Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani
Autoren: C Paglieri
Vom Netzwerk:
tatsächlich eine ist, die nur |403| tanzen gehen wollte? Wenn sie morgen früh hier auftaucht und es zurückhaben will? Viele bereuen so etwas sofort, weißt du.
     In so einem Fall ist es besser, wenn keine Anzeige vorliegt …«
    Der Kommissar schaute auf die Uhr. Halb neun.
    »Hör mal, Marco. Warum läufst du nicht dein Rennen?«
    »Du spinnst doch!«
    »Aber nein, ich meine es ernst. Es ist doch gleich um die Ecke. Das Baby braucht jetzt nichts, es wird eine Weile friedlich
     schlafen. Und hier ist Milchpulver für mindestens eine Woche. Wenn es aufwacht, gebe ich ihm noch eine Flasche. Wie du siehst,
     kann ich es noch.«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage, Mama.«
    »Nach all dem Training wäre es doch wirklich schade, wenn du jetzt dieses Rennen nicht laufen würdest. Es war dir so wichtig.«
    Marco Luciani seufzte. Er hatte eine unbändige Lust, sich zu verdrücken, ins Auto zu springen, nach Santa Margherita zu düsen
     und diesen verschissenen Halbmarathon zu laufen. Bei all dem Adrenalin, das er im Körper hatte, hätte er sogar für die Kenianer
     den Pacemaker spielen können.
    Er schaute auf das schlafende Baby. War das wirklich sein Sohn? Nein, unmöglich. Er hatte keinen Sex gehabt seit … Mai des
     Vorjahres. Genau vor einem Jahr.
    »Wie alt ist dieses Baby, was meinst du?«
    Die Mutter dachte einen Moment nach. »Drei Monate, würde ich sagen. Vielleicht älter. Ich habe dafür nicht mehr so den Blick,
     es hängt auch davon ab, ob es zum Termin geboren wurde oder früher. Es scheint mir jetzt gut im Futter, so wie du damals.
     Als du auf die Welt kamst, wogst du …«
    »Mama, fang jetzt nicht an, Vergleiche zu ziehen. Das ist nicht mein Kind. Das kann nicht sein.«
    »Es hat auch blaue Augen, wie du.«
    |404| »Alle Neugeborenen haben blaue Augen.«
    »Und die Nase. Das ist die Nase von Cesare, kein Zweifel.«
    Marco Luciani sprang auf. Er konnte sich bei diesem Irrsinn nicht mitschuldig machen.
    »Ich gehe jetzt zu meinem Rennen, sonst verliere ich den Verstand. Ich lasse mein Handy an. Egal was ist, ruf mich an. In
     ein paar Stunden komme ich zurück, und dann wird dieses Baby von einem Arzt untersucht.«
     
    Er ging hinaus, ohne sich umzusehen, und versuchte, seine Schuldgefühle zu verscheuchen. Wer war dieses Baby schon? Was wollte
     es von ihm? Ein totaler Fremdling, der ankam und meinte, er würde wegen ihm drei Monate Training in den Wind schießen. Ein
     brüllender Hysteriker, den seine Mutter abgeschoben hatte, um ihn ihm unterzujubeln, was allein schon deutlich machte, dass
     sie meschugge war.
    Vor zwölf Monaten, dachte er wieder. Vor zwölf Monaten hatte er Greta verlassen, nachdem sie ein letztes Mal miteinander geschlafen
     hatten. Aber sie nahm die Pille. Sie hatte immer die Pille genommen. Ihm kam nur ein Bild von ihr in den Sinn: Greta in Tränen
     aufgelöst, mit der Wimperntusche, die ihr über die Wangen lief. Sie standen mitten auf der Straße, und Marco Luciani schämte
     sich in Grund und Boden.
    Wenn sie wirklich gemerkt hatte, dass ich sie verlassen wollte, und sich absichtlich schwängern ließ und nicht abgetrieben
     hat, mir auch nichts gesagt hat und jetzt meint, dass ich mich um dieses Kind kümmere, dann ist sie total neben der Spur.
    Aber nein, dachte er wieder. Das war nicht sein Kind. Wahrscheinlich hatte es irgendeine Frau da abgeladen, mit der er bei
     einem Fall zu tun gehabt hatte, eine, deren Mann |405| im Knast saß und die alles hinter sich lassen und abhauen wollte. Armer Kleiner, dachte er, bei so einer Mutter. Eine, die
     ihr Kind so zurücklässt, die verdient nichts, oder besser gesagt, würde sie eine exemplarische Strafe verdienen, aber wie
     üblich ist die italienische Justiz auf so etwas nicht ausgelegt. Die Justiz kann Mütter bestrafen, die ihre Kinder töten,
     alles andere ist nur eine Gewissensfrage, etwas, was unter die Kompetenz der Themis fallen würde. Die Statue war nun endlich
     vollständig, wurde restauriert und würde bald im Museum von Ventotene ausgestellt werden, wo ihr Blick wieder ins Herz ihrer
     Besucher dringen würde. Wer ihm begegnete – vorausgesetzt, er war ein Mensch, der diesen Namen verdiente –, würde lernen,
     auf sein Gewissen zu hören, sich richtig zu verhalten.
    Er legte eine Vollbremsung hin, und sein Hintermann wäre fast auf ihn aufgefahren. Der Fahrer hupte und geiferte, aber Luciani
     ließ sich kein bisschen beeindrucken, wendete in aller Ruhe und bedankte sich, indem er dem anderen mit den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher