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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr
Autoren: Swati Avasthi
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Hals. Nächste Woche komme ich nicht wieder; ich werde die Grippe, Malaria vortäuschen – irgendwas.
    Das Spiel geht zu Ende und mein Dad fährt mich zu Petersen’s und spendiert mir einen Banana Split. Wir sitzen da, meine Zunge brennt von dem zu kalten Eis und er sagt: »Alle Achtung, Kleiner. Du wirst noch groß rauskommen im Fußball.« Keine Spur von Sarkasmus. Er leckt an seiner Rocky-Road-Eiscreme. »Du hast die Situation immer richtig eingeschätzt.«
    Ich starre auf die rot-braune Suppe vor mir, auf der ein paar Maraschinokirschen schwimmen. »Wie kommt es dann, dass ich verloren hab?«
    »Manchmal ist man einfach unterlegen. Du bist besiegt worden, ja, aber von dem besten Spieler im besten Team in der Liga. Warte nur ab. Jimmy wird dieses Jahr noch jeden austricksen. Im Vergleich zu den anderen Torhütern, die er vor sich haben wird, wirst du noch als Held dastehen.«
    Ein paar Monate später führte Jimmy Tuttle sein Team zu einem 5 : 0 -Sieg im Meisterschaftsspiel. Als diese billigen goldbemalten Medaillen verteilt wurden, hab ich sogar für ihn geklatscht.
    Kurios, dass gerade mein Vater derjenige sein sollte, der mich über Sportgeist belehrte. Neulich Nacht, war er da unterlegen? Ich frage mich, wie das Gesicht meines Dads jetzt aussieht.
    Ich drehe mich auf die Seite, schließe die Augen und tauche in eine andere Erinnerung ab.
    Ich biege in unsere Einfahrt. Die Räder holpern auf dem Zementboden und der Fußball auf dem Beifahrersitz plumpst in den Fußraum. Ich mache die Scheinwerfer aus, fahre blind um die Ecke unseres Hauses und halte vor dem Garagentor.
    Die blauen Fensterläden sind offen. Kein Ärger heute Abend?
    Durch das Küchenfenster auf der Rückseite unseres Hauses sehe ich meine Mutter, von der Hüfte aufwärts, wie sie durchs Zimmer schwebt. Sie putzt die Anrichte und schrubbt mit einem solchen Eifer an einem Fleck herum, dass ich gleich weiß, es muss schlimm gewesen sein. Sie schleudert den Putzlappen ins Abwaschbecken, hält inne, geht hin und hängt den Lappen ordentlich auf. Sie wendet mir den Rücken zu und die Gefrierschranktür geht auf. Zum Vorschein kommt der wiederverwendbare Eisbeutel und wandert nach unten, außerhalb meiner Sichtweite. Ich kann nicht sehen, was sie da kühlt.
    Sie nimmt ihren Becher Kamillentee von der Anrichte – ihr Hausmittel gegen Schlaflosigkeit. Auch wenn sie aus meinem Blickfeld verschwunden ist, weiß ich, dass sie jetzt den Honigbären auf den Kopf stellt und sechs Tropfen abzählt. Ich schnappe mir meine Kameratasche, schlüpfe aus dem Auto und drücke leise die Tür zu. Ich will lieber unbemerkt ins Haus kommen.
    Ich nehme den Backsteinweg durch den Garten. Der süßliche Duft des blühenden Pfeifenstrauchs liegt in der Luft. Als ich die schwer beladenen Zweige zur Seite drücke, überschüttet der Busch mich mit Blütenblättern. Durch das Fenster kann ich die Küche sehen. Leer.
    Meine Mutter hat sie perfekt geputzt. Die Arbeitsflächen sind so glatt poliert, dass meine Hände darübergleiten. Es duftet nach Bananenbrot. Ich öffne den Brotkasten und entdecke das Brot, eingewickelt in blauer Frischhaltefolie. Ich stelle meine Tasche auf den Boden, hole das Brot raus und schneide mir eine dicke Scheibe ab. Ich habe schon ein paar Bissen genommen, da fällt mein Blick auf ein Glasgefäß mit Wattestäbchen neben dem Abwaschbecken. Mir bleibt das Brot fast im Hals stecken. Meine Luftröhre ist wie zugeschnürt.
    Er schlägt sie – sie putzt. Er tritt sie zu Boden, hinterlässt Stiefelabdrücke auf ihrem Kreuz – sie scheuert das Parkett. Er vergewaltigt sie – sie holt die Wattestäbchen, um die Fugen zu bleichen.
    Ich schleudere das Glas über die Anrichte und sehe zu, wie es zerschellt. All die weißen flauschigen Wattestäbchen springen über den Boden. Da höre ich die Schritte meines Vaters auf der Treppe. Ja, komm nur her, du Arschloch. Ich hab was für dich. Das grelle Licht geht an und ich kneife die Augen zu, sehe violett durch meine Augenlider.
    »Was zum Teufel ist hier los, Jace?«
    »Was zum Teufel ist hier los, Dad?«, wiederhole ich verächtlich.
    »Keine Widerworte heute. Ich hatte einen schlechten Tag.«
    »Und Mom? Hatte sie auch einen schlechten Tag?« Ich deute auf die Wattestäbchen und Glasscherben.
    Mein Magen fängt an zu flattern, denn ich weiß, was ich jetzt tun will, und ich habe Muffensausen. Ein Faustschlag in sein Gesicht. Ein anderer in seinen Bauch. Schließlich hatte auch ich einen schlechten Tag. Ist es
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