weshalb bist du immer noch mit von der Partie? Wo du doch weißt, welcher Mittel man sich in der Firma mittlerweile bedient.«
    »Du wirst lachen, Andris – genau deswegen rufe ich an.«
    »Was willst du, Juri?«
    »Warum denn so barsch, Chief of Staff? Etwas mehr Freundlichkeit stünde dir gut zu Gesicht.«
    »Sag, was du willst, Juri. Du rufst doch nicht an, um dich nach meinem Wohlbefinden zu erkundigen, oder?«
    Kuragin gluckste. »Immer noch der Alte, wie man hört. Nun gut, Andy. Was mein Anliegen betrifft, würde ich es sehr zu schätzen wissen, wenn du eine kalte Dusche nähmest, dich anzögest und dich anschließend auf schnellstem Wege zur nächsten Telefonzelle begäbest. Warum, muss ich dir wohl nicht groß erklären?«
    »Doch.«
    »Es geht um einen alten Bekannten, Andy. Aus gemeinsamen Tagen bei
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