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Kein Zurueck nach Oxford

Kein Zurueck nach Oxford

Titel: Kein Zurueck nach Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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Plätzchen der Welt.
    Oben läutete die Türglocke. Aisling würde doch nicht etwa selbst vorbeikommen? Unmöglich. Sie bewegte sich allenfalls im Umkreis von London. Oxford stand sicher nicht auf ihrem Besuchsprogramm. Kate hörte, wie die Haustür geöffnet wurde und eine leise, kurze Unterhaltung stattfand. Dann wurde die Tür wieder geschlossen. Sie widerstand der Versuchung, hinaufzugehen und nachzusehen, wer es gewesen war. Im Augenblick zählte nur Izannas Geheimnis . Irgendwie kam ihr der Titel plötzlich verdächtig vertraut vor.
    War es die Mühe wirklich wert gewesen? , las sie. Sie arbeitete weitere fünf Minuten an ihrem Manuskript.
    Die Hintertür wurde vernehmlich zugeschlagen. Polternde Schritte durchquerten die Küche und donnerten die Treppe hinunter auf ihre Tür zu. Kates Konzentration zerplatzte wie eine Seifenblase. Dieses Mal machte sich der Eindringling nicht einmal die Mühe anzuklopfen; er trat einfach ins Zimmer. Dabei öffnete er die Tür mit so viel Schwung, dass sie mit voller Wucht gegen einen Aktenschrank knallte. Ein Splitter cremefarbener Lack fiel auf den Teppich.
    »Hallo Harley«, sagte Kate, ohne sich umzudrehen.
    »Hey, Kate!«
    »Einen schönen guten Tag, Harley«, antwortete Kate mit betonter Höflichkeit. »Hattest du einen produktiven Tag in der Gesamtschule von Fridesley?«
    »Was?«
    »Schon gut.«
    »Ich dachte, es interessiert dich, dass ich eine supergute Mathenote bekommen hab«, sagte Harley.
    Ihr kühler Empfang hatte ihn verletzt. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte ihn warm an. »Das finde ich ganz toll, Harley. Wirklich!«
    »Ich auch.«
    Harley, der halbwüchsige Sohn aus dem Nachbarhaus, hatte sich in einen langen, schlaksigen jungen Mann verwandelt. Seine knochigen Schultern wurden allmählich breit. Er trug das dunkle Haar extrem kurz – aber wenigstens rasierte er sich den Schädel nicht mehr. Sein Gesicht nahm männliche Züge an, und eines Tages würde er sicher auch den Stahlstift entfernen, den er in einem Nasenflügel trug. Seine hohen Wangenknochen wirkten durchaus attraktiv, und er hatte viel Mühe darauf verwendet, etwas gegen seine Pickel zu tun, die man kaum mehr wahrnahm.
    »War das die Arbeit, für die Paul mit dir geübt hat?«, fragte Kate.
    »Jep. Dieser Paul kann supergut erklären. Jetzt versteh ich das alles, Matrizenrechnung und so.«
    Matrizen?, überlegte Kate. Was hatten denn die mit Mathematik zu tun? Sie wollte lieber nicht nachfragen.
    Harley schlenderte durch ihr Arbeitszimmer, begutachtete die an den Wänden aufgereihten Bücher und nahm das eine oder andere aus dem Regal. »Was ist denn das? Die illustrierten Tagebücher von Samuel Pepys? Wieso hast du nichts richtig Gutes?« Er ging weiter. »Shakespeare.« Seine Stimme drückte die ganze Langeweile aus, die er in der Schule bei der Lektüre von Julius Cäsar empfunden haben musste. »Wilkie Collins. Wer ist denn das? Nie gehört!«
    »Du kannst dir gern etwas ausleihen, wenn du möchtest«, sagte Kate. Es war sicher angebracht, Harley zu ermutigen, solange er sich in Leselaune befand – auch wenn er ihre Bücherauswahl nicht unbedingt zu schätzen schien. »Die Taschenbücher stehen da drüben am Fenster.«
    »Nee, ich hab schon ein Buch.«
    »Du hast eins? Was für ein Buch denn? Ich dachte, du liest nur, wenn ein böser, strenger Lehrer dich dazu zwingt.«
    »Ich lese Bücher«, erklärte Harley entrüstet. »Viele sogar!«
    »Das freut mich. Ich gehöre nämlich zu den Leuten, die glauben, dass Bücher der Schlüssel zum Leben sind«, sagte Kate ein wenig wichtigtuerisch.
    »Na ja, das musst du wohl sagen. Schließlich mischst du ja mit in dem Geschäft rum.«
    »Dann erzähl mal von deinem Buch.«
    »Jace hat es mir zum Geburtstag geschenkt«, begann Harley.
    »Jace?«
    »Der neue Typ von meiner Mutter.«
    »Ach, natürlich. Jason. Der mit der Halbglatze und dem Pferdeschwanz.«
    »Der keine Hunde leiden kann«, vervollständigte Harley.
    »Dem ich den guten Dave verdanke, der sich Tag und Nacht unter meinem Küchentisch herumlümmelt.« Dave war Harleys roter, wolliger Hund undefinierbarer Rasse, den Kate eigentlich nur ein bis zwei Tage hatte hüten sollen, der aber nun schon mehrere Monate in Kates Haus residierte.
    »Dieser faschistische Hundehasser!«, ereiferte sich Harley. »Kommandiert uns rum wie sonst was. Shaylas Rekorder hat er einfach kaputt gemacht, weil er die Musik nicht mochte.«
    Aha, daher also die ungewohnte Ruhe nebenan. Vielleicht war dieser Jace
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