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Keltenfluch

Keltenfluch

Titel: Keltenfluch
Autoren: Jason Dark
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aus, um den Schrecken voll zu präsentieren.
    Auf dem Bett lag die Frau. Und ihr Kopf stand ebenfalls dort. Das war eine Tatsache und kein Spukbild. Obwohl ich darauf vorbereitet gewesen war, erwischte mich der Anblick hart. Der gehörte nicht ins Kino, wie es mir lieber gewesen wäre. Der war echt, so verdammt echt und realistisch.
    Zudem erwischte mich auch der Geruch, der sich hier ausgebreitet hatte. Die Tote hatte zu lange im Warmen gelegen und das war eben zu riechen. Eingetrocknetes Blut auf dem Kopfkissen und auch auf dem Laken. Fliegen, die herumsummten, und die ich am liebsten erschlagen hätte.
    Das Gesicht der Toten bot einen Anblick, von dem Menschen noch nach Monaten träumten. Darin stand der Schrecken wie eingraviert, und ich konnte nur den Kopf schütteln.
    Der Anblick wühlte mich auf. Ich fragte mich, wer so etwas tat. Hinter mir hörte ich Bills leise Stimme.
    »Schau dir den Kopf genau an, John. Man hat der Frau den Unterkiefer gebrochen.«
    »Warum?«
    »Es gehört zum Ritual. Man wollte sichergehen, dass sie auch im Tod nicht sprach.«
    Ich atmete so flach wie möglich. Eigentlich hätten längst die Kollegen alarmiert werden sollen. Andererseits war ich froh, dass jemand dies unterlassen hatte. Wie es so aussah, sollte und musste es tatsächlich ein Fall für mich werden.
    Ich hielt mich nicht lange bei der Toten auf. Ich drehte mich um und sah Bill wachsbleich an der Tür stehen. »Wir können wieder.«
    »Okay.«
    Draußen im Flur standen wir uns gegenüber. Atmeten durch, denn hier war die Luft besser. »Wie hat Tony Hellman reagiert?«
    »Er war fertig.«
    »Und er hat dich angerufen?«
    »Richtig.«
    »Warum hat er das getan?«
    »Weil das kein normaler Mord ist und weil er Angst davor hatte, von deinen Kollegen festgehalten zu werden.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das scheint wohl richtig gewesen zu sein. Andere Frage, Bill. In welchem Zustand befindet er sich?«
    »Kannst du dir das nicht denken?«
    »Ich würde gern wissen, ob man mit ihm reden kann.«
    »Das schon.«
    »Kennst du ihn näher?«
    Bill blies den Atem aus. »Was heißt näher? Wir haben uns einige Male getroffen. Das geschah auch im Zuge meiner Recherchen. Da haben wir miteinander gesprochen. Ich wusste, was er tat, er kannte meinen Job und wir stellten fest, dass wir auf einer Wellenlänge lagen.«
    »Ist er auch Reporter oder Journalist?«
    »Nein. Er ist im Hauptberuf Archäologe und auch Völkerkundler. Aber er hat nebenberuflich ein Buch über die Kelten geschrieben, das allerdings noch nicht veröffentlicht wurde.«
    »Obwohl es fertig ist?«
    »Das schon. Gewisse Gründe haben ihn davon abgehalten. Darüber wird noch zu reden sein.«
    »Dann gab es wohl so etwas wie eine Gegenseite?«
    »Ja, nur keine normale.«
    Mit dieser Andeutung ließ Bill mich stehen und ging wieder auf die Treppe zu. Ich folgte ihm. Den Anblick im Zimmer hatte ich nicht vergessen. Noch immer tauchte das Bild vor meinen Augen auf, obwohl ich es nicht wollte. Ich fröstelte. Als sich unten im Flur ein Sonnenstrahl durch das Fenster verirrte, kam er mit deplaziert vor. Tony Hellman wartete im Wohnzimmer. Er saß in einem Sessel wie zu Stein geworden. Auch als er mich sah, stand er nicht auf. Ich hatte Zeit, ihn genauer zu betrachten.
    Es war ihm anzusehen, dass er verdammt harte Stunden hinter sich hatte. Er mochte knapp über Dreißig sein, doch er sah älter, viel älter aus. Erschöpft, eine graue Gesichtsfarbe. Das dunkelblonde Haar war nicht gekämmt. Auf der hohen Stirn glänzten kleine Schweißperlen. Die Hände bewegten sich unruhig über den Stoff der Jeanshose hinweg, und als ich es mit einem Lächeln versuchte, da zuckten seine Mundwinkel nicht einmal. Beim Nähertreten fiel mir auf, dass über der Oberlippe ein schmaler blonder Bart wuchs.
    »Mr. Hellman?«
    »Ja, ich bin es, der alles…«
    »Sprechen Sie nicht weiter. Sie haben genau das Richtige in dieser Lage getan.«
    »Sind Sie John Sinclair?«
    »Bin ich.« Ich reichte ihm die Hand, die er zögernd nahm. »Sie können John zu mir sagen.«
    »Danke.«
    Seine Hand war feucht gewesen. Er schloss sie auch zur Faust, als er meine Finger losgelassen hatte. »Jetzt werden Sie mich sicherlich fragen wollen, wer das getan hat.«
    »Ich möchte es gern, aber ich weiß auch, dass ich keine Antwort bekommen würde.«
    »Doch, Sie kriegen eine. Nur werden Sie nichts damit anfangen können. Ich weiß es nicht. Es steht nur eines fest, dass ich es nicht gewesen bin. Ich habe meine
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